Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Calling Crystal

Calling Crystal

Titel: Calling Crystal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joss Stirling
Vom Netzwerk:
hatte ich mich gar nicht so weit entfernt? Vielleicht befand ich mich ja auf einer der Barriereinseln, war an einem verlassenen Teil des Lidos gestrandet?
    Aber auf dem Lido wohnten viele Menschen. Es gab dort sogar Straßen, Autos und einen Busservice. Ich konnte keine Gebäude sehen, geschweige denn eine Haltestelle.
    Okay, jetzt bekam ich es mit der Angst zu tun. Das hier kam mir nicht vor wie ein aus dem Ruder gelaufener Junggesellinnenabschiedsscherz. Das hier fühlte sich an, als hätte ich Schiffbruch erlitten. War das Motorbootauf dem Nachhauseweg von der Insel der Contessa gesunken? War ich die einzige Überlebende?
    Als ich jünger war, Kind, habe ich mich selbst die Eliminiererin genannt. Du wirst dich nicht mehr daran erinnern, warum.
    Oh mein Gott, ich erinnerte mich doch noch! Die Contessa war vollkommen durchgedreht, um Rache für ihren Sohn zu üben. Diese kleine Frau hatte den größten Telepathie-Coup gelandet, den ich je miterlebt hatte. Wir waren alle k.o. gegangen.
    Aber mein Gedächtnis war nicht eliminiert worden – bloß betäubt –, vermutlich weil ich mich gewohnheitsmäßig massiv gegen Telepathie abgeschirmt hatte. Ich wusste genau, wer ich war, aber nicht, warum ich hier lag oder wo ich mich genau befand.
    Ich beschloss, mich in Bewegung zu setzen – entweder das oder ich würde mich in einen Eiszapfen verwandeln. Ich krabbelte die Düne hinauf und der Saum meines Seidenkleids blieb an einem Stück metallenen Strandguts hängen. Es fiel mir schwer auszublenden, wie furchtbar kalt mir war.
    Ganz oben auf der Düne bot sich ein guter Aussichtspunkt und ich sah, dass die Insel winzig war – ein Paradies für Wildvögel und mehr nicht. Auf der einen Seite erstreckten sich die ausgedehnten Wattflächen der Lagune in Richtung Festland. Auf der anderen Seite sah ich nichts außer dem Meer und der Silhouette eines Tankers, der zur nahe gelegenen Erdölraffinerie unterwegs war. Am Ende der Lagune konnte ich die Stadt Venedig als einen Fleck im Wasser ausmachen. Ausirgendeinem Grund hatte man mich im Nordwesten ausgesetzt, mitten im salzigen Marschland, dort, wohin sich nur Jäger und Fischer verirrten. Früher oder später würde jemand hier aufkreuzen, aber ich konnte nicht warten, bis mich ein Tagesausflügler rettete. Vielleicht rannte den anderen ja bereits die Zeit davon.
    Warum war ich überhaupt ausgesetzt worden? Das Erste, was ich tun würde, wäre doch, nach Hause zurückzukehren und Alarm zu schlagen.
    Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass die Gräfin genau darauf spekulierte. Das hier war eine Geiselnahme und ich war sozusagen der Brief mit der Lösegeldforderung. Man hatte mich weit genug von zu Hause weggeschafft, damit es mehrere Stunden dauern würde, bis ich zurückkehrte und der Contessa genug Zeit bliebe, ihre Gefangenen woanders hinzubringen. Als Geisel hatte ich keinen Wert, da ich keinen Seelenspiegel besaß; ich war verzichtbar gewesen. Vermutlich war es ihr sogar egal, ob ich es vor dem Erfrierungstod noch nach Hause schaffte oder nicht. Und ich hatte ihr auch noch auf die Nase gebunden, dass ich nicht telepathisch kommunizieren und so keinen Alarm auslösen konnte; sie hatte mein Vertrauen schamlos ausgenutzt.
    Wut stieg in mir auf und mein adrenalingepeitschtes Blut schickte eine willkommene Wärme in meine Finger und Zehen. Ich würde mich nicht tatenlos ihren Plänen beugen. Sie hatte Zeit gewinnen wollen und die würde ich ihr nicht geben. Ich würde die Benedicts alarmieren, selbst wenn das bedeutete, dassich mir hier am Strand die Seele aus dem Leib reihern müsste.
    Ich tauchte in meinen Geist ein. Ich hatte echt keine Ahnung, wie Telepathie funktionierte, und erst recht nicht über eine solche Distanz hinweg. Ich wusste allerdings, wie ich die Sendungsrichtung bestimmen konnte, was bestimmt nützlich war.
    Finde mein Zuhause , sagte ich meinem Gehirn.
    Aber in meinem Kopf war diesmal alles anders als beim letzten Mal. Dieser ganze Kram – Gedanken, Habseligkeiten, irgendwelches Zeugs – wirbelte nicht mehr in einer Wolke umher, sondern schoss pfeilartig in eine Richtung. Irgendwie hatte die Attacke der Contessa die Abschirmung in meinem Geist durchschlagen und ihn völlig neu angeordnet. Ohne dass mir übel wurde, konnte ich der angezeigten Richtung folgen, so als würde ich eine gut markierte Piste hinuntersausen. Ich wusste nur nicht, was da am Ende auf mich wartete.
    Hallo?
    Was zum …? Uah! Bist du das, Zuckerpuppe?
    Xav! Oh mein Gott,

Weitere Kostenlose Bücher