Calling Crystal
Schwan?«
»Oh!«
Noch bevor ich sentimental werden konnte, attackierte er mit seinen Fingern meine Rippen.
»Nein!«, kreischte ich, krümmte mich zusammen und schlug seine Hände weg.
Trace zog die Stirn in Falten und legte die Hand über sein Telefon, um mein Quieken zu dämpfen.
»Sag es: Ich bin ein Schwan.«
»Du bist ein Schwan!«, japste ich und fing wieder an zu kichern.
»Gestehe!«
»Okay, okay, ich bin ein Schwan. Wir sind beide Schwäne. Alle sind Schwäne. Wenn’s dich glücklich macht: Wir sind ein Schwarm Schwäne.«
»Genug Radau dafür macht ihr jedenfalls, so viel steht mal fest«, knurrte Trace, doch ich wusste, dass er nicht wirklich sauer war. Ihm war die Ablenkung vermutlich sehr willkommen.
Es war spät am Nachmittag, als wir die Bergstraße zum Kastell erreichten. Dafür, dass die Route lediglich zu einem Nationalpark führte, gab es auf der Straße nach Monte Baldo jede Menge frischer Fahrzeugspuren.
»Meinst du, die Contessa bereitet sich auf eine Belagerung vor?«, fragte Xav, nur halb im Scherz.
Ich entdeckte ein Schild, das an einer Gabelung an einem Baum hing; ein Weg führte zur Villa, der andere hinauf zum Schneefeld. »Ich glaube, das hat mit ihr gar nichts zu tun. Ich vermute mal, Hollywood ist gerade vor Ort. Weißt du noch, was sie am Set gesagt haben? Diese Woche drehen sie in den italienischen Alpen.Tja, und genau da befinden wir uns gerade. Sie waren einfach schneller als wir.«
»So wie’s aussieht, sind sie aber nicht in unsere Richtung gefahren.« Victor setzte den Blinker und bog in die enge Straße ein, die sich um die Bergklippe wand; die breiten Reifenspuren von schweren Fahrzeugen führten jedoch weiter den Berg hinauf.
»Nein, die sind irgendwo da oben. Wenn ich mich recht erinnere, wollten sie Ski- und Helikopterszenen drehen.« Mich tröstete der Gedanke, dass sich in unmittelbarer Nähe zu uns potenzielle Verbündete befanden. Sie würden sich auf unsere Seite stellen, falls wir die Unterstützung der italienischen Behörden bräuchten oder uns mit der Entführungsgeschichte an die örtliche Polizei wenden müssten.
Die Dunkelheit hatte eingesetzt, als wir endlich das große Eingangstor erreichten. Sobald sich unsere Wagen näherten, sprangen die Sicherheitslampen an. Nirgends waren Wachschutzleute zu sehen, nur eine Gegensprechanlage.
Victor trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad. »Wir marschieren jetzt also einfach dahin und klingeln?«
»Sieht ganz so aus.« Trace stieg aus dem Wagen. »Bleibt ihr mal alle im Auto. Ich mach das. Wir sollten ihnen nicht zu viele Ziele präsentieren.«
»Glaubt er im Ernst, dass jemand aufs Geratewohl auf ihn schießen wird?«, flüsterte ich Xav zu.
Xav zuckte mit den Achseln, sein Körper war angespannt, als würde Strom hindurchfließen.
»Ist es okay, dass er das macht, Will?«, fragte ich.
»Nicht wirklich okay, aber die Bedrohung ist eher eine allgemeine. Sie richtet sich nicht direkt gegen Trace.«
Wir guckten schweigend zu, wie Trace einen Knopf an der Gegensprechanlage drückte.
» Si ?«, knisterte eine Stimme am anderen Ende.
»Mein Name ist Trace Benedict. Sprechen Sie Englisch?«
» No .«
Trace fluchte leise. »Okay. Einen Moment. Crystal?«
Ich war bereits dabei auszusteigen, Xav folgte unmittelbar hinter mir. Ich drückte auf die ›Sprechen‹-Taste.
»Hallo«, sagte ich auf Italienisch, »ich möchte bitte gern mit der Contessa sprechen.«
»Sie empfängt keine Besucher. Bitte gehen Sie: Das ist ein Privatgrundstück.«
»Ich fürchte, das kann ich nicht; wissen Sie, Sie haben meine Schwester da drinnen und … und ich muss dringend mit ihr sprechen – ein Notfall in der Familie.« Stimmte doch, oder etwa nicht?
Es trat eine kurze Pause ein. Die Kamera an der Spitze eines nahe stehenden Mastes schwenkte zu uns herum. »Ich werde ein Schneemobil schicken, das Sie abholt. Sie dürfen eintreten.«
»Sag Ihnen, dass du nicht allein kommst!«, zischte Xav.
»Meine Freunde lassen mich nicht ohne Begleitung hineingehen.«
»Sie und noch jemand anders. Der ältere Mann – keiner von den jungen.«
Die Übertragung wurde beendet.
»Das gefällt mir ganz und gar nicht«, sagte Trace, als sein Vater aus dem Wagen sprang. »Wir können ihr in keinem Fall zwei weitere Geiseln da reinschicken.«
»Sie hatte doch schon die Chance, mich gefangen zu nehmen. Ich glaube nicht, dass sie weitere Geiseln will, sondern Boten.«
Saul legte mir eine Hand auf die Schulter. »Ist das für dich in
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