Callista 01 - Palpatines Auge
Erinnerungen, als prüfte sie ein Stoffsortiment auf Webfehler oder Mängel. Endlich schüttelte sie den Kopf.
»Nicht, daß ich wüßte«, antwortete sie. »Belsavis ist allerdings nicht allzu weitab vom Senex-Sektor. Der Senex-Sektor bildet heute praktisch ein eigenes, kleines Imperium. Die Garonnin-Familie und die Vandrons wollten es ja sowieso schon immer so haben. An wen hast du denn gedacht?«
»Ich weiß es selbst nicht«, sagte Leia. »Es fiel mir nur so ein.«
»Bist du wohlauf?«
Ruckartig drehte Leia sich um. Sie hatte einen Metallrolladen geöffnet und war auf den Balkon hinausgetreten. Aus dem Obstgarten drang als verwaschener Helligkeitskegel diffuses Licht hinter ihr ins Zimmer. Im Lichtschein hoben sich die festen Umrisse von Hans Armmuskeln sowie die scharfen Ränder der Schultern und Schlüsselbeine ab, sah man die kleine Narbe an seiner Stirn. Das dunkle Druckmuster des Sarongs, den er trug, glich den Schwarz-auf-Schwarz-Tupfern einer Trepennithaut, blieb in den Schatten des Zimmers unsichtbar.
Leia gab keine Antwort. Was sie sagen sollte, war sie sich nicht sicher, und sie wußte seit langem, daß es keinen Sinn hatte, Han anzulügen. In der schwülen Wärme der Nacht empfand sie seine Hand, als sie, dank der Klimatisierung im Innern des Hauses trocken und kühl, ihren unbedeckten Arm berührte, wie eine willkommene Stärkung.
»Mach dir um Keldor keine Gedanken.« Seine Hände glitten über ihre Schultern hinauf in ihr Haar, schoben ihr die kastanienbraune Pracht ins Gesicht. »Auch ihn kriegt irgendwann jemand. So wie…«
Gleichzeitig mit seinem Verstummen zeigte sich am kaum merklichen Zucken seiner Hand das plötzliche Abbrechen seiner Überlegungen. Als ob er glaubte, dachte Leia, sie wüßte nichts. Als hätte sie nicht das gleiche gedacht.
»So wie jemand Stinna Draesinge Sha ›gekriegt‹ hat?« fragte sie. »Und Nasdra Magrody mitsamt seiner Familie? Jemand wie diejenigen, die wohl der sogenannte Patriot der Neoalderaanischen Bewegung gemeint hat, der sich letzten Monat an mich wandte und andeutete, es gäbe Leute, die würden die Kosten übernehmen, falls ich meinen ›Einfluß‹ nutzte, um Qwi Xux ermorden zu lassen? Ganz zu schweigen von der ganzen restlichen Liste der Leute, die ›nur Befehle befolgte haben.«
»Was Qwi betrifft, weiß ich nicht so recht, woran ich bin«, antwortete Han mit verhaltener Stimme. Das zierliche Genie war durch mentale Manipulation dazu gebracht worden, an der Konstruktion des Todessterns mitzuarbeiten. »Schon vor dem, was sie später erdulden mußte, hatte ich den Eindruck, daß sie eher Opfer als Täterin gewesen ist… Aber ich bin noch nie irgendwem begegnet, der sich nicht vollauf berechtigt gefühlt hätte, alle übrigen Verantwortlichen schlichtweg abzumurksen.«
»Nein, so ist es nicht.« Leia ächzte regelrecht auf; sie hatte das Empfinden, es sei schon Jahre her, daß sie das letzte Mal entkrampft genug gewesen war, um auszuatmen. Hans Arme um den Leib zu spüren, seinen Körper an ihrem Rücken, tat unbeschreiblich gut. »Ich jedenfalls habe dazu keine Berechtigung. Nicht als Regierungschefin. Nicht, wenn ich öffentlich dafür eintrete, ausschließlich nach Recht und Gesetz zu handeln. Nicht, wenn ich mir anmaße, alles zu sein, was Palpatine nicht war. Das ist es, glaube ich, was so schmerzlich ist. Daß es das ist, was ich tun möchte und zu tun mir nicht leisten kann, und jeder denkt, ich hatte es doch getan. Warum tue ich's dann nicht einfach?«
»Aber du hast es nicht getan«, stellte Han leise klar. »Du weißt es, und ich weiß es… Das ist es, was zählt. Was sagt Luke dauernd? Sei was du sein möchtest.«
Leia preßte seine Arme enger um ihren Leib, schloß die Lider, schwebte in den Gerüchen der Seife, dem Duft von Hans Haut und dem schweren Odeur des leicht schwefligen Brodems der Nacht. Hatten sie erst am vergangenen Nachmittag auf der Turmruine gestanden? Hatte sie erst vergangenen Tags in ihrer Vision die Jedi-Kinder rings um das Gitter spielen gesehen, das Pletts Quell abdeckte? Rundum den verlorenen Frieden und die Sülle verflossener Tage wie die Wärme einer längst vergessenen Sonne aufsteigen gefühlt?
»Ich habe Träume, Han«, sagte sie ganz leise. »In diesen Träumen laufe ich durch all die vielen Räume des Todessterns, renne durch Korridore, öffne Türen, schaue hinter Luken, durchsuche Schränke, weil irgendwo etwas ist, irgend etwas, ein Schlüssel oder etwas ähnliches, mit dem man die
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