Callista 01 - Palpatines Auge
Nebenstraße ab.
Rund um den Marktplatz standen lauter alte Häuser, errichtet auf den eingesunkenen Fundamenten und Geschossen der ursprünglichen Bauten der Stadt. In lautlosem Laufschritt erklomm Leia eine kurze Treppenflucht und durchquerte die gedrungenen Säulenreihen eines Bauwerks, das wohl einmal eine Badeanlage mit einer Heißwasserquelle gewesen war; jetzt befand sich dort außer den Säulen nur noch ein offenes Becken unter einem Dach aus glänzendweißen Fertigbauteilen. Kniehoch wallte Bodennebel, und es roch schwach nach Schwefel und Kretch. Auf der anderen Seite grenzte das Gebäude an die Gasse.
Dort hatte die Frau sich hinter einem Stapel Frachtkisten versteckt und beobachtete die Einmündung der Gasse, um festzustellen, ob Leia doch noch folgte. Wie vor elf Jahren war sie noch heute auf fast kindliche Weise schlank und zierlich. Das schöne, ovale Gesicht wies keine Falten auf, die schrägen, schwarzen Augen waren frei von Krähenfüßchen.
Leia fiel in diesem Moment Crays umfangreiches Sortiment solcher Produkte wie Sloothbeeren-Faltencreme und destilliertem Wasser von moltokianischen Cambafrüchten ein, die den Zweck hatten, soviel Schönheit zu bewahren. Bronzeringe hielten den üppigen Schweif schwarzen Haars zusammen, das keine Spur irgendeines Ergrauens zeigte. Damals, auf dem Empfang des Imperators, war es mit einer kunstvollen, maskenartigen Kopfbedeckung verflochten gewesen.
Während des gesamten Wegs von dem Haus am Obstgarten bis zu dieser Gasse hatte sich Leia bemüht, sich auf den Namen der Frau zu besinnen. Und jetzt, als sie aus dem Lavasäulen-Wandelgang in die Gasse trat, kam er aus ihrem Gedächtnis zum Vorschein.
»Roganda«, sagte Leia. Roganda Ismaren. Die Frau fuhr herum, hob erschrocken die Hand an die Lippen. Im Wallen der schattenlosen Nebelfahnen ließen ihre Augen sich kaum erkennen. Doch nach kurzem Zögern ging sie Leia ein paar Schritte entgegen und vollführte vor ihr einen tiefen Hofknicks, verharrte in dieser Haltung zu Leias Füßen.
»Eure Hoheit…«
Ihre Stimme hatte Leia nie zuvor gehört. Dafür hatte Tante Rouge gesorgt. Roganda hatte eine sanfte, ziemlich hohe, leicht kindlich-süße Lispelstimme.
»Ich flehe Euch an, Eure Hoheit, bitte verratet mich nicht.«
»Wem denn nicht?« stellte Leia erst einmal eine ganz praktische Frage. Mit einer Geste erlaubte sie Roganda aufzustehen. Der alteingefleischte, kühl-herablassende Wink der Hand, den ihr die Protokollschulmeister ihrer Tanten regelrecht antrainiert hatten – ein Schatten der unwiederbringlichen Vergangenheit –, gelang ihr noch heute mit reibungsloser Leichtigkeit.
Roganda Ismaren war hier nicht die einzige Person, die eine Enttarnung scheuen mußte. Wahrscheinlich hätten Leia und Han bei ihren Nachforschungen noch entschieden größere Schwierigkeiten – falls es irgend etwas auszuforschen gab –, sollte sich ihre wahre Identität herumsprechen.
Roganda richtete sich auf, der Saum ihres Kleids verwirbelte die Dunstschwaden, die aus den alten Grundmauern am unteren Ende des moosigen Gäßchens krochen. »Denen.« Mit dem Kinn wies sie in die Richtung des lauten, geschäftigen, im Nebel halb unsichtbaren Markts, und eine Gebärde ihrer Hand schloß die steinernen Gebäude ringsum, die in die alte Bausubstanz integrierten, weißen Kuben der Fertigbauten mit ihren Terrassen, Ziergittern und Außentreppen mit ein.
Jede ihrer Bewegungen bezeugte noch die einer ausgebildeten Tänzerin eigene Anmut. Genau wie Leia war sie vollkommenes Auftreten gelehrt worden.
»Den Bewohnern dieser Stadt. Es ist noch nicht allzu lange her, daß das Imperium sie in Schutt und Asche gelegt hat, und sogar die später Zugezogenen sehen allen Anlaß, um selbst die unwilligsten Diener des Imperators zu hassen.«
Leia entkrampfte sich ein wenig. Die Frau war unbewaffnet, es sei denn, sie hätte unter dem schlichten, weißen Leinenkleid einen Dolch oder einen extrem kleinen Blaster verborgen; doch das glatte Herabhängen des Stoffs machte auch das unwahrscheinlich.
Als Palpatines Konkubine mußte Roganda in gefährlicher Weise im Schußfeld zwischen Feinden und Freunden des Imperators gestanden haben. Leia fragte sich, wie sie von Coruscant fortgelangt sein mochte.
»Ich habe hier seit sieben Jahren meinen sicheren Unterschlupf«, erklärte Roganda leise. Sie faltete die Hände zu einer bittstellerischen Geste. »Zwingen Sie mich nicht fortzugehen und mir wieder ein neues Zuhause zu suchen.«
»Nein,
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