Cambion Chronicles 1
sich ändern, das ist so ein Gefühl, das ich nicht loswerde. Ich steige eine Stufe höher. Jetzt bin ich in der Zwölften und dem Ende einen Schritt näher. Ich weiß nicht, ob ich dafür schon bereit bin.«
»Dass du das erkennst, sollte erst mal reichen. Du hast dich daran gewöhnt, dass andere Entscheidungen für dich treffen. In der Schule bleiben, aufs College gehen, einen Job antreten, und was dann? Es gibt keine Bedienungsanleitung für das Leben, Sam. Und keinen Weg, der für alle passt.«
»Bist du deswegen nicht aufs College gegangen?«, fragte ich.
»Ja. Ich kenne Leute, die bald fertig sind mit dem College und immer noch nicht wissen, was sie mit sich anfangen sollen. Wenn ich fünfzigtausend Mäuse in meine Ausbildung stecke, möchte ich doch wissen, wofür.«
»Was willst du denn vom Leben?«
Lange Zeit sagte er gar nichts. Dann umschlang er fest meine Taille und antwortete: »Beständigkeit, Unabhängigkeit und etwas für mich ganz allein.«
Ich sah zu ihm hoch. »Hast du es schon gefunden?«
»Noch nicht, aber ich habe Zeit. Zeit ist alles, was ich habe.«
Ich lächelte. »Muss schön sein.«
Er lehnte sich zur Seite, um mich anzusehen. »An welcher Uni bewirbst du dich?«
»Howard. Dad war da, und er möchte, dass ich in seine Fußstapfen trete.«
»Und willst du das denn auch?«
»Aber ja! Ich träume schon immer davon, Anwältin zu werden wie mein Vater, aber ich will Strafrecht machen.«
»Na ja, streiten kannst du jedenfalls, so viel ist sicher.« Er gab mir einen Kuss in den Nacken.
Wärme breitete sich in meinem Bauch aus, während ein Kribbeln von seinen Lippen meine Wirbelsäule hinunterkroch.
Ich erschauerte. »Warum hast du das gemacht?«
»Was? Dich in den Nacken geküsst?«
»Ja.«
Sein Atem streifte mein Ohr. »Na ja, neben deinen Beinen ist das meine Lieblingsstelle an dir. Macht es dir was aus?«
»Nein. Ist nur eine komische Stelle für einen Kuss.«
Er drehte mich zu sich um. »Ich kenne da eine bessere Stelle.«
Ich schlang die Arme um seinen Hals. Jetzt, wo er so entspannt war, würde ich die Frage stellen, die mich die ganze Woche über verfolgt hatte. Sie war der Hauptgrund, warum ich ihn gefragt hatte, ob er mitkommen wolle. »Irgendwas ist seltsam an dir, Caleb.«
Er lachte leise in sich hinein.
»Was verbirgst du? Warum versteckst du dich?«
Sein Lächeln erlosch, wie die wärmende Sonne hinter dem Horizont verschwindet. »Ich wusste, dass es nicht so einfach werden würde. Mache ich dir Angst?«, fragte er.
Ich überlegte einen Augenblick und antwortete dann so ehrlich, wie ich konnte. »Nein. Ich fühle mich sogar wohl mit dir. Zu wohl. Ich lasse normalerweise nicht zu, dass mich Typen so umarmen wie du, und genau das ist ein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt. Irgendwas verschweigst du mir.«
Er streichelte mir mit dem Handrücken über die Wange. »Ich sag dir was: Ich beantworte alle deine Fragen nach der Party, wenn du mir nur diese wenigen Momente lässt, jetzt, mit dir.«
Es gefiel mir überhaupt nicht, wie sich das anhörte. Da schwang die Endgültigkeit eines Abschieds mit, eine letzte Bitte. War die Wahrheit so schlimm, dass er mir danach wieder aus dem Weg gehen oder ganz abtauchen würde? Oder vielleicht würde ich ja gehen. Das Warten machte mich irre, aber wenigstens kam ich Stück für Stück voran.
»Na schön … Muss ich mir Sorgen machen?«, fragte ich.
»Nein. Aber ich muss dich warnen, es ist eine lange Geschichte. Vielleicht schläfst du dabei ein.«
»Das bezweifle ich.« Meine Lippen waren nur Zentimeter von seinen entfernt, als ich etwas aus dem Augenwinkel sah. Es war wie in diesem Sesamstraßen-Spiel: Eins der Dinge ist nicht wie die anderen, eins gehört nicht dazu.
»Was zum … « Ich riss mich von Caleb los und rannte zum Stehtischchen. Ich schaffte es gerade noch, ihr das Bier aus der Hand zu schlagen.
»Hey! Was soll denn das?«, schrie Alicia. Mit ihrem Makeup hätte sie einen eigenen Zirkus aufmachen können.
»Was zum Teufel machst du hier?«
Sie verschränkte die Arme, was ihre Brüste noch weiter aus ihrem Top herausschob. »Was geht dich das an?«
»Das ist eine Oberstufenparty. Du dürftest gar nicht hier sein. Und trinken dürftest du schon gar nicht.«
Ihre Waschbärenaugen wurden schmal. »Du aber auch nicht.«
»Siehst du vielleicht einen Drink in meiner Hand?« Ich sah mich um. »Im Kühlschrank da drüben ist Limonade. Wie bist du hier reingekommen?«
»Nicht, dass dich das was anginge,
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