Cambion Chronicles 1
(ja, ich habe mitgezählt), Kyle fast einen Kilometer weit hinterherrennen, als er aus dem Haus lief, Hürdenläufe über Spielzeuge und Fahrräder, Erdnussbutter in meinem Haar, als Kenya mit mir »Schönheitssalon« spielte, Kyle ein Steakmesser und Dads Bohrmaschine entreißen, bevor er sich wehtat (oder mir), und mein Handy vor Kenya verstecken, die seit Neuestem von Tasten besessen war. Währenddessen klammerte ich mich an die Vorstellung meines neuen Autos wie an einen Talisman. Es war das Einzige, was mich durchhalten ließ.
Dem Himmel sei Dank für die moderne Technik. Ich legte einen Film ein, der beiden gefiel, und die brutalen Straßenkämpfe lenkten sie lange genug ab, dass ich das Abendessen kochen und ihnen ein Bad einlassen konnte.
Als die Kinder endlich schliefen, warf ich mich aufs Sofa und hörte Calebs Musik. Mein Körper entspannte sich, während die Melodien in meine schmerzenden Muskeln und Gelenke sickerten. Im stillen Haus dachte ich an Caleb Baker und das Geheimnis, das er in sich trug.
Der Junge war interessant, das musste ich zugeben. Seinetwegen hatte ich Schmetterlinge im Bauch, obwohl ich d as vor dem Rest der Welt niemals zugegeben hätte. Ic h konnte es nicht erklären, aber je öfter wir uns unterhielten, desto besser sah er aus. Meine Gedanken schweiften ab zum Abend im Europia-Park und wie er mich auf der Brücke in Italien umarmt hatte. Er hatte nach Schweiß und Vanilleeis gerochen. Seine Arme um meinen Körper hatten sich vertraut angefühlt. Am liebsten wäre ich die ganze Nacht dort stehen geblieben.
Dann durchschnitt die Logik die Zuckerwattewolke. In ihrem Eröffnungsplädoyer ging es um zwei Frauen, die am Dienstag in einem Themenpark zusammengebrochen waren. Beide hatten einen Herzinfarkt erlitten, keine dreißig Meter von der Stelle entfernt, an der ich gestanden hatte. Das machte schon drei Frauen mit Herzkasper innerhalb einer Woche.
Ich hatte noch nie an Zufälle geglaubt, es hatte also keinen Sinn, jetzt damit anzufangen. Die gemeinsame Variable stach in grellen Neonfarben hervor, sie war einfach nicht zu übersehen. Ich dachte an Hadens Warnung, ich sollte in der Nähe seines Bruders lieber auf mein Herz aufpassen. Das hatte er natürlich bildlich gemeint, aber es verfolgte mich trotzdem. So ein kleines Organ und so viel Macht und Magie.
Caleb hatte auf jeden Fall etwas Verzauberndes an sich, eine geheimnisvolle Aura, die auf meinen Armen kribbelte, aber nie durch die Haut drang. Irgendwo musste es für all das eine logische Erklärung geben. Aber ich hatte einfach nicht genug belastbare Beweise, um ihn einer anderen Sache zu überführen als der, dass er mich mochte. Insbesondere das war schwer zu glauben.
Wie laut die kleine Stimme in meinem Kopf auch schrie, ich solle auf Abstand gehen, sie wurde übertönt von einer noch lauteren Stimme, die danach verlangte, mehr zu erfahren, mehr zu sehen, mehr zu spüren. Vielleicht hatte Nadine recht und ich suchte nur nach Gründen, ihn nicht zu mögen. Diese neue, aufregende Erkenntnis beschleunigte meinen Herzschlag, und ich wollte verdammt noch mal wissen, wo das alles noch hinführen würde.
9
I n den ersten paar Tagen des neuen Monats war nicht viel los. Alle bereiteten sich auf die Feiern zum 4. Juli vor, trugen die amerikanischen Farben und schwenkten Fahnen durch die Luft. Der Duft von Gegrilltem gesellte sich zum Flötenspiel der marschierenden Soldaten in Colonial Williamsburg.
Mia und Dougie verstanden sich besser als je zuvor. Ich behielt meine Uhr im Auge und sah hinter jeder Ecke den nächsten Streit lauern. Mia jagte in der Stadt nach dem perfekten Outfit für Robbie Fords Party am Samstag. Seine 4.-Juli-Feten waren legendär, und jeder, der an meiner Schule etwas galt, würde dort sein. Weil Robbie gerade den Abschluss gemacht hatte, würde dies die letzte große Party werden, bevor er und seine Klassenkameraden sich über das Angesicht der Erde verstreuten. Mia redete von nichts anderem mehr und konnte es kaum erwarten, unsere neue Stellung als die Ältesten an der James City Highschool auszukosten.
Währenddessen suchte Mom immer noch online an völlig falschen Orten nach der Liebe. Weil sie ein Benutzerprofil anlegen wollte, nahm sie das ganze Haus auseinander, um Bilder von sich ohne Speckröllchen zu finden. Sie meldete sich sogar für ein Speeddating in der folgenden Woche an.
Mom pustete den Staub von ihrer Fitnessclub-Mitgliedskarte und startete ein Notfall-Verschönerungsprogramm. Sie
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