Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)
Besuches kam. »Ich wollte dich was zu deinem Blackout fragen. Hat sich das so angefühlt, als hättest du Gedächtnislücken oder als wärst du bewusstlos?«
Er setzte sich zu mir aufs Sofa, achtete jedoch darauf, dass genügend Abstand zwischen uns blieb. »Warum fragst du?«
»Erzähl’s einfach, mir zuliebe«, sagte ich.
Sein Blick wanderte zum anderen Ende des Zimmers, während er überlegte. »Nein. Es war eher wie eine Art Déjà-vu, so ein Gefühl wie bei Und täglich grüßt das Murmeltier , als hätte ich denselben Tag schon mal erlebt. Ich fahre zur Arbeit, aber das Wetter ist anders – die Sonne scheint. Ich trage ein anderes Shirt, und im Radio kommt ein anderer Song. Dann steige ich aus dem Auto, und es schneit. Ich trage meine Arbeitsklamotten, und in meinem Auto ist eine üble Delle. Du sagst, dass dir immer Zeit verloren geht, aber bei mir gab es keinen Zeitsprung. Ich weiß nur, dass ich das nicht noch mal erleben möchte.«
»Vielleicht erlebst du eine andere Art von Blackout. Vielleicht hast du geträumt, und dir wurden Erinnerungen eingepflanzt, wie in diesem Film mit DiCaprio.«
Er sah mich skeptisch an. »Ja, klar. Na ja, ich tappe da genauso im Dunkeln wie du, und ehrlich gesagt, mich überrascht nichts mehr, was mit unserer Situation zu tun hat.« Caleb streckte sich und legte einen Arm auf die Sofalehne. »Darf ich den Zeugenstand jetzt verlassen, Frau Rechtsanwältin?«
»Noch nicht. Ich versuche, etwas herauszufinden.« Als ich ihm von Malik Davis’ oder vielmehr von Tobias’ Verschwindetrick und dem verlassenen Wagen am Parkway erzählte, verstand er endlich, warum ich so durcheinander war. Da wir alle drei miteinander verbunden waren – ein echt kranker Witz des Schicksals übrigens – , konnten wir an verschiedenen Orten identisch reagieren. Caleb hatte ein Alibi, aber wo war ich während des Zusammenstoßes gewesen?
»Himmel, Caleb, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr mich das nervt. Mir fehlen zwei Stunden meines Lebens, und ich bekomme keine Antwort von Lilith. Sie will mir nicht mal die Sache mit dem An-die-Decke-Klettern erklären. Du hattest recht, sie war traumatisiert und verängstigt, aber sie versteckt ihre Gefühle vor mir.« Ich griff nach meiner Tasche auf dem Boden, wühlte darin herum und gab ihm die Botschaft, die Lilith mir geschrieben hatte.
Caleb überflog die Karteikarte, zog eine Grimasse und gab sie mir zurück. »Na, wenigstens reimt es sich nicht.«
»Haha. Sie ist total außer Kontrolle, und ich habe keine Lust mehr auf Ratespielchen. Ich glaube, mein Blackout hat etwas mit Tobias’ Verschwinden zu tun. Er verfolgt mich, ich zwinkere einmal, und puff, ist er weg. Ich habe seine Gegenwart den ganzen Tag nicht gespürt. Du?«
Er schüttelte den Kopf und fragte dann in einem Tonfall, der vor Bitterkeit triefte: »Vermisst du ihn?«
»Ich vermisse nur die Fähigkeit, meine eigenen Entscheidungen zu treffen«, antwortete ich ebenso säuerlich.
»Sam, du bist immer noch neu in der Cambion-Welt. Du wirst dich oft fühlen, als seist du nicht du selbst, aber du bist immer noch du. Lilith ist nur eine Beifahrerin. Lass sie nicht ans Steuer.« Seine Stimme umfing mich, warm und mächtig. Der Klang und seine Gegenwart machten mir die Lider schwer. Ich wollte ihn so gern küssen …
Ich schüttelte die Benommenheit ab und wollte gerade antworten, als ein Klopfen die Stille durchbrach. »Zimmerservice«, rief eine Stimme mit starkem Akzent.
Caleb sah erst mich an und dann zur Tür. »Sam, äh, ich glaube, es ist gerade keine so gute Idee, dass du hierbleibst. Ich wollte gerade essen, bevor du kamst.«
»Macht mir nichts aus«, beharrte ich. »Ich brauche wirklich deine Hilfe bei dieser Blackout-Geschichte. Was hast du bestellt?«
»Vietnamesisch«, antwortete er und ging zur Tür.
Als die Frau ins Zimmer trat, dämmerte mir, dass er nicht die asiatische Küche gemeint hatte. Sie war jung und klein und hatte das schwarze Haar zu einem Knoten am Hinterkopf zurückgebunden. Sie trug das typische Zimmermädchen-Outfit, schneeweiß und gestärkt mit dazu passenden Turnschuhen. An der Art, wie sie zu Boden blickte und den Stapel gefaltete Handtücher wie einen Schild vor der Brust umklammert hielt, erkannte man sofort, wie unbeholfen sie Männern gegenüber war.
Caleb führte sie in den Wohnbereich und bat sie, sich zu setzen. Sie gehorchte bereitwillig, und ich sah, dass ihre Folgsamkeit nichts mit ihren Pflichten den Hotelgästen gegenüber zu
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