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Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)

Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)

Titel: Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaime Reed
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»Willst du die Wahrheit hören?«
    »Ist mir immer am liebsten.«
    »Du wirst es überleben, aber du wirst dir wünschen, es wäre nicht so. Dein Geist wird trauern und extrem unter dem Entzug leiden, und du wirst verrückt werden. Erst mal.«
    Ich zuckte zusammen. Ich hatte ihn ja gebeten, ehrlich zu sein, aber … »Erst mal?«
    »Wenn du Glück hast, versuchst du dich umzubringen, und es gelingt dir. Wenn du Pech hast …« Er schluckte trocken. »… wirst du wie mein Vater.«
    Es kam mir vor, als wäre es ein paar Grad kälter geworden.
    Nur die Geräusche der emsigen Maschinen durchbrachen die Stille. Da lag es vor uns, unser Dilemma, unbeweglich, zwischen Schläuchen und in Verbände gepackt. Bund hin oder her, das mit Caleb war eine Sache fürs Leben. Auch wenn ich keine Ahnung davon gehabt hatte, als wir zusammengekommen waren, konnte ich mir jetzt ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Nicht nach allem, was geschehen war.
    »Braucht er im Moment Energie?«, fragte ich.
    Ich spürte, wie Haden nickte. »Und wie.«
    Mehr musste ich nicht wissen. Ich stürzte zu Caleb und berührte sein Gesicht. »Wie funktioniert das, wenn er nicht selbst trinken kann?«
    »Ich habe keine Ahnung, aber wenn sein Geist dich über den ganzen Flur hinweg rufen kann, wird er dich schon spüren, wenn du in der Nähe bist. Versuch es einfach, aber lass ihn nicht zu viel nehmen.«
    Ich öffnete Calebs Mund und beugte den Kopf zu ihm hinunter. Seine Lippen waren kalt, und ich vermisste ihre übliche Süße. Nach einigen langen Augenblicken, in denen gar nichts geschah, spürte ich ein Ziehen in meinem Inneren. Lilith zuckte in Schmerz und Ekstase gleichzeitig. Ich konnte nur ahnen, was für ein Kampf dort drinnen stattfinden musste. Ein verletztes Tier kümmerte sich um das andere, leckte seine Wunden und brachte ihm Nahrung. Aber ich fand keine Spur von Caleb, keine warme Freude, kein Duft nach Süßem, keine Erinnerungen.
    »Caleb«, flüsterte ich an seinen Lippen, während heiße Tränen auf meinen Wangen brannten. Ich zitterte und versenkte mich tiefer in den Kuss, ich schenkte ihm alles und betete, dass meine Stärke ausreichen würde. Doch ich bekam nur tote Luft und Verzweiflung zurück.
    »Das reicht, Sam. Du bist noch schwach. Übertreib’s nicht«, flüsterte Haden wie aus großer Entfernung. Als ich nicht antwortete, schloss er seine Hände um meine Arme. Ich öffnete die Augen und versuchte mühsam, mich daran zu erinnern, wo ich war. Ich starrte Caleb an, der immer noch so leblos dalag wie zuvor.
    »Er braucht mehr«, drängte ich.
    »Nicht jetzt. Du musst selbst trinken, deine Stärke zurückbekommen, dann kannst du es noch mal versuchen. Er wird dich umbringen, wenn er jetzt zu viel nimmt.« Haden zog mich an seine Brust und hielt mich fest, bis ich aufgehört hatte, mich zu wehren. »Na los, geh wieder ins Bett. Du kannst es morgen früh noch mal versuchen.«
    Seine Brust hob und senkte sich, und an ihrem zornigen Beben konnte ich erkennen, dass er versuchte, nicht auszurasten. Calebs Brüder hatten dem Tod häufiger ins Auge gesehen, als es nötig gewesen wäre. Wie ein unerwünschter Gast hatte er sich dauerhaft in ihrem Leben eingenistet.
    »Du weißt genau, dass ich ihn nicht allein lassen kann«, murmelte ich in sein Hemd.
    »Ja, weiß ich. Ich dachte, ich versuch’s trotzdem mal.« Er küsste mich auf den Scheitel. In diesem Augenblick betrat ein Krankenpfleger das Zimmer und schaltete das Licht ein.
    »Miss, Sie dürfen nicht hier sein. Ihre Mutter sucht schon nach Ihnen. Sie müssen wieder in Ihr Zimmer zurück«, ordnete er an.
    Haden trat einen Schritt zurück und hob mein Kinn, damit ich ihm in die Augen sah. Sein schwarzes Haar fiel ihm in zerzausten Locken über die Augen. Feine weiße Narben überzogen sein wettergegerbtes Gesicht. Seine Nase war etwas schief und saß nicht ganz in der Mitte – ein Hinweis auf ein raues Leben und einen aufbrausenden Charakter. Aber als ich in diese violetten Augen sah, zog sich mein Magen krampfhaft zusammen. Ich hatte fast vergessen, wie sehr sich die Ross-Jungs ähnelten. Caleb und seine Brüder sahen alle aus wie Landstreicher, als wären sie gerade aus dem Bett gefallen. Andererseits liefen ihnen die Frauen ohnehin in Scharen nach, denn jeder von ihnen hatte den Geist eines Inkubus im Körper – warum sollten sie sich also Mühe geben?
    Haden war mit seinen Muskelpaketen und den knapp zwei Metern Größe der Bedrohlichste von allen Brüdern. Er sah aus, als

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