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Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)

Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)

Titel: Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaime Reed
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wollte, verschwendeten wir einen großen Teil unserer Unterhaltung mit dem vergeblichen Versuch, uns gegenseitig zu zwingen, Farbe zu bekennen.
    »Das Personal scheint ja richtig Angst vor dir zu haben. Sogar die Polizei hier in Williamsburg erstarrt, wenn dein Name fällt. Gibt es dafür einen besonderen Grund?«, fragte Ruiz.
    »Mein Opa ist ein sehr einflussreicher Mann und versetzt andere gern in Angst und Schrecken, seine Familie eingeschlossen. Ist keine gute Idee, ihm auf die Zehen zu treten.«
    Er nickte mir spitzbübisch zu. »Davon habe ich gehört. Muss tröstlich sein, so viele mächtige Leute hinter sich zu wissen. Du kommst praktisch mit allem durch.«
    »Mr. Ruiz, aus reiner Neugier, warum nennt man Sie die kubanische Krawatte?«, fragte ich, als mir wieder einfiel, was Caleb auf der Party erzählt hatte.
    Mit einem schiefen Grinsen antwortete er: »Weil ich Kubaner bin und in dem Ruf stehe, ein echter Halsabschneider zu sein, wenn es sein muss.« Dabei ließ er es bewenden. Alle im Zimmer schienen die Anspielung zu verstehen, nur ich nicht.
    Ich erwischte Mom dabei, wie sie ihm während der Befragung schöne Augen machte und ihr Haar auffällig nach hinten warf, wenn sie ihn unterbrach. Ihre Bemühungen zauberten ein Lächeln auf sein strenges Gesicht, und seine Fragen wanderten kurz zu ihrem Familienstand ab.
    Starrköpfige Menschen fühlten sich wohl zueinander hingezogen. Wäre ich nicht mit Infusionsschläuchen ans Bett gefesselt gewesen, hätte ich die beiden allzu gern kurz allein gelassen. Nach zwanzig Minuten des widerlichsten Balztanzes, den ich je miterleben musste, ging der Detektiv geschlagen vom Platz, nicht unter Androhung einer Revanche.
    Und das blieb nicht die einzige heikle Situation, die ich überstehen musste.
    Dad kam vorbei, um nach mir zu sehen, was mal wieder in Schimpftiraden gegen Caleb ausuferte. Seiner Meinung nach war Calebs Koma die gerechte Strafe dafür, dass er sein kleines Mädchen schon wieder in Gefahr gebracht hatte.
    Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, hatte er seine Zimtzicke von Ehefrau mitgebracht, Rhonda, die dreinblickte, als wäre sie mit Waffengewalt dazu gezwungen worden. Sie tat furchtbar besorgt, aber die Wolke von Geringschätzung, die sie dabei umgab, hätte ein Pferd umgehauen. Die Frau konnte mich nicht ausstehen, und ihre Verachtung wurde noch verschärft durch ihre Überzeugung, dass ich schlechtes Karma verbreitete, was ihren Besuch glücklicherweise stark verkürzte.
    Dad hatte auch die Zwillinge mitgebracht. Für Lilith waren sie wie ein köstliches Fünf-Gänge-Menü. Sie liebte die reine, konzentrierte Energie, die von Kindern ausging, und meine sechsjährigen Geschwister hatten mehr als genug davon zu bieten. Gerade erholten sich die beiden mit einem kurzen Nickerchen von ihren chaotischen Eskapaden. Kyle hatte sich im Sessel in der Ecke zusammengerollt und schnarchte mit offenem Mund. Kenya lehnte an ihrem Bruder; sie trug ein Prinzessin-Tiana-Kostüm, das sie nicht mehr ausziehen wollte. Ich wäre als Kind mit so was niemals durchgekommen. Dad wurde weicher auf seine alten Tage.
    Ich sah meine Geschwister nicht so oft, wie ich sollte. Wie auch bei diesem Treffen fielen sie nach der ersten Umarmung immer wie durch Zauberhand in einen tiefen Schlummer. Nur Lilith und ich wussten, was hinter diesem merkwürdigen Zufall steckte, und dass wir fast nie miteinander sprachen, vergrößerte die Kluft noch, die sich zwischen Dad und mir auftat. Obwohl Lilith Dad inzwischen erkannte, konnte ich ihre »Überzeugungskraft« mit etwas Konzentration dazu nutzen, seinen Zorn abzumildern. Das hatte mir schon so manches Mal aus der Patsche geholfen – warum sollte ich daran also etwas ändern?
    »Ich finde es komisch, dass in Williamsburg in letzter Zeit so viele ›Unfälle‹ passieren.« Dad ging vor meinem Bett auf und ab und setzte sein Kreuzverhör fort. »Erst einer deiner Klassenkameraden, dann deine Mutter, dann deine Kollegin und jetzt das. Ganz schön viele seltsame Vorfälle für einen Sommer, und alles hat etwa zu der Zeit begonnen, als du angefangen hast, dich mit diesem Jungen zu treffen.«
    Das alte Lied. Dad hatte ein ernstes Problem mit meinem Freund und musste endlich darüber hinwegkommen. Ich kratzte meine spärlichen Kraftreserven zusammen und setzte mich auf. »Daddy, gib nicht Caleb die Schuld. Wir sind in dieser Sache alle Opfer.«
    Er strich sich mit seiner kräftigen Hand über die Glatze. »Ich weiß nur, dass etwas

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