Camel Club 01 - Die Wächter
verfolgte. Die sorgenvolle Miene, mit der Kate ihm nachschaute, bemerkte er nicht.
Das war ein mieser Ausklang eines durchschnittlich beschissenen Tages. Alex beschloss, einen Spaziergang zu machen und seine Seele vom Beefeater-Martini mit den drei dicken Oliven besänftigen zu lassen. Inzwischen wünschte er sich, er hätte sich einen zweiten Drink gegönnt.
KAPITEL 6
Von einer Wohltätigkeitsveranstaltung kehrte der Autokorso des Präsidenten zurück zum Weißen Haus, schlängelte sich durch freie Straßen und über abgesperrte Kreuzungen. Infolge der sorgfältigen Vorarbeit der Secret-Service-Vorausabteilungen kamen US-Präsidenten niemals in einen Stau. Allein diese Verlockung könnte in Washington für manchen frustrierten Pendler Grund genug sein, für das Präsidentenamt zu kandidieren. Auf der Hinfahrt hatte Gray seinen Chef in sämtliche aktuellen geheimdienstlichen Tätigkeiten eingeweiht. Jetzt saß Brennan auf der Rückbank des »Ungetüms« und sah grüblerisch diverse Wahlprognosen durch, während Gray den Blick nach vorn gerichtet hielt und sich wie stets in Gedanken mit einem Dutzend Vorgänge gleichzeitig befasste.
Schließlich blickte Gray seinen Chef an. »Mit Verlaub, Sir, es wird das Ergebnis nicht ändern, wenn Sie alle fünf Minuten die Wahlprognosen durchsehen. Als Präsidentschaftskandidat erreicht Senator Dyson nicht im Entferntesten Ihre Qualitäten. Sie werden die Wahl mit Abstand gewinnen.« Gray fügte eine diplomatische Äußerung an. »Insofern können Sie sich den Luxus erlauben, sich zwischendurch mit anderen Fragen von maßgeblicher Bedeutung zu beschäftigen.«
Brennan lachte auf und legte die Wahlprognosen beiseite. »Carter, Sie sind ein kluger Kopf, aber kein Politiker. Keine Wahl ist gewonnen, ehe nicht die letzte Stimme gezählt ist. Aber ich bin mir natürlich bewusst, dass mein Vorsprung in den Wahlprognosen zum Teil Ihnen zu verdanken ist.«
»Ich weiß es sehr zu schätzen, Mr. President, dass Sie während meiner anfänglichen Durststrecke zu mir gestanden haben.«
In Wahrheit hatte Brennan, wie Gray nur zu gut wusste, im Verlauf der ausgedehnten »Durststrecke« mehrmals erwogen, ihn aus dem Amt zu feuern. Doch obwohl Gray niemals ein Schleimer gewesen war, musste er einräumen, dass der Hintern des mächtigsten Mannes der Welt nicht der übelste Ort war, um hineinzukriechen. »Haben Sie derzeit noch mehr Typen wie diesen al-Zawahiri aufs Korn genommen?«
»Dieses Vorkommnis dürfte eine Ausnahme bleiben, Mr. President.« Bislang war Gray sich nicht einmal sicher, wieso al-Zawahiri eigentlich ein solches Ende gefunden hatte. Gern hätte der NIC-Chef daraus den Rückschluss gezogen, dass seine Strategie, Terroristengruppen zu infiltrieren und gewisse Taktiken anzuwenden, um sie gegeneinander auszuspielen, endlich Früchte trug. Dennoch war Gray ein viel zu misstrauischer Mann, als dass er andere Alternativen ausgeschlossen hätte.
»Auf jeden Fall hat es uns bei den Medien zu positiver Resonanz verholfen.«
Wie schon oft in der Vergangenheit bezwang Gray das Verlangen, auszusprechen, was er von solchen Bemerkungen hielt. Der Spionageveteran hatte schon unter mehreren Präsidenten gedient, und alle waren ähnlich wie Brennan gewesen. Solche Männer waren keine von Natur aus dämlichen Zeitgenossen. Im Vergleich zu ihrem hohen Rang allerdings neigten sie nach Grays Ansicht viel stärker zu menschlichen Schwächen als ihre Mitbürger. Im Wesentlichen betrachtete Gray sie als selbstsüchtige, egoistische Wesen, die in der Hitze des politischen Kampfes geformt und gehärtet wurden. Sämtliche Präsidenten konnten behaupten, sie erstrebten das Gute, hätten das richtige Programm, wären die Vertreter ihrer politischen Partei, doch nach Grays Erfahrungen kam es ihnen nur darauf an, im Oval Office zu thronen. Macht schenkte den stärksten Rausch der Welt, und die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten bedeutete die größte Machtfülle überhaupt; dagegen wirkte Heroin wie ein Placebo.
Und dennoch: Sollte Brennan diese Nacht tot umfallen, stand sofort ein geeigneter Vizepräsident bereit, um in seine Fußstapfen zu treten, und alles nahm seinen gewohnten Gang. Gray war der Auffassung, dass Amerika kein bisschen aus dem Takt geriet, falls Brennan bei der bevorstehenden Wahl doch unterlag und sein Nachfolger ins Weiße Haus einzog. Präsidenten betrachteten sich als unentbehrlich, doch der Chef des NIC wusste es besser: Sie waren es nicht.
»Ich versichere Ihnen, Mr.
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