Camel Club 01 - Die Wächter
President, sobald ich von ähnlichen Fällen wie al-Zawahiri weiß, erfahren Sie davon.«
Brennan war ein viel zu gewiefter Politiker, als dass er an die Ernsthaftigkeit dieser Beteuerung geglaubt hätte. Es zählte zur Washingtoner Tradition, dass Geheimdienstchefs ihren Präsidenten Kenntnisse vorenthielten. Trotzdem hielt Brennan es für angebracht, den weithin beliebten Gray seine Aufgabe nach Gutdünken erfüllen zu lassen. Carter Gray war von Beruf Spion, und Spione blieben immer verschwiegen; möglicherweise lag es ihnen im Blut, nie gänzlich offen zu sein. Es schien so, als ob sie aus dem Dasein verschwänden, sobald sie alles enthüllten.
»Sehen Sie zu, dass Sie noch ein wenig Schlaf finden, Carter«, sagte der Präsident, als er aus dem »Ungetüm« stieg. »Wir sehen uns morgen.«
Aus den anderen Fahrzeugen des Autokorsos quoll Brennans Geleit. Den Top-Beratern und sonstigen Mitarbeitern des Präsidenten war es merklich gegen den Strich gegangen, dass Brennan auf der Hin- und Rückfahrt mit Gray allein im Wagen gesessen hatte. Es war ein Bonus gewesen, den Brennan seinem Geheimdienstchef für die al-Zawahiri-Sache gewährt hatte, doch es hatte sich auch für den Präsidenten ausgezahlt. Mit seiner aufwühlenden Brandrede über die Bekämpfung des Terrorismus hatte Gray den wohlhabenden Teilnehmern der Veranstaltung fette Schecks aus den dicken Brieftaschen geleiert. Die Smokingträger hatten für Brennans Partei mehrere Millionen Dollar locker gemacht.
Kurz darauf wurde Gray unauffällig aus dem Weißen Haus eskortiert. Er hatte keineswegs die Absicht, dem Rat des Präsidenten zu folgen und sich ins Bett zu legen. Stattdessen betrat er fünfundvierzig Minuten später in Loudoun County, Virginia, das Hauptquartier des NIC. Zwei bewaffnete Kompanien – insgesamt vierhundert Soldaten – gewährleisteten die äußere Sicherheit des NIC. Doch keiner von ihnen hatte die geheimdienstliche Genehmigung, eines der Gebäude zu betreten, außer im Katastrophenfall. Das Hauptgebäude sah aus wie ein Glaspalast, der herrliche Ausblicke auf die Landschaft Virginias bot. Tatsächlich aber hatte das Bauwerk kein einziges Fenster. Hinter den Glasscheiben verhinderten Betonmauern – dick wie Bunkerwände und mit speziellen Materialien beschichtet –, dass der Blick menschlicher oder elektronischer Augen ins Innere drang.
Hier arbeiteten mehr als dreitausend mit modernster Technik ausgestattete Frauen und Männer sieben Tage die Woche und vierundzwanzig Stunden am Tag für den Schutz Amerikas, während die restlichen Nachrichtendienste den NIC jeden Tag, jede Stunde, jede Sekunde mit neuen Daten belieferten.
Nach den geheimdienstlichen Unzulänglichkeiten, die sich im Zusammenhang mit den Anschlägen des 11. September gezeigt hatten, und der Blamage der CIA wegen der angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak, waren zahlreiche führende US-Politiker in Zweifel geraten, ob eine Bezeichnung wie »American Intelligence« wirklich ihre Berechtigung hatte. Anschließende Versuche der Regierung, Reformen durchzuführen, hatten wenig Erfolg; stattdessen sorgten sie in einer Zeit, in der Klarheit und Zweckgerichtetheit zu den erklärten Zielen der Nation gehörten, lediglich für zusätzliche Verwirrung. Eine nationale Antiterrorbehörde mit eigenem Chef, der dem Präsidenten direkt verantwortlich war, sowie eine neue Geheimdienstabteilung beim FBI wurden der Vielfalt bereits vorhandener nachrichtendienstlicher Organisationen hinzugesellt, die sich in der Mehrzahl noch immer weigerten, untereinander Informationen auszutauschen.
Zu guter Letzt aber hatten sich vernünftigere Köpfe behauptet – zumindest waren sie in Grays Augen vernünftiger –, hatten mit dieser unnötig verschachtelten Struktur Schluss gemacht und an ihre Stelle einen einzigen nationalen Geheimdienstchef gesetzt, der eigenes Personal und eigene Einsatzzentren sowie, und das war von entscheidender Wichtigkeit, die Kontrolle über Budgetierung und Einsatz aller anderen Nachrichtendienste hatte. Eine alte Redensart der Spionageszene lautete, dass man von Analytikern aufs politische Glatteis geführt, von den Einsatzplanern aber hinter Gitter gebracht wurde. Gray gedachte, wenigstens selbst die Verantwortung für sein Scheitern zu tragen, sollte sein Sturz jemals unabwendbar werden.
Beim Betreten des Hauptgebäudes unterzog Gray sich dem biometrischen Erkennungsvorgang, bevor er in den Lift stieg, der ihn ins oberste Stockwerk beförderte.
Der Raum,
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