Camel Club 01 - Die Wächter
verächtlich. »Wer hat ihn ausgedacht? Ein Amerikaner. Wir nehmen Befehle von Amerikanern an, Adnan! Begreifst du denn nicht, was das bedeutet? Das Ganze ist eine Verschwörung mit dem Ziel, uns zu liquidieren. Ich wusste es auf Anhieb. Ich habe es von Anfang an durchschaut. Aber jetzt können wir Vergeltung üben.« Er hob das Messer. »Jetzt sofort.«
»Ich will dich nicht töten, Achmed, aber wenn es sein muss, tu ich ’s.«
»Dann tu’s!«
Achmed sprang vor, und Adnan feuerte.
Wieder entfuhr Djamila ein Schrei, als Achmed mit einer Schusswunde in der Brust zu Boden stürzte. Adnan steckte die Waffe zurück ins Halfter und schob Achmeds Leichnam beiseite. Tränen rannen Djamila über die Wangen, während sie auf ihren toten Dichter starrte.
Die anderen Männer arbeiteten unbeeindruckt weiter, als wäre kein Mensch, sondern eine Küchenschabe getötet worden. Sie betteten Brennan in das erste Behältnis; in das zweite legten sie eine Sauerstoffflasche. Der Arzt streifte Brennan eine Atemmaske übers Gesicht und schloss die Sauerstoffflasche an.
Adnan klappte das Behältnis zu und wandte sich an die schluchzende Djamila.
»Er hat mich erkannt«, jammerte sie. »Das war mein Achmed.«
Adnans Reaktion bestand darin, ihr eine schallende Ohrfeige zu verpassen. Djamila war so betroffen, dass sie zu weinen aufhörte.
»Steig in den Wagen«, wies Adnan sie mit fester Stimme an, »und tu deine Pflicht.«
Ohne noch ein Wort zu sagen, gehorchte Djamila. Das Tor wurde geöffnet, und sie lenkte den Lieferwagen zügig hinaus.
Adnan blickte die beiden anderen Männer an und nickte hinüber zu Achmeds Leiche. Sie hoben den Toten auf und warfen ihn in die Reparaturgrube, während Adnan sich den blutigen Arm verband, wo Alex’ Schuss ihn getroffen hatte.
Adnan hatte stets den Verdacht gehegt, dass Achmed irgendeine Extratour plante. Sobald der Präsident im Ambulanzwagen lag, hatte Adnan den Iraner unter ständiger aufmerksamer Beobachtung gehalten. Dennoch war es knapp geworden.
Gleich darauf stieg das Trio ins Ambulanzfahrzeug, wo Adnan den Patienten und der Arzt den Behandelnden spielte; der dritte Mann fungierte als Fahrer. So sah der ursprüngliche Fluchtplan es vor, der eigentlich auch für Achmed gegolten hatte.
Doch Adnan wusste, dass man sie in der Klinik gesehen hatte. Außerdem hatte er eine Schussverletzung. Die Aussicht war gering, dass sie durch die Straßensperren gelangten. Doch sie gaben einen guten Köder ab, um für Ablenkung zu sorgen. Und dann war alles bald vorüber. Adnan sah den Arzt an, einen Mann um die fünfzig, und folgerte aus seiner Miene, dass auch er Bescheid wusste. Adnan ließ die Lider sinken und hielt sich den verwundeten Arm. Die Schmerzen waren nicht schlimm; er hatte schon anderes durchstehen müssen. Doch Adnan ahnte, dass dies seine letzte Narbe bleiben sollte. Er hatte nicht vor, in einem amerikanischen Gefängnis zu vergammeln oder sich von den Amerikanern durch einen Stromstoß töten zu lassen, als wäre er ein Stück Vieh.
Sobald das Wohnhaus geräumt worden war und sich nur noch die Heckenschützen darin aufhielten, feuerte die Bundespolizei mehrere Raketen in die Wohnung der sechsten Etage. Erst dadurch wurden die Schützen zum Schweigen gebracht, nachdem das wütendste Feuergefecht Pennsylvanias seit der Schlacht von Gettysburg stattgefunden hatte. Als die Wohnung gestürmt wurde, waren beide Schützen tot, hatten inzwischen aber die gesamte M-50-Munition und Tausende von Projektilen aus ihren Maschinenpistolen verfeuert, die noch vor Hitze glühten.
Während man das Mercy Hospital evakuierte, entdeckte man Alex Ford blutüberströmt auf dem Asphalt. Als man ihn zur Besinnung brachte, schilderte er, was er gesehen hatte, woraufhin eine Großfahndung nach dem Ambulanzwagen eingeleitet wurde.
Kaum fünf Minuten nach der Abfahrt gelangte Djamila am Ortsrand Brennans an eine Straßensperre. Drei Streifenwagen standen quer auf der Fahrbahn, und die Polizisten wiesen die Leute an, aus ihren Autos zu steigen.
Djamila sah sich nach den Kindern um. Der Kleinste war eingeschlafen, doch die beiden anderen flennten noch immer lautstark vor sich hin. Auch Djamila spürte wieder Tränen auf den Wangen.
Achmed hatte behauptet, sie nicht zu kennen. Er hatte sie aufgefordert, nicht mit ihm zu sprechen. Und er war vor ihren Augen erschossen worden. Er hatte den Präsidenten erstechen wollen. Er hatte gegen den Plan verstoßen, und dafür war er getötet worden. Doch was Djamila
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