Camel Club 01 - Die Wächter
jemand auf uns geschossen hat. Fakt ist: Auf der Insel, auf der wir uns aufgehalten haben, liegt eine Leiche, und wir haben ein Boot. Für die Polizei macht uns das zu möglichen Tätern. Und während man uns verhören würde, sind die Killer mit dem Motorboot längst über alle Berge. Außerdem sind wir Leute, denen die Polizei wahrscheinlich keine große Glaubwürdigkeit beimisst. Was also wäre das logischste Ergebnis, würden wir den Mord melden?« Gespannt sah Stone die anderen drei Männer der Reihe nach an.
»Sie würden uns einsperren und den Schlüssel wegwerfen«, schlussfolgerte Reuben halblaut, wobei er einen Stoffstreifen aus dem Hemd riss und um die Schramme an seinem Arm wickelte. »Ich wüsste zu gern, weshalb die beiden Drecksäcke plötzlich gemerkt haben, dass wir auch auf der Insel sind.«
»Vermutlich haben sie uns gehört«, sagte Stone. »Oder sie sind aus einem anderen Grund umgekehrt, und dabei ist ihnen etwas aufgefallen. Vielleicht hab ich den Zettel oder die Anstecknadel nicht richtig in die Jackentasche gesteckt.«
»Du hast nicht verraten, was es mit der Anstecknadel auf sich hat«, beschwerte sich Caleb.
»Normalerweise tragen Secret-Service-Agenten so ein Ding.«
»Du glaubst, der Mann war Secret-Service-Agent?«, fragte Reuben, während das Boot sich dem Ufer näherte.
»Zumindest ist anzunehmen, dass er in irgendeiner Beziehung zum Secret Service stand.«
Als sie das Ufer erreichten, zogen sie das Boot rasch an Land und versteckten es unweit der Ufermauer in einem alten Abflussgraben.
Kurz darauf schlenderten sie durch die stillen Straßen Georgetowns. »Und was nun?«, fragte Reuben.
»Wir müssen klären, wer der Ermordete wirklich war. Wir müssen herausfinden, warum er umgebracht wurde.« Bei jedem Satz streckte Stone einen Finger empor. »Und wir müssen ermitteln, wer ihn getötet hat.«
Ungläubig starrte Reuben ihn an. »Und ich dachte, deine Idee, Carter Gray zu stürzen, wäre ’ne echte Herausforderung! Du meine Güte, weißt du eigentlich, was du da redest?«
»Ja, ganz genau«, antwortete Stone mit unerschütterlicher Festigkeit.
»Wieso sollen wir überhaupt etwas tun?«, fragte Caleb.
Stone blickte ihn an. »Solche Killer hinterlassen keine Spuren und keine Zeugen. Also werden sie alles tun, um uns aufzuspüren und uns ebenfalls zu beseitigen. Aus den Gründen, die ich vorhin genannt habe, können wir uns nicht an die Polizei wenden. Darum schlage ich mit allem Nachdruck vor, dass wir…«
Reuben fiel ihm ins Wort: »… sie uns vorknöpfen, bevor sie uns erwischen.«
Stone schritt aus, und der Rest des Camel Clubs folgte ihm.
KAPITEL 11
Als der Lieferwagen auf der Landstraße um eine Kurve bog, kam ein aufwändig gestaltetes Schild mit einer Beschriftung in gut und gern dreißig Zentimeter hohen Leuchtbuchstaben in Sicht:
WILLKOMMEN IN BRENNAN, PENNSYLVANIA
HEIMATORT VON PRÄSIDENT JAMES H. BRENNAN
Neben dem Text hatte man ein Porträt Brennans ins Holz geschnitzt. Die Abbildung hatte große Ähnlichkeit mit ihm. Der Mann auf dem Beifahrersitz des Lieferwagens blickte seine beiden Begleiter an und lächelte. Er hob eine imaginäre Schusswaffe, zielte auf Brennans Kopf und jagte dem mächtigsten Mann der Welt drei Kugeln ins Hirn.
Der Lieferwagen fuhr in den Ort. Mit 50000 Einwohnern hatte Brennan, das sich zügig in eine Schlafstadt Pittsburghs verwandelte, beste Aussichten auf eine gedeihliche Fortentwicklung, und blühende Industriebetriebe, neue Arbeitsplätze sowie rege Bautätigkeit bewiesen, dass aus dem Traum Wirklichkeit wurde. Zu einem großen Teil beruhte Brennans Hoffnung darauf, Geburtsort des Präsidenten zu sein.
Nicht einmal der längst außer Betrieb genommene Wasserturm mitten in der Innenstadt war dem Drang zum Höheren entgangen. Anfangs hatten die Stadtväter sich vorgestellt, den Turm mit Brennans Abbild und dem Präsidentensiegel der Vereinigten Staaten zu verzieren. Nachdem ihnen deutlich gemacht worden war, dass es dafür keine rechtliche Grundlage gab und dass es überdies Geschmacksverirrung sei, hatte man den Wasserturm stattdessen mit der Nationalflagge bemalt und ihn auf diese Weise mit dem Präsidenten in Verbindung gebracht. Auch die drei Männer im Lieferwagen hatten großes Interesse am Regierungschef der USA, allerdings aus völlig anderen Gründen.
Sie parkten den Wagen vor einem Wohngebäude, das einen Häuserblock abseits der Hauptstraße stand. Die drei Männer waren groß und besaßen die Sehnigkeit jener
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