Camel Club 01 - Die Wächter
bedeutendsten Spielfilme aller Zeiten diskutiert wurde. Weil sie es als höchst unwahrscheinlich erachteten, dass amerikanische Gesetzeshüter Leute überwachten, die Cybergespräche über Filme führten, verschlüsselten sie ihre Nachrichten mit einem relativ simplen Code. Und morgen kam ein anderer Film an die Reihe.
»Läuft alles nach Plan?«, erkundigte sich Captain Jack und kratzte sich am adrett gestutzten Bart.
Es hielten sich mehrere Einsatzteams in Brennan auf. Natürlich hätten die Behörden sie als »Terroristenzellen« bezeichnet, doch Captain Jack sah darin reine Haarspalterei. Amerikanische Einsatzgruppen in Übersee konnten von den Personenkreisen, zu deren Nachteil sie tätig wurden, mit dem gleichen Recht als Terroristenzellen bezeichnet werden. Jack musste es wissen: Er hatte früher etlichen solcher Gruppen angehört; anfangs aus patriotischen Gründen, später des Geldes wegen. Mit der Zeit hatte Captain Jack die Wahrheit erkannt: Man sollte das, was man als Beruf ausübt, ausschließlich für den tun, der am besten zahlt. Dieser Wandel in Jacks Philosophie hatte sein Leben sehr vereinfacht.
Der Iraner las die Chatroom-Mitteilungen. Er hatte es schon so oft getan, dass er den Code im Kopf entschlüsseln konnte. »Alles läuft planmäßig. Auch die Frau macht gute Fortschritte.« In seiner Stimme schwang Ungläubigkeit mit. »Ganz hervorragend sogar.«
Der Amerikaner belächelte seine Einstellung. »Frauen sind viel tüchtiger, als du es ihnen zutraust, Achmed. Je schneller du dich damit abfindest, umso besser.«
»Als Nächstes wollen Sie mir wohl einreden, dass Männer das schwache Geschlecht sind«, entgegnete Achmed verächtlich.
»Das grenzt ja fast schon an Weisheit.« Captain Jack musterte die beiden Afghanen. Bevor er sie für seine Zwecke angeworben hatte, waren sie Tajiks gewesen, Angehörige der afghanischen Nordallianz. Er verständigte sich in ihrer Muttersprache, dem Dari, mit ihnen. »Werden in eurem Land die Töchter noch immer in die Ehe verkauft?«
»Natürlich«, lautete die Antwort. »Was soll man sonst mit ihnen anfangen?«
»Die Zeiten ändern sich, mein Freund«, sagte Captain Jack. »Wir leben nicht mehr im vierzehnten Jahrhundert.«
»Wir haben nichts gegen moderne Frauen«, erklärte der andere Afghane, »solange sie ihren Männern gehorchen, gibt es keine Probleme. Dann sind sie frei.«
Frei in relativem Sinne, wie Captain Jack wusste. In Afghanistan verlor eine Frau alles, wenn sie die Scheidung verlangte, auch die Kinder. Eine Ehebrecherin, selbst wenn ihr Mann sich eine andere genommen hatte, wurde hingerichtet, bisweilen von der eigenen Familie. Alles im Leben der Frauen wurde von Männern bestimmt: Ob sie eine Schule besuchten, außer Haus arbeiteten, wen sie heirateten. Diese Gewohnheiten stützten sich nicht auf den Islam und waren auch nicht von den Taliban diktiert, doch wich man in Afghanistan nicht davon ab. Es waren uralte Stammessitten.
»Es betrifft nicht nur die Frauen«, sagte Achmed. »Ich muss meinem Vater gehorchen, auch wenn ich anderer Meinung bin. Sein Wort ist endgültig. Das ist eine Frage des Respekts und der Ehre.«
Ja, wahrhaftig, dachte Captain Jack. Und jedem, der versucht, aus dieser eingefleischten Denkweise auszubrechen, kann ich nur viel Erfolg wünschen. Er stand auf. »Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, bis die Vorausgruppe eintrifft.«
»Wir schaffen es«, beteuerte Achmed, »und wenn wir vierundzwanzig Stunden am Tag arbeiten müssen.«
»Vergiss nicht, dass ihr am College studiert.«
»Nur nebenher.«
»Brennan, Pennsylvania«, sagte der andere Afghane. »Ich dachte, nur Despoten benennen Ortschaften nach sich selbst.«
Captain Jack schmunzelte. »Nicht Brennan hat den Ort so benannt, sondern die Einwohner. Hier herrscht Demokratie.«
»Ist Brennan deshalb kein Diktator?«, meinte der Afghane.
Das Schmunzeln wich aus Captain Jacks Miene. »Ist mir scheißegal. Hauptsache ihr vergesst nicht, dass wir nur diese eine Gelegenheit erhalten.«
Auf der anderen Straßenseite, im Mercy Hospital, eilte ein Unfallarzt mit einem Mitarbeiter der Klinikverwaltung über einen Flur. Der Arzt zählte erst seit kurzem zum Personal und galt als willkommene Verstärkung, denn die Klinik litt unter chronischer Personalknappheit. Auf dem Weg durch den Flur streifte sein Blick nervös einen bewaffneten Wachmann, der vor einer Tür auf Posten stand.
»Bewaffnete Wächter?«, fragte er. »Ist so etwas wirklich erforderlich?«
Der
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