Camel Club 01 - Die Wächter
rausgefunden, dass im Haus Heroin entdeckt wurde. Und dass Johnson auf Roosevelt Island das erste Date mit seiner Verlobten hatte. Man hat die Theorie aufgestellt, er hätte sich dort wegen der Symbolträchtigkeit des Ortes umgebracht, weil er wegen der anstehenden Hochzeit sein Doppelleben nicht mehr verkraften konnte.«
»Wie kannst du in einem Auto ins Internet gehen?«, rief Caleb.
»Ich benutze nur kabellose Computer«, antwortete Milton. »Ich brauche keine Steckdose. Weißt du, Caleb, du solltest dich echt mal von mir ins einundzwanzigste Jahrhundert versetzen lassen.«
»Ich benutze an meinem Arbeitsplatz sehr wohl einen Computer!«
»Ja, zur Textverarbeitung. Du hast keine private E-Mail-Adresse. Nicht mal eine in der Bibliothek.«
»Für meine Post bevorzuge ich Füllhalter, Schreibpapier und Briefmarken«, entgegnete Caleb entrüstet.
»Bist du sicher, dass du nicht von Feder und Pergament sprichst, Bruder Caleb?«, fragte Reuben mit einem Grinsen.
»Und im Unterschied zu den Neandertalern im Internet«, sagte Caleb empört, »schreibe ich vollständige Sätze und beachte die Interpunktion. Ist das ein Verbrechen?«
»Nicht, wenn man ’s richtig macht, Caleb«, sagte Stone. »Aber wir sollten die Diskussion auf das beschränken, was für unsere heutige Aktion bedeutsam ist.«
»Wisst ihr, ich hätte gedacht«, sagte Reuben, »man würde einen NIC-Mitarbeiter so gründlich überprüfen, dass man eine Verwicklung in Drogengeschäfte unmöglich übersehen kann.«
»Tja, vermutlich war er noch nicht dabei, als er beim NIC anfing, sondern ist erst später kriminell geworden«, meinte Milton. »Denkt an Aldrich Ames. Er hatte ’ne Riesenvilla und fuhr ’nen Jaguar, trotzdem ist der CIA nie in den Sinn gekommen, ihn zu fragen, wie er sich so was leisten kann.«
»Johnson hat aber wahrscheinlich keine Geheimnisse verscherbelt, sondern Drogen«, sagte Caleb. »Er bekam Krach mit seinen Komplizen, und sie haben ihn umgenietet. So viel steht anscheinend fest.«
»Haben diese beiden Gentlemen für dich wie Drogenhändler ausgesehen?«, fragte Stone.
»Da ich keine Drogenhändler kenne«, gestand Caleb, »bleibt es mir verwehrt, diese Frage zu beantworten.«
»Also, ich kenne ein paar«, sagte Reuben. »Und im Unterschied zu dem, was irgendwelche Heuchler sich einbilden, sind nicht alle junge schwarze Gang-Mitglieder, die Neunmillimeter-Knarren in den Schlapphosen haben.«
»Das habe ich auch gar nicht angedeutet. Aber berücksichtigen wir doch mal die Fakten. Die Täter haben Johnson an den Ort seines ersten Rendezvous befördert. Das bedeutet, sie haben sich umfassend über ihn informiert, es sei denn, er hatte die Angewohnheit, mit Komplizen über seine Amouren zu plaudern. Er ist in einem Schlauchboot mit Außenborder zu der Insel transportiert worden. Der Motor war so leise, dass wir ihn nicht hörten, bevor das Boot anlegte. Solche Technik benutzen Drogenhändler vielleicht in Südamerika, wo es viel mehr Wasserwege gibt. Aber hier, in der Hauptstadt?«
»Wer zum Teufel soll denn noch wissen, was für technisches Spielzeug heutzutage verwendet wird?«, wandte Reuben ein.
Stone missachtete die Zwischenbemerkung. »Darüber hinaus haben die beiden Mörder sich mit nachgerade militärischer Gründlichkeit auf der Insel umgesehen, und ihre Tötungsmethode stinkt regelrecht nach professionellen Killern. Obendrein kannten sie sich mit potenziell forensisch relevanten Spuren aus und haben dementsprechende Maßnahmen getroffen. Sie hatten sogar so viel Weitsicht, einen Plastikbeutel zu benutzen, um den Eindruck zu erwecken, Johnson hätte die Waffe darin trocken gehalten, als er zur Insel schwamm.«
»Schon richtig«, gestand Caleb. »Aber auch Drogenhändler wandern bekanntlich ungern in den Knast.«
Stone überhörte auch diese Bemerkung. »Und als sie sahen, dass es Augenzeugen ihres Verbrechens gab, zögerten sie nicht lange, sondern wollten uns sofort beseitigen. Das sind erfahrene Killer, aber ich bezweifle stark, dass sie Drogenhändler sind.«
Seine drei Freunde dachten über diese Argumentation nach. Erneut hob Stone das Fernglas an die Augen.
Eine Minute später brach Caleb das Schweigen. »Was macht Chastity denn so beruflich?«, fragte er Milton.
»Sie ist Buchhalterin. Früher war sie bei einem Großunternehmen angestellt, ist aber wegen ihrer Zwangsstörung gefeuert worden. Jetzt ist sie selbstständig. Sie hilft mir in meiner Webdesign-Firma. Ich kann schlecht mit Geld umgehen. Sie
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