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Camel Club 01 - Die Wächter

Titel: Camel Club 01 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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Form des islamischen Rechts, die Scharia. Ihre enge Auslegung schrieb Frauen vor, jederzeit vollständig verhüllt zu sein, verwehrte ihnen das Wahlrecht und untersagte ihnen sogar, ohne schriftliche Erlaubnis des Ehemanns das Haus zu verlassen. Auf die Befolgung der Gesetze achtete mit aller Genauigkeit und Unnachgiebigkeit die Peitschen tragende Religionspolizei.
    Bestrafungen erfolgten auf dem im Volksmund so genannten »Hackplatz«, dem Hauptplatz in Riads Innenstadt. Dort bestrafte man jeden Freitag in aller Öffentlichkeit die Personen, die gegen die Scharia verstoßen hatten. Einmal war Djamila dort gewesen und hatte voller Entsetzen gesehen, wie man fünf Personen beide Hände und zwei Menschen den Kopf abschlug. Eine mildere Strafe war die Fallaga, das Prügeln der Fußsohlen auf eine Weise, die keine Striemen hinterließ, jedoch so starke Beschwerden verursachte, dass der Betroffene in der Regel längere Zeit nicht gehen konnte.
    Was diese Dinge betraf, hatte die Welt meist weggeschaut, seit König Ibn Saud – der Herrscher, von dem der Name des Landes stammte – Geologen ins Land geholt hatte, die Wasser suchen sollten, stattdessen aber auf Erdöl stießen, mehr als ein Viertel der Weltreserven: ein Rohstoffvorrat, nach dem die industrialisierte Welt regelrecht gierte.
    Doch Djamila hatte Lori nicht in jeder Hinsicht belogen. Da sie in Bagdad lebte und – wie Saddam Hussein – der sunnitischen Volksgruppe angehörte, hatte sie Kleider ihrer Wahl getragen und eine gute Ausbildung genossen. Dennoch hatte sie das Leben unter dem irakischen Diktator verabscheut. Sie hatte Freunde und Verwandte verloren, die einfach »verschwunden« waren, weil sie gegen den Despoten das Wort erhoben hatten. Während der amerikanischen Invasion des Iraks hatte sie inständig Saddams Sturz erhofft, und ihre Hoffnung hatte sich erfüllt. Anfangs hatten Djamila und ihre Familie die Amerikaner und ihre Verbündeten als Helden willkommen geheißen, die ihnen die Freiheit gaben. Danach aber hatte sich alles schnell geändert.
    Eines Tages kam Djamila vom Markt zurück und fand das Haus ihrer Familie nach einem fehlgeleiteten Luftangriff zerbombt vor. Sämtliche Familienangehörige, darunter ihre beiden jüngeren Brüder, waren tot. Nach dieser Tragödie wohnte Djamila eine Zeit lang bei Verwandten in Mosul. Doch während der nachfolgenden Aufstände gegen die amerikanische Präsenz im Irak kamen auch diese Angehörigen bei einem Autobombenanschlag ums Leben.
    Anschließend reiste Djamila nach Tikrit und hielt sich dort bei einem entfernten Verwandten auf, doch wieder zwang der Krieg sie zur Flucht. Von da an war sie heimatlos gewesen und zählte zu der wachsenden Zahl von Menschen, die praktisch als Nomaden lebten und ständig zwischen allen Fronten umherirrten. Dabei war sie einem Mann begegnet, der die Amerikaner als Imperialisten bezeichnete, die es auf nichts anderes als das kostbare Erdöl abgesehen hätten. Alle Moslems, sagte er, hätten die Pflicht, gegen die Feinde des Islam zurückzuschlagen.
    Wie die meisten Moslems hatte auch Djamila bis dahin nur den Großen Dschihad praktiziert, das innere Ringen mit sich selbst, um ein besserer Anhänger des Islam zu werden. Der Mann aber hatte offenkundig vom Kleinen Dschihad gesprochen, dem Heiligen Krieg, der seine Ursprünge im Islam des siebten Jahrhunderts hatte. Zuerst tat Djamila den Mann und seine Gefolgsleute als geistlose Rabauken ab, doch je trostloser ihre Situation wurde, umso häufiger schenkte sie ihm und seinesgleichen Gehör. Was sie predigten, passte zu den Schrecknissen, die Djamila selbst erlebt hatte, und ergab für die junge Frau, die alles verloren hatte, allmählich einen Sinn. Mit der Zeit verwandelten sich ihr Schmerz und ihre Hoffnungslosigkeit in Zorn.
    Bald darauf befand Djamila sich in Pakistan, dann in Afghanistan zur Ausbildung. Nach Monaten harten Trainings wurde sie mit Dutzenden anderer – alle mit gefälschten Ausweisen und voller glühendem Ehrgeiz, an dem Feind Vergeltung zu üben, der ihr Leben ruiniert hatte – nach Amerika gebracht. Djamila hatte gelernt, dass der westliche Lebensstil und die westlichen Werte in unvereinbarem Gegensatz zum moslemischen Glauben standen und im Kern nichts als die gänzliche Vernichtung des Islam zum Ziel hatten. Wie hätte sie anders handeln können, als gegen solch ein Ungeheuer den Kampf aufzunehmen?
    Ihre ersten Wochen in Amerika waren von Monotonie auf der einen Seite und neuen, aufschlussreichen

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