Camel Club 01 - Die Wächter
Acht ließ.
Umwerfende Neuigkeiten füllten die ersten Seiten der Zeitung: Die Aktien waren – wie erstaunlich! – gestern gestiegen, nachdem sie vorgestern gesunken waren. Football wurde ausgiebig diskutiert; von »Krieg auf dem Spielfeld« war die Rede, jedenfalls aus dem Mund von Figuren, die keinen wirklichen Krieg kannten. Außerdem musste Captain Jack zur Kenntnis nehmen, dass ein Filmstar – wie schockierend – seine Frau eines anderen Filmstars wegen hatte sitzen lassen. Und dass man einen Rockmusiker dabei ertappt hatte, bei einem Livekonzert von der Konserve zu singen. Und dass eine Autobombe in dem nie endenden Nahost-Konflikt drei Israelis getötet hatte. Israelische Regierungssprecher drohten rasche Vergeltung an. Captain Jack glaubte ihnen aufs Wort. Mit den Israelis legte man sich besser nicht an. Captain Jack war ein tapferer Mann, der die Narben vieler Gefechte trug. Doch selbst er vermied es, die Israelis frontal herauszufordern.
Auf den hinteren Seiten der Zeitung las Captain Jack, dass Aids in Afrika noch immer Millionen Menschen das Leben kostete. Ein anderer Artikel besagte, dass Bürgerkriege auf demselben Kontinent weitere Millionen in den Tod stürzten. Die halbe Welt, konstatierte ein dritter Bericht, lebte in tiefer Armut. Täglich starben Tausende von Kindern, weil sie nichts im Bauch hatten.
Captain Jack legte die Zeitung zur Seite. Ein großer Moralist war er nicht; er hatte selbst schon viele Menschen umgebracht. Sollte es Himmel und Hölle geben, stand fest, wo er im Jenseits seinen Platz fand.
Zuerst hörte er die Kinder, blickte aber nicht in ihre Richtung. Als Nächstes lauschte er auf die Geräusche einer Schaukel; dann drehte sich quietschend ein Karussell. Jack lächelte über das vergnügte Kreischen der Kleinen.
Schließlich wurde das Lärmen der Kinder leiser. Minuten verstrichen; dann hörte Captain Jack, wie jemand Fahrzeugtüren öffnete und schloss. Danach näherten sich Schritte, gemessen und ruhig. Dann knarrte Holz, als die Person auf einer zweiten Parkbank direkt hinter ihm Platz nahm. Unverzüglich hob Jack die Zeitung wieder vors Gesicht.
»Ich kann mir vorstellen, dass die Steelers es dieses Jahr an die Spitze schaffen«, sagte Captain Jack.
»Nein, ich setze auf die Patriots«, lautete die Antwort.
»Bestimmt?«
»Ganz bestimmt. Hätte ich Zweifel, würde ich es nicht sagen.«
Nachdem durch diesen Code die gegenseitige Identifizierung erfolgt war, kam Captain Jack zur Sache.
»Geht bei den Franklins alles gut?«
»Ja, sehr gut«, bestätigte Djamila.
»Alles Routine, keine Schwierigkeiten?«
»Ihr Leben ist einfach. Er arbeitet ständig, und sie hurt dauernd herum.«
Captain Jack hörte eine gewisse Schärfe aus ihren Worten. »Glauben Sie?«
»Ich weiß es.« Djamila verstummte. »Amerikaner ekeln mich an«, fügte sie dann hinzu.
»Tatsächlich?«
»Sie sind Schweine. Sie sind allesamt schlecht.«
Captain Jack sagte etwas auf Arabisch, und Djamila erstarrte. »Hören Sie zu«, sagte er dann mit Nachdruck. »Manche Amerikaner sind schlecht, und manche Moslems sind schlecht. Doch wie überall sonst will die Mehrheit nichts anderes als in Frieden leben und ein bisschen Glück genießen, ein Zuhause und eine Familie, zu Gott beten und in Würde sterben.«
»Sie verwüsten meine Heimat. Sie behaupten, der Irak wäre mit Al Kaida und den Taliban im Bunde gewesen. Das ist Irrsinn. Hussein und bin Laden waren Todfeinde, das ist allgemein bekannt. Und fünfzehn der neunzehn Attentäter des elften September waren Saudis. Trotzdem sehe ich keine amerikanischen Panzer durch die Straßen von Riad rollen, nur in Bagdad.«
»Wo die Amerikaner einen Mann gestürzt haben, der früher von ihnen gestützt wurde, ich weiß. Aber den Irakis gehört in Amerika nichts, den Saudis jedoch eine ganze Menge. Außerdem machen alle so genannten großen Zivilisationen andere Nationen platt, die ihnen in die Quere kommen. Fragen Sie die amerikanischen Indianer. Und wollen Sie etwas über Grausamkeiten von Moslems an Moslems hören, dann fragen Sie die Kurden.« Captain Jacks Stimme klang ruhig, aber fest. »Ihre Wut, die Sie als Leidenschaft missverstehen, könnte alles zum Scheitern bringen, woran wir arbeiten. Sie brauchen keinen Hass, sondern Konzentration. Hass verleitet zu Dummheiten. Ich toleriere kein irrationales Denken, haben Sie kapiert?«
Djamila schwieg.
»Haben Sie verstanden?«
»Ja«, sagte Djamila.
»Der Plan wurde geändert. Ich möchte, dass Sie
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