Camel Club 01 - Die Wächter
und einer Tüte Zucker bemerkt, selbst wenn wir sie es mit Löffeln futtern ließen.«
»Okay, okay.« Jackie verschränkte die Arme auf der Brust. »Wohin fahren wir eigentlich?«
»Erinnern Sie sich an die beiden Burschen, denen wir auf Roosevelt Island begegnet sind, Reinke und Peters? Ich habe sie angerufen. Sie haben die Handschriftanalyse abgeschlossen. Deshalb dachte ich mir, wir statten ihnen einen Besuch ab, lassen uns über das Ergebnis informieren und den Abschiedsbrief zurückgeben. Und bei der Gelegenheit schnüffeln wir ein wenig bei ihnen herum.«
»Herumschnüffeln?«, rief Jackie. »Wenn der Präsident das NIC besucht, darf der Secret Service nicht mal ihn in bestimmte Etagen des Gebäudes begleiten, weil die Agenten keine ausreichende Sicherheitseinstufung haben.«
»Ich weiß«, sagte Alex. »Und ich fühle mich davon ganz schön angepisst.«
»Was glauben Sie denn in Erfahrung bringen zu können?«
»Im Rahmen unserer Ermittlungen müssen wir herausfinden, was Johnson im NIC getan hat.«
»Was ist bloß aus dem Alex Ford geworden, der sich nicht die letzten drei Dienstjahre versauen wollte?«
Vor einem Rotlicht hielt Alex den Wagen und musterte Jackie erneut von der Seite. »Wenn ich Schiss hätte, in die Bredouille zu geraten, sollte ich meine Dienstmarke lieber sofort abgeben. Da ich dazu aber nicht bereit bin…«
»Und diese wundervolle patriotische Hochstimmung hat Sie vorhin plötzlich gepackt?«
»Ein alter Bekannter hat mich gestern Abend daran erinnert, dass es so etwas gibt.« Die Ampel sprang auf Grün, und Alex fuhr an. Mit einem Mal fiel ihm etwas auf, weil Jackie ihre Jacke aufgeknöpft hatte. »Das ist ’ne SIG.«
Sie vermied es, ihn anzuschauen. »Die andere Knarre war mir ein bisschen zu schwer.« Nun sah Alex auch, dass sie nicht mehr das augenfällige rote Tuch in der Brusttasche trug. Sie fuhren auf der Route 7 durch das westliche Fairfax County, als Jackie erneut das Wort ergriff. »Gestern habe ich mit meinem Vater zu Abend gegessen.«
»Mit dem ehrenwerten Senator? Wie war’s?«
»Er ist ein lehrreicher Umgang«, gab Jackie missmutig zur Antwort.
Alex war klug genug, keinen Kommentar abzugeben.
Als sie zum schwer bewachten Haupteingang des NIC-Standorts einbogen, betrachtete Alex den ausgedehnten Gebäudekomplex vor ihnen mit geradezu ehrfürchtigem Blick.
»Was hat das NIC eigentlich für einen Etat?«
»Ist geheim«, sagte Jackie, »genau wie unserer.«
Die Sicherheitsüberprüfung nahm fast eine Stunde in Anspruch, und selbst danach mussten sie trotz aller Proteste ihre Waffen abgeben. Anschließend wurden sie von zwei bewaffneten Wächtern und einem zudringlichen Dobermann, der wiederholt an Alex’ Hosenbein schnupperte, durch die Korridore eskortiert.
»Wir wollen doch nicht vergessen, mein Freund, dass wir auf derselben Seite stehen«, meinte Alex scherzhaft zu dem Hund.
Die Wachleute verzogen keine Miene.
Sie führten die beiden Secret-Service-Agenten in ein kleines Zimmer und sagten ihnen, dass sie warten sollten. Und sie warteten. Und warteten.
»Bilde ich es mir bloß ein, oder sind wir hier in ein fremdes Land geraten?«, fragte Alex mürrisch, knüllte ein Stück Papier zu einer Kugel zusammen und verfehlte trotz dreimaligen Zielens den Papierkorb.
» Sie wollten hier vorsprechen«, sagte Jackie. »Ich hab den Schreibtisch voller Vorgänge, die ich bearbeiten und damit meine Karriere fördern könnte.«
Bevor Alex etwas entgegnen konnte, schwang die Tür auf, und Tyler Reinke trat ein, gefolgt von Warren Peters.
»Lange nicht gesehen«, sagte Alex und schaute demonstrativ auf die Armbanduhr. »Ich bin froh, dass Sie doch noch den Weg gefunden haben.«
»Tut uns leid, dass Sie warten mussten«, sagte Reinke. Er zückte ein Blatt Papier, und zu viert setzten sie sich an den kleinen Tisch in der Mitte des Zimmers. »Die Schrift auf dem Abschiedsbrief stammt von Johnson«, erklärte Reinke. »Es gibt keinen Zweifel.« Er schob das Untersuchungsergebnis den Secret-Service-Agenten zu, damit sie es sich ansehen konnten.
»Also keine Überraschung«, sagte Alex. »Wo ist der Abschiedsbrief?«
»Noch im Labor.«
»Aha.« Alex wartete, doch die beiden Männer wahrten ihr Schweigen. »Ich muss den Brief wiederhaben.«
»Na klar doch«, sagte Peters.
»Kann noch ein bisschen dauern«, kündigte Reinke an.
»Das hatte ich gehofft. Dann können wir ja die Gelegenheit nutzen, uns in Johnsons Büro umzuschauen und mit einigen seiner Kollegen zu
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