Camel Club 02 - Die Sammler
Versprechen abgelegt hatte. »Ihr Name«, sagte er dann, »ist Annabelle Conroy.«
»Eine Verwandte von Paddy Conroy?«, fragte Freddy erstaunt. »Von dem hab ich natürlich schon gehört. Sie ist eine Verwandte, ja?«
Leo nickte. »Seine Tochter«, erklärte er mit unverändert leiser Stimme. »Die meisten Leute haben nie erfahren, dass Paddy ein Kind hatte. Das war ein wohlgehütetes Geheimnis. Gelegentlich hat er Annabelle als seine Frau ausgegeben. Ziemlich abgedreht, aber so war Paddy nun mal.«
»Ich hatte nie das Vergnügen, mit ihm zusammenarbeiten zu dürfen«, gestand Freddy.
»Aber ich. Der alte Paddy Conroy war einer der größten Mega-Abzocker seiner Generation. Aber er war auch eines der größten Arschlöcher.« Leo schielte zur Tür, durch die Annabelle und Tony das Zimmer verlassen hatten, und senkte die Stimme noch weiter. »Hast du die Narbe unter ihrem rechten Auge gesehen? Tja, die stammt von ihrem Alten. Sie hat die Hucke voll gekriegt, weil sie ’ne krumme Tour vermasselt hat, als die beiden in einem Kasino in Las Vegas beim Roulette abzocken wollten. Sie war damals fünfzehn, sah aber aus wie einundzwanzig. Die Schlappe im Kasino hat den Alten drei Riesen gekostet. Annabelle hat sich ’ne schlimme Tracht Prügel eingehandelt. Und das war nicht das einzige Mal, das kann ich dir flüstern.«
»Au Mann«, sagte Freddy. »Der Alte hat seine eigene Tochter verbimst?«
Leo nickte. »Sie spricht nie über diese Geschichten. Ich weiß es aus anderer Quelle.«
»Du hast also damals mit denen zusammengearbeitet?«
»Ja, mit Paddy und seiner Frau Tammy. Sie hatten früher ’ne Menge am Laufen. Paddy hat mir das Hütchenspiel beigebracht. Aber Annabelle ist eine bessere Abzockerin, als ihr Alter es je gewesen ist.«
»Echt?«, fragte Freddy.
»Ja. Weil sie eine lügend hat, die Paddy völlig abging: Redlichkeit. Die hat sie von ihrer Mutter geerbt. Tammy Conroy war eine rechtschaffene Haut … jedenfalls für ’ne Abzockerin.«
»Redlichkeit?«, wiederholte Freddy. »Das klingt aber komisch bei jemandem wie unsereins.«
»Paddy hat seine Leute immer im Griff gehalten, indem er ihnen Angst machte«, sagte Leo. »Seine Tochter schafft das durch Schwung und Tüchtigkeit. Und sie legt nie jemanden rein, mit dem sie arbeitet. Paddy dagegen hat manchmal sein ganzes Team geleimt … so oft, dass ich es gar nicht mehr zählen kann. Darum musste er schließlich allein auf Abzocke gehen. Niemand wollte mehr mit ihm zu tun haben. Wenn die Gerüchte stimmen, hat ihn am Ende sogar Tammy sitzen lassen.«
Freddy schwieg eine Zeit lang, ließ allem Anschein nach die neuen Informationen auf sich einwirken. »Weißt du eigentlich was Neues über das ganz große Ding?«, fragte er dann.
Leo schüttelte den Kopf. »Annabelle schmeißt den Laden. Ich bin nur der Laufbursche.«
Während Freddy und Leo die Küche aufsuchten, lugte Tony durch die zweite Tür ins Zimmer. Er hatte sein Notizbuch vergessen und auf dem Rückweg das gesamte Gespräch belauscht. Nun schmunzelte er. Tony wusste gern Dinge, von denen die Leute glaubten, er wüsste sie nicht.
KAPITEL 9
KAPITEL 9
Der Coup brachte 910000 Dollar ein, weil Tony an einem Geldautomaten plötzlich die Gier überkommen hatte. »Was soll dem Penner denn schon passieren?«, murrte er. »Muss er jetzt seine Rolls-Royce-Sammlung verscherbeln, oder was?«
»Tu so etwas nicht noch einmal«, warnte Annabelle ihn streng, als sie beim Frühstück in einer anderen Mietimmobilie saßen, die vom ersten Unterschlupf – wo sie für den Fall, dass die Polizei dort aufkreuzte, gründlich Hausputz gemacht hatten – nur zehn Kilometer entfernt lag. Alle zum Plündern der dreißig Konten benutzten Hertz-Mietwagen waren zurückgegeben worden. Die Verkleidung war in diverse Kleidercontainer überall in der Stadt verteilt worden. Das erbeutete Geld befand sich in vier verschiedenen, von Annabelle angemieteten Bankschließfächern. Die Videoaufnahmen sowie die Computerdateien waren gelöscht, die Notizbücher verbrannt.
»Was machen zehn Riesen zusätzlich denn schon aus?«, widersprach Tony. »Mann, wir hätten viel mehr einsacken können.«
Annabelle setzte ihm einen steifen Finger auf die Brust. »Es geht nicht ums Geld. Wenn ich einen Plan ausarbeite, richtest du dich danach. Sonst bist du nicht vertrauenswürdig. Und wenn du nicht vertrauenswürdig bist, gehörst du nicht in mein Team. Lass es ja nicht so weit kommen, dass ich bereuen muss, dich ausgeguckt
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