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Camel Club 02 - Die Sammler

Titel: Camel Club 02 - Die Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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hielten sie vielleicht für einen Promi. Die Ironie war, dass Annabelle nie nach Ruhm gestrebt hatte. Ihr ganzes bisheriges Leben lang hatte sie sich in den geruhsameren Schatten der Anonymität gehalten, in der eine begabte Abzockerin ihr gewerbliches Standbein haben konnte.
    Sie kaufte bei einem Straßenhändler eine weiche Brezel und nahm sie mit ins Hotelzimmer, hockte sich aufs Bett und sah ihre Reiseunterlagen durch. Leo und sie hatten sich am Flughafen in Newark getrennt. Freddy befand sich bereits auf dem Weg außer Landes. Annabelle hatte keinen von beiden gefragt, wohin er sich absetzte. Sie wollte es gar nicht wissen.
    Nach der Ankunft in New York hatte sie mit Tony Kontakt aufgenommen. Wie versprochen hatte Annabelle einen Flug nach Paris für ihn gebucht. Von da an musste er auf eigenen Füßen stehen, aber er hatte seine Tickets, erstklassige falsche Papiere sowie mehrere Millionen auf einem ihm zugänglichen Konto. »Selbst wenn Bagger dich nie gesehen hat«, hatte sie ihn ein letztes Mal gewarnt, »dürfte ihm klar sein, dass ich einen sehr fähigen Computerfachmann als Komplizen gehabt haben muss, und du stehst in dem Ruf, einer zu sein. Also halte dich mindestens ein Jahr lang bedeckt, auch wenn du im Ausland bist. Und wirf nicht mit dem Geld um dich. Such dir ein bescheidenes Zuhause, leb dich ein, lerne die Landessprache und bleib unauffällig.«
    Tony hatte nochmals versprochen, ihren Rat zu befolgen. »Ich ruf dich an und sag dir, wo ich gelandet bin.«
    »Nein, wirst du nicht«, hatte sie erwidert.
    Bis die Rücküberweisung von Baggers Geld fällig wurde und er entdeckte, dass man ihn über den Tisch gezogen hatte, blieben noch drei Tage. Annabelle hätte die Hälfte der Beute dafür geopfert, sehen zu können, wie er reagierte. Wahrscheinlich legte er zuerst seine sämtlichen IT-Experten und Finanzbuchhalter um, rannte dann durchs Kasino und erschoss an den Spielautomaten reihenweise Edelrentner und andere Senioren. Vielleicht flog man aus New Jersey ein SWAT-Team ein und tat der Welt den Gefallen, dem Schweinehund den Gnadenschuss zu verpassen. Eine wenig realistische Aussicht, musste Annabelle bekennen, aber man durfte ja träumen.
    Ihr Fluchtweg sollte sie durch Osteuropa und Asien führen. Dafür hatte sie ungefähr ein Jahr veranschlagt. Ihr endgültiges Ziel lag im Südpazifik, eine kleine Insel, auf die sie vor Jahren aufmerksam geworden war, die sie jedoch aus Sorge, beim zweiten Besuch könnte der paradiesische Charakter des Eilands weniger vollkommen wirken, nicht mehr aufgesucht hatte. Inzwischen war sie dazu bereit, sich mit einem unvollkommenen Paradies zufriedenzugeben.
    Ihr Beuteanteil ruhte derzeit auf einer Anzahl ausländischer Konten. Für den Rest ihres Lebens konnte sie mit Investitionen und Zinsen auskommen, vielleicht gelegentlich ans Eingemachte gehen. Möglicherweise kaufte sie wirklich eine Jacht – allerdings eine kleine –, aber steuerte sie selbst. Nicht um die Welt; regelmäßige Ausflüge rings um eine tropische Bucht würden ihr genügen.
    Sie hatte überlegt, Bagger eine höhnische Mitteilung zu schicken, kam jedoch zu der Einsicht, ein so billiges Verhalten wäre ihrer und dieser großartigen Abzocke unwürdig. Sollte er ruhig bis zum letzten Atemzug auf Vermutungen angewiesen sein. Paddy Conroys Tochter konnte auf seiner Verdächtigenliste schwerlich einen vorderen Platz einnehmen, weil Bagger bestimmt nicht wusste, dass Paddy ein Kind hatte. Annabelles Beziehung zu ihrem Vater war von einzigartigen Umständen bestimmt gewesen, und er hatte sie in der Halbwelt nie als sein Kind zu erkennen gegeben. Nur Leo und ein paar andere, mit denen Paddy zusammengearbeitet hatte, waren schließlich der Wahrheit auf die Schliche gekommen.
    Aber diesmal war ihr Bild im Kasino Pompeji von zahlreichen Kameras aufgezeichnet worden. Und sie wusste, dass Bagger Standbilder in der gesamten Halb- und Unterwelt herumzeigen, Leute bezahlen oder foltern würde, um einen Namen zu erfahren. Von mir aus soll er kommen, sagte sie sich. Mich kaltzumachen dürfte ihm schwerer fallen, als er sich einbildet. Es kam in einer Auseinandersetzung nicht auf die Kraft des Angreifers an, sondern auf die Vehemenz, mit der ein Angegriffener sich wehrte. Ironischerweise war es nicht Annabelles Vater gewesen, der ihr das erklärt hatte, sondern ihre Mutter.
    Tammy Conroy war trotz ihrer halbseidenen Herkunft eine anständige Frau und Paddy ein über die Maßen geduldiger Ehemann gewesen. Tammy

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