Camel Club 02 - Die Sammler
ruhiger Stimme, »wir müssen es wagen.«
»Ich weiß. Ich weiß.« Caleb stöhnte. »Gönnt mir wenigstens die Genugtuung, so zu tun, als würde ich mich dagegen aufbäumen.«
Annabelle legte ihm eine Hand auf die Schulter und lächelte. »Caleb, Sie erinnern mich an jemanden, den ich kenne. Sein Name ist Leo. Er winselt und wimmert gern und benimmt sich wie ein Waschlappen, aber zu guter Letzt kommt er immer durch.«
»Am besten, ich fasse das als Kompliment auf«, gab Caleb mürrisch zur Antwort.
Stone räusperte sich und schlug eine der Kladden auf, die er mitgebracht hatte. »Ich glaube, ich habe wenigstens zum Teil durchschaut, womit wir es zu tun haben.« Alle richteten die Aufmerksamkeit auf ihn. Ehe er weitersprach, schaltete er sein Kofferradio ein. Klassische Musik erfüllte das Zimmer. »Nur für den Fall, dass mein Häuschen Wanzen hat«, sagte er, räusperte sich nochmals und erzählte von seinem Ausflug zu Bradleys niedergebranntem Wohnsitz. »Der Mann wurde umgebracht, sein Haus gesprengt. Zuerst dachte ich, Letzteres wäre geschehen, um diese Terroristengeschichte zu stützen. Inzwischen glaube ich, es könnte einen anderen Grund gegeben haben. Nämlich den, dass Bob Bradley trotz seiner Reputation, ein ehrbarer Mann zu sein, korrupt gewesen ist. Und die Explosion hat die Beweise für seine Bestechlichkeit vernichtet.«
»Ausgeschlossen«, wandte Caleb ein. »Sein Vorgänger war ein Lump, nicht Bradley. Der ist die Leiter so hoch raufbefördert worden, um den Stall auszumisten.«
Stone schüttelte den Kopf. »Nach meinen Erfahrungen wird man nicht Sprecher des Abgeordnetenhauses, indem man sich für die Bekämpfung der Korruption einsetzt. In so ein Amt steigt man auf, indem man im Lauf der Jahre Verbündete gewinnt und sich starken Rückhalt verschafft. Trotzdem war Bradleys Aufstieg von ungewöhnlichen Umständen begleitet. Wäre nicht der Fraktionschef der Mehrheit zusammen mit dem früheren Sprecher gestürzt worden, hätte Bradley das Amt nicht erhalten. Die parteiinterne Politik hätte es nicht zugelassen. Aber die Parteiführung stand dermaßen schmählich da, dass man Bradley heranzog wie im Western einen fremden Sheriff, damit er in der Stadt aufräumt. Aber von dieser Art der Korruption rede ich nicht. Bradleys Rolle als Sprecher des Abgeordnetenhauses lenkt von dem zweiten wichtigen Amt ab, das er innehatte, nämlich dem des Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses. In dieser Eigenschaft muss Bradley über sämtliche verdeckten Aktionen aller amerikanischen Geheimdienste eingeweiht worden sein, einschließlich CIA, NSA und Pentagon-Dienststellen. Er und seine Mitarbeiter müssen Einblick in geheime und ultrageheime Dokumente gehabt haben, deren Kenntnis für unsere Feinde größten Wert hätte.« Stone blätterte in der Kladde. »In den letzten paar Jahren wurde bei amerikanischen Nachrichtendiensten etliche Male Spionage betrieben, die in einigen Fällen den Tod von Undercoveragenten zur Folge hatte. Erst vor kurzem waren es gleich vier Personen, die man in der Presse als Angehörige des Außenministeriums bezeichnet hat. Und wie Reuben von einem seiner Informanten erfahren hat, soll es noch weit schlimmer stehen, als ich es hier darstellen kann.«
»Du behauptest also«, sagte Milton, »Bradley wäre ein Spion gewesen?«
»Ich behaupte, die Möglichkeit ist nicht auszuschließen.«
»Aber wenn Bradley mit Amerikas Feinden zusammengearbeitet hat«, gab Caleb zu bedenken, »warum hätten sie ihn umbringen sollen?«
»Es gibt zwei mögliche Erklärungen«, antwortete Stone. »Erstens, er könnte mehr Geld für seine Verräterei gefordert haben, und sie haben beschlossen, ihn zu beseitigen. Zweitens …«
»Oder wir haben ihn liquidiert«, sagte Annabelle.
Stone sah sie an und nickte knapp. Die anderen Anwesenden wirkten betroffen.
»Wir?«, rief Caleb. »Soll das heißen, unsere Regierung?«
»Warum sollte sie ihn töten?«, fragte Milton. »Hätte man ihn nicht vor Gericht stellen können?«
»Ja, aber dann wäre alles an die Öffentlichkeit gelangt«, sagte Stone.
»Und CIA und Pentagon möchten vielleicht nicht, dass die Leute es erfahren, wenn die Gegenseite sie geschlagen hat«, meinte Reuben.
»Außerdem ist die CIA nicht unbedingt für Nachsicht bekannt«, sagte Stone. »Gut möglich, dass nicht mal ein Sprecher des Abgeordnetenhauses gegen ihre Vergeltung gefeit ist.«
»Aber wenn unsere eigene Regierung dahintersteckt, Oliver«, fragte Milton, »wer waren dann die
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