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Camp Concentration

Camp Concentration

Titel: Camp Concentration Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas M. Disch
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Kerkermeister, denken Sie bitte daran, daß Sie eine Geschichte haben wollten und daß ich sie nur schrieb, um meiner Behauptung, Skilliman sei ein schlechter Mensch, größeren Nachdruck zu verleihen. Er ist der schlechteste, der mir je begegnet ist. Er sucht den Gral von Armageddon. Ein Mensch von solcher Lieblosigkeit müßte in den allertiefsten Kreis von Dantes Inferno verbannt werden, jenseits des flammenden Flusses, tiefer als die Selbstmörder, tiefer als die Zauberer, hinab zu den Verrätern.

    30.
    Haast hat mich besucht. Irgend etwas scheint ihn zu bedrücken. Oft hält er mitten in einer seiner Platitüden inne und starrt in die plötzliche Stille, als fühlte er sich durch sie ausweglos eingeschlossen. Was ist mit ihm los? Fühlt er sich schuldig? Nein, solche Empfindungen liegen H. H. noch immer fern. Vielleicht hat er nur Magenkrämpfe.
    (Dabei fällt mir ein, daß Eichmann einmal gesagt haben soll: »Mein Leben lang habe ich mich vor etwas gefürchtet, aber ich weiß nicht, wovor.«)
    Ich habe ihn scherzhaft gefragt, ob er sich vielleicht auch freiwillig mit Pallidin infiziert habe. Obwohl er versuchte, mir ebenso scherzhaft zu antworten, habe ich bemerkt, daß er mir die Frage übel nahm. Kurz danach fragte er: »Wieso? Komme ich Ihnen klüger vor als früher?«
    »Etwas schon. Möchten Sie nicht gern klüger sein?«
    »Nein, bestimmt nicht!«

    31.
    H. H. hat mir endlich gesagt, warum Aimée Busk nicht mehr im Lager A. arbeitet. Er hat sie nicht entlassen, sondern sie ist davongelaufen!
    »Ich kann einfach nicht verstehen, warum sie das getan hat«, jammerte er. »Als sie damals erfuhr, daß man sie für die Arbeit hier ausgewählt hatte, war sie begeistert. Ihr Gehalt wurde verdoppelt, und Wohnung und Essen kosteten sie nichts!«
    Ich wies darauf hin, daß das Leben in einem Gefängnis für die Aufseher ebenso bedrückend sein kann wie für die Gefangenen, aber Haast ließ sich nicht überzeugen.
    »Sie hätte jederzeit nach Denver fahren können, aber sie hat’s nie getan. Sie hat ihre Arbeit geliebt. Und deshalb kann ich einfach nicht verstehen, warum sie sie aufgegeben hat.«
    »Sie hat sie wahrscheinlich nicht ganz so geliebt, wie Sie annehmen.«
    Haast seufzte. »Die Sicherheitsbestimmungen! Wir haben uns so bemüht, das Lager abzuschirmen, und jetzt passiert uns das ! Weiß Gott, was sie vorhat! Vielleicht verkauft sie Informationen an China! Sind Sie sich klar darüber, was diese Hundesöhne mit dem Pallidin anstellen würden? Die sind doch völlig skrupellos! Die schrecken vor nichts zurück!«
    »Sie haben doch sicher versucht, Dr. Busk zu finden?«
    »Wir haben alles versucht. FBI, CIA. Bei der Polizei aller Bundesstaaten liegt die Personenbeschreibung vor. Und in allen großen Städten hat man private Detektivagenturen auf sie gehetzt.«
    »Sie könnten Ihr Foto an Zeitungen und Fernsehstationen schicken.«
    Haast lachte nur. Fast hysterisch.
    »Also noch nicht die geringste Spur von ihr?«
    »Absolut nichts! In dreieinhalb Monaten - nichts! Ich kann vor lauter Aufregung nicht mehr schlafen. Sind Sie sich klar darüber, daß diese Person das Projekt vernichten kann?«
    »Wenn sie das in dreieinhalb Monaten nicht getan hat, besteht immerhin die Möglichkeit, daß sie es auch in Zukunft nicht tun wird. An eine ähnliche Hoffnung hat sich seinerzeit sicher auch Damokles geklammert.«
    »Wer?«
    »Ein alter Grieche.«
    Er verabschiedete sich mit einem vorwurfsvollen Blick, weil ich ihm einen griechischen Namen an den Kopf geworfen hatte. Was soll man inmitten einer Welt von Sorgen mit alten Griechen anfangen?
    Wie verwundbar die Leute sind, die über diese Welt von Sorgen herrschen! Ich erinnere mich an das traurige Hundegesicht des alten Eisenhower und an die Empfindlichkeit Johnsons, dieser von Anfang an unglücklichen Figur.
    Ich bin heute wirklich in einer seltsamen Stimmung! Wenn ich so weitermache, werde ich auch noch König Charles bemitleiden. Und warum eigentlich nicht?

    32.
    Jetzt flimmern die Wände wirklich!
    Und mein Atem ist kurz.
    In einem solchen Zustand weiß ich nicht, ob sich die Genialität oder die Krankheit meiner bemächtigt hat.
    Unentrinnbares Walten des Unsichtbaren!

    33.
    Es geht wieder aufwärts, oder sollte ich sagen abwärts ?
    Seit einigen Tagen plane ich, eine kleine Aktualitäten-Sammlung zu gründen, im Stil von Ripley. Während meines letzten Aufenthalts in der Krankenstation habe ich einen Heißhunger nach Zeitungen entwickelt. Ich habe Ausschnitte

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