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Camp Concentration

Camp Concentration

Titel: Camp Concentration Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas M. Disch
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auszulegen. (Ein letztes Beispiel, ohne Hintergedanken: Er versuchte, den eigenartigen Reiz zu erklären, den natürliche Seen, Stauseen und andere Binnengewässer auf den Betrachter ausüben. Er erklärte, daß die Natur uns nur hier die Idee der euklidischen Fläche vermittle. Das bedeute die endgültige Unterwerfung unter das Gesetz der Schwerkraft, das ständig auf unsere Zellen einwirke. In diesem Zusammenhang sprach er davon, daß die große Leistung der Architektur darin bestehe, daß sie die Idee der euklidischen Fläche übernommen und auf die Vertikale übertragen habe. Eine Mauer sei ein faszinierendes Phänomen, weil sie nichts anderes als eine ... senkrechte Wasserfläche sei.)

    23.
    Was für ein Mensch ist er?
    Ich fürchte, daß ich hier den Bereich des Tatsächlichen endgültig verlassen muß. In meinem bisherigen Bericht über Skilliman hat ohnehin nicht das Faktische, sondern seine Interpretation vorgeherrscht - und sie war nicht gerade objektiv. Mir ist dieser Mensch so unsympathisch wie kaum jemand in meinem ganzen Leben. Ich würde sagen, daß ich ihn hasse, wenn es nicht unchristlich und unhöflich wäre.
    Ich sage also, daß er ein schlechter Mensch ist, und lasse es dabei bewenden.

    24.
    Haasts Antwort: »Das genügt nicht.« Was wollen Sie eigentlich hören, H. H.? Ich habe bereits mehr Wörter an die bloße Beschreibung dieses Bastards verschwendet, als ich in diesem Tagebuch über irgend jemand sonst geschrieben habe. Wenn Sie wollen, daß ich meine Begegnungen mit ihm dramatisiere, müssen Sie ihn fragen, ob ich etwas mehr Zeit in seiner Gesellschaft verbringen darf. Er kann mich so wenig leiden wie ich ihn. Außer beim Abendessen im Speisesaal (die Küche hat übrigens sehr nachgelassen!) sehen wir uns kaum, und Gespräche führen wir noch seltener.
    Wollen Sie, daß ich Geschichten über Skilliman erfinde? Haben Sie Ihren Glauben an die Fakten schon verloren? Möchten Sie wirklich eine Geschichte haben?

    25.
    Mitteilung von H. H.: »Ist mir recht.« Er ist schamlos!
    Also gut - eine Geschichte:

    SKILLIMAN
    oder
    Die Bevölkerungsexplosion
    Eine Erzählung
    von
    Louis Sacchetti

    Obwohl das Baby strampelte, war es Skilliman gelungen, die Beine des Kleinen in die dafür vorgesehenen Löcher des Autostühlchens zu stecken. Dabei erinnerte er sich an ein besonders schwieriges Holzklötzchen-Problem, das Schimpansen beim Intelligenztest lösen müssen.
    »Es gibt zu viele von diesen verdammten Dingern«, murmelte Skilliman.
    Mina stieg von rechts ins Auto und half ihm, den kleinen Bill, ihr viertes Kind, mit Sicherheitsgurten festzuschnallen. Die Gurte überkreuzten sich auf Bills Lätzchen, die Schnalle war unter dem Sitz, wo er nicht hinlangen konnte.
    »Zu viele was?« fragte sie gleichgültig.
    »Babys. Es gibt zu viele von diesen verdammten Babys.«
    »Natürlich. In China, nicht wahr?«
    Er lächelte seiner hochschwangeren Frau wohlwollend zu. Vom ersten Augenblick an hatte er sich von ihr angezogen gefühlt, weil sie absolut nichts von dem verstand, was er sagte. Aber nicht ihre Unwissenheit gefiel ihm so gut (obwohl sie wirklich köstlich unwissend war), sondern ihre Art, weder von ihm noch von irgend etwas sonst Notiz zu nehmen, wenn es nicht ihren momentanen animalischen Bedürfnissen diente. Er nannte sie seine Jo.
    Eines Tages, so hoffte er, würde sie genau wie ihre Mutter sein, die in Dachau lebte und aus der alles spezifisch Menschliche - Intelligenz, Nächstenliebe, Schönheit, Willenskraft - entwichen war, als hätte man irgendwo einen Stöpsel herausgezogen: die untote Frau Kirschmayer.
    »Mach die Tür zu!« sagte er. Sie machte die Tür zu.
    Er fuhr den roten Mercury aus der Garage, deren Tür sich automatisch schloß. Skilliman hatte die elektrische Anlage selbst entworfen. ›Mina‹ nannte er seine bescheidene Erfindung.
    Als sie auf der Hauptstraße waren, wollte Mina automatisch das Radio anstellen.
    Er umklammerte ihr grobknochiges Handgelenk. »Ich will jetzt nicht Radio hören.«
    Die Hand mit dem protzigen Zirkonring wich zurück. »Ich wollte nur das Radio anstellen«, sagte Mina sanft.
    »Du bist ein Roboter.« Er beugte sich hinüber und küßte ihre weiche Wange. Sie lächelte. So schwierige Ausdrücke gehörten nicht zu ihrem Wortschatz.
    »Ich habe eine Theorie«, sagte er. »Ich glaube, daß die Warenknappheit nicht nur durch den Krieg zu erklären ist, wie es die Regierung uns gegenüber tut. Aber natürlich wird das Problem durch den Krieg noch

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