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Canale Mortale (German Edition)

Canale Mortale (German Edition)

Titel: Canale Mortale (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Schumacher
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Alba und Octavia saßen bei einer großen Glaskanne
Grenadinesaft am offenen Fenster. Alba erzählte gerade, dass ihre Freundin
Laura, die Principessa, Flavia bezichtigt habe, sich zu sehr für ihren Schmuck
zu interessieren.
    »Wir haben das Mädchen eben danach gefragt. Sie streitet alles ab.«
    Antonia war erstaunt, dass Tante Alba die Hausangestellte, die Mitte
vierzig sein musste, als Mädchen bezeichnete. Dann fiel ihr ein, dass Alba
schon über neunzig war. Sie wandte sich an Octavia.
    »Haben Sie nicht gesagt, Flavia hätte beste Referenzen gehabt? Auch
von der Principessa?«
    Octavia nickte. »Vielleicht sehe ich mir die Unterlagen noch einmal
an …«
    Tante Alba, die gerade den vierten Teelöffel Zucker in ihr Glas
löffelte, unterbrach sie. »Laura war allerdings immer etwas paranoid mit ihrem
Schmuck. Umso erstaunlicher ist es, dass die Familie jetzt, nach Lauras Tod,
tatsächlich einen Verlust zu beklagen hat. Die Verlobte des Neffen, die gestern
Abend mit in der Loge war, kann das Diamantdiadem nicht mehr finden. Sie hat es
abends auf die Kommode im Ankleidezimmer gelegt, und am anderen Morgen war es
weg …«
    Antonia rutschte nervös auf die vordere Kante ihres Stuhls und
wandte sich mit lauter Stimme an Octavia. »Bitte fragen Sie Ihre Tante, ob der
Neffe mit Ihrem Schwager Guido bekannt ist. Ich meine, ich hätte ihn in der
Oper erkannt. Und zwar in der Loge der Principessa …«
    Tante Alba sah die beiden an und nickte. »Das habe ich verstanden!
Ich bin ja nicht taub. Ich habe Guido, diesen Taugenichts, auch gesehen. Er war
mit ihnen in der Loge, aber ich habe so getan, als hätte ich ihn nicht
bemerkt.«
    Also doch! Antonia hatte sich nicht geirrt. Octavia zog erstaunt die
Augenbrauen hoch.
    »Dass Guido in die Oper geht, ist ungewöhnlich.«
    Alba suchte nach ihrem Stock und stand unter Mühen auf.
    »Ich muss dringend eine Zigarre rauchen. Was Guido angeht, so ist er
bestimmt mitgegangen, damit er später Lauras Neffen anpumpen konnte. Er hat
doch überall Schulden, und er bezahlt die alten Schulden, indem er neue macht.
So hat es mir Cecilia jedenfalls einmal erzählt.«
    Damit schlurfte sie zur Balkontür.
    »Tante Alba, bleib doch hier. Du musst nicht draußen rauchen!«, rief
Octavia ihr nach.
    Alba schmunzelte und zog ein Päckchen Zigarren aus ihrer Tasche.
»Kubanische. Die schmecken am besten an der frischen Luft. Und Mauro soll
nichts davon wissen. Er regt sich über mein kleines Laster auf. Dabei pafft er
selbst auf Schritt und Tritt …«
    Während Alba auf den Balkon trat, fragte Antonia ihre Gastgeberin,
ob sie inzwischen mit ihrem Vater über die Briefe gesprochen habe.
    Octavia errötete ein wenig. »Ich habe die Ärztin eingeweiht, aber
sie hat von Aufregungen abgeraten. Sie meint, er sei momentan nicht in der
besten Verfassung, und wir sollten noch etwas warten. Er wird gerade auf ein
neues Medikament eingestellt …«
    Antonia ließ nicht locker. »Bitte lassen Sie mich mit ihm sprechen. Vielleicht erzähle ich ihm nur die halbe Wahrheit, aber ohne
diese Informationen komme ich nicht weiter!«
    Vom Balkon her ertönte Tante Albas tiefes, männliches Husten, und
der Wohlgeruch einer teuren Zigarre zog zu ihnen in den Salon herüber. Octavia
zögerte. Dann straffte sie den Rücken.
    »Also gut. Ich gehe heute Nachmittag ins ›Quadri‹ und spreche mit
ihm. Am besten, Sie kommen so gegen fünf Uhr dazu. Ich werde Sie ankündigen und
ihn vorbereiten. Hier im Haus ist es zu heikel, hier sind Giovanna oder Flavia
immer in der Nähe.«
    Antonia hatte sich mit Rita in einer kleinen Trattoria an der
Ca’ d’Oro verabredet, wo man eine vorzügliche venezianische Leber machte.
Rita jammerte über schmerzende Füße. Sie war den ganzen Vormittag durch die
Stadt gewandert, hatte mehrere Kirchen besichtigt und Einkäufe gemacht, aber
nicht die richtigen Schuhe getragen. Unter dem Tisch stapelte sich die Ausbeute
des Vormittags in Form etlicher Papiertüten. Als sie sich mit einem Seufzer der
Erleichterung von ihren Schuhen befreit hatte, berichtete Antonia ihr von ihrem
Besuch bei der Zeitung und zeigte ihr die Kopie des Archivars.
    »Ich bin fest davon überzeugt, dass die ›7  M ‹ der Briefe mit diesem Vorfall zu tun haben.
Vielleicht stammen sie von einem Verwandten der Ermordeten, der jetzt Rache
üben will. Was meinst du dazu?«
    »Das glaube ich nicht. Dafür wäre es doch reichlich spät.«
    »Aber wieso verfällt jemand auf die Idee, an diese Zeit zu
erinnern?«
    Rita

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