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Canale Mortale (German Edition)

Canale Mortale (German Edition)

Titel: Canale Mortale (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Schumacher
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griff unter den Tisch und massierte mit schmerzhaft verzogenem
Mund einen ihrer Füße.
    »So viel wie hier laufe ich in Köln in einem halben Jahr nicht … Im
Moment wissen wir doch noch gar nicht, ob ›7  M ‹
nicht etwas ganz anderes ist. Sieben Maronen zum Beispiel. Sieben Musiker oder
sieben Mandarinen!«
    Antonia musste lachen. Rita nahm dem Ganzen etwas von der diffusen
Bedrohlichkeit, die sie, seit sie die Briefe gelesen hatte, dauernd verspürte
und die sie unterschwellig überall hin begleitete.
    Rita winkte dem Kellner. »Zweimal die Leber, bitte! – Also, nehmen
wir mal an, die Briefe sind von diesem Singer. Das macht nur Sinn, wenn er mit
einem der Ermordeten verwandt ist. Warum sollte er sie sonst in dieser Form
unterzeichnen? Daraus folgt die Frage: Hat der Conte mit diesen ›7  M ‹ zu tun und wenn ja, was? Wer weiß denn etwas über
die Familiengeschichte?«
    Antonias Gesicht hellte sich auf. »Don Orione! Ich wollte ihn
ohnehin nach den Vorfällen am Riva dei Sette Martiri fragen.«
    Sie zog ihr Handy aus der Tasche und suchte Don Oriones Nummer. Sie
musste es lange klingeln lassen, bis abgehoben wurde. Der Priester war wieder
einmal in Eile.
    »Antonia, im Moment geht es leider nicht. Ich muss dringend zum
Kloster nach San Giorgio hinüber, aber wenn Sie möchten, können Sie mich
dorthin begleiten, und wir unterhalten uns unterwegs. Ich bin in einer Stunde
an der Vaporetto-Haltestelle an den Zattere.«
    Das Boot hatte schon angelegt, als Antonia ankam. Sie beeilte
sich, an Bord zu kommen, und fand Don Orione in lebhaftem Gespräch mit einem
älteren Paar. Die drei standen in der offenen Mitte des Vaporetto, und es
schien, als redeten und gestikulierten sie synchron. Don Orione winkte
freundlich zu Antonia herüber und wandte sich dann einer Frau mit ihrer kleinen
Tochter zu. Während der Fahrt ergab sich keine Gelegenheit, mit ihm zu
sprechen; unentwegt begrüßte er Bekannte oder wurde von anderen Passagieren
angesprochen. Antonia fand einen Sitzplatz am offenen Bug und genoss die Fahrt.
Leichter Wind war aufgekommen und milderte die brennende Sonne.
    Der Vaporetto kreuzte den Kanal und steuerte auf die
gegenüberliegende Giudecca zu. Antonia lehnte sich über die Reling, um die
näher kommende Häusersilhouette der Insel zu fotografieren. Als sie auf Höhe
der Redentore-Kirche fuhren, sah sie an der Promenade plötzlich Flavia aus der
Gasse kommen, in der ihre Wohnung lag. Hinter ihr, etwas langsamer, ging ein
Mann, den sie nicht erkennen konnte, weil er von Flavias hoher Gestalt verdeckt
wurde. Als sich das Boot weiter in Richtung San Giorgio bewegte, konnte sie
noch sehen, dass der Mann zögerlich und in eckigen Bewegungen ging. Antonia
machte rasch ein Foto, zoomte das fertige Bild in der Kamera heran und
vergrößerte es. Der Mann trug einen ebenso hellen Anzug, wie Guido ihn bei
ihrem gemeinsamen Treffen getragen hatte. Und er ging so, wie sie Guido hatte
gehen sehen. Aber die Aufnahme war leicht verwackelt, und der Mann war wegen
der großen Entfernung nicht eindeutig zu erkennen.
    Erst als sie an der Klosterinsel anlegten, hatte Don Orione Zeit,
sich zu ihr zu gesellen.
    »Ich sehe, Sie fotografieren viel. Braves Mädchen! Ich werde Ihnen
gleich den Ausblick vom Campanile zeigen. Dort haben Sie eine herrliche Sicht
bis zu den Alpen …«
    Antonia wartete draußen vor der Kirche geduldig, bis Don Orione von
seiner Besprechung im Kloster zurückkam. Dann folgte sie ihm durch die Kirche
bis zum Aufzug, der auf den Aussichtsturm führte. Der Fahrstuhl wurde von einem
hübschen jungen Mönch bedient, der sie beide freundlich begrüßte, dabei jedoch
nur Don Orione ansah, während er Antonias Blick scheu vermied. Don Orione
schien sehr angetan von dem jungen Mann, denn sein Gesicht rötete sich während
der Unterhaltung, und als sie oben ankamen, griff er nach seinem Kragen und
lockerte ihn ein wenig.
    »Immer wenn ich auf San Giorgio bin, fahre ich hier hoch«, erklärte
er Antonia. »Die Aussicht sollte man sich nie entgehen lassen.«
    Der Turm war nach allen Seiten offen, und es zog stark durch die
Fenster, der Blick war jedoch atemberaubend. Er ging über die Adria auf der
einen, über die Stadt und die Lagune bis zu den Alpen auf der anderen Seite.
Antonia schoss ein Foto nach dem anderen, während Don Orione schon nach kurzer
Zeit wieder dem Lift zustrebte.
    »Nur noch zwei Minuten, Don Orione!«
    Im Aufzug sah Antonia, wie sein Blick wieder voller Wohlgefallen auf
dem ernsten

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