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Canale Mortale (German Edition)

Canale Mortale (German Edition)

Titel: Canale Mortale (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Schumacher
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der früheren Besitzer,
und hier hatte es seit den vierziger Jahren in einem doppelten Rahmen im Saal
zweier fanatischer Sammler eine verborgene Existenz gefristet.
    Antonia trat vor das Bild und unterbrach die allgemeine aufgeregte
Unterhaltung. »Das ist das Bild vom Foto der Singers. Das ist auch das Gemälde,
das die Entführer meinen. Ich kann Ihnen jetzt nicht alles erklären, aber ich
nehme an, dass im Moment außer uns nur einer, nämlich der rechtmäßige Besitzer,
weiß, wie dieses Bild aussieht. Ich bin mir fast sicher, dass er nicht zum
Kreis der Entführer gehört.«
    Octavia, Don Orione und Nardo redeten gleichzeitig auf sie ein und
fragten, wie sie zu dieser Annahme komme.
    »Das tut im Moment nichts zur Sache. Ich gehe aber davon aus, dass
Ugos Entführer nicht wissen, wie das Bild aussieht. Ich würde Sie alle bitte,
über das, was Sie hier gesehen haben, zu schweigen, bis wir Ugo wieder
zurückhaben. Nardo, verschließen Sie den Rahmen und hängen Sie das Bild an
seinen alten Platz.«
    Antonia bat alle, sich zu gedulden und mit nach unten in den Salon
zu kommen. Bedeutungsvoll setzte sie hinzu: »Dieses Haus hat Augen und Ohren!«
    Giovanna stellte gerade ein Tablett mit Kaffee und Gebäck auf den
Tisch. Alle schwiegen angespannt. Die Köchin sah erstaunt auf, bis ihr ein
ungeduldiges Klopfen von Holz auf Holz und Tante Albas lautes »Danke,
Giovanna!« zu Bewusstsein brachten, dass ihre Anwesenheit auch hier nicht
länger erwünscht war. Beleidigt hob sie den Kopf und rauschte hinaus. Als sie
gegangen war, erzählte Jana der Tante von dem eben gemachten Fund.
    Don Orione wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. »Ich denke, das
ist eine ganz große Entdeckung. Ich verstehe nicht viel von Kunst, aber es
könnte tatsächlich ein Tizian sein.«
    Jana pflichtete ihm bei. »Das Bild hat alle Merkmale eines frühen
Tizian. Der Kopf der Jungfrau ähnelt der Venus von Urbino, auch der schräge
Blick. Das Gewand und das Kind hat er auch in anderen Madonnendarstellungen so
gemalt. Natürlich kann uns erst eine professionelle Analyse mehr über das Alter
und …«
    »Es ist ein Tizian!«, ließ sich Nardo dumpf vernehmen. Er kippte
seinen Espresso in einem Schluck hinunter und schnäuzte sich. Dann bat er um
einen Grappa. Tante Alba schloss sich der Bitte an, und Jana holte die Flasche
und Gläser aus der Anrichte. Jetzt ließ sich auch Octavia, die klein und
verängstigt in ihrem großen Samtsessel kauerte, vernehmen.
    »Es ist mir egal, von wem das Bild stammt, sie sollen es haben!«
Dann, nach einem lauten Aufschluchzen, brach es aus ihr heraus: »Sie können
alle Bilder haben, alle, die ganze verfluchte Sammlung, wenn Sie dafür mein
Kind freilassen …«
    Jana setzte sich neben sie auf die Sessellehne und legte ihr einen
Arm um die Schulter. »Beruhige dich, Mama. Ugo kommt zu uns zurück, ganz
bestimmt.«
    Man hörte nur noch Octavias leises Weinen, als Antonia alle
Anwesenden noch einmal beschwor, ihr Wissen für sich zu behalten.
    »Nichts, aber auch gar nichts darf davon an die Öffentlichkeit
kommen. Die Entführer dürfen von der Existenz dieses Bildes nichts erfahren …«
    Florian goss dem alten Nardo noch einen Grappa nach. Als Don Orione
und der Restaurator schließlich aufstanden, um nach Hause zu gehen, sagte er:
    »Nardo, wenn Sie morgen doch noch leben sollten, dann kommen Sie
doch so gegen neun in die Sammlung des Conte. Ich habe da eine Idee!«

20
    Als Tante Alba sich zurückgezogen hatte, setzte sich
Antonia neben Octavia und zeigte ihr das Foto, das sie von Guido und seinem
Begleiter in der Kaffeebar gemacht hatte.
    »Hier sehen Sie Guido im Gespräch mit dem Mann, den Ugo im Stadion
getroffen hat. Er heißt Marcello, und Guido kennt diesen Mann. Dieses Foto ist
der Beweis.«
    Zu Jana gewandt fuhr sie fort: »Wenn es der ist, mit dem Ugo
weggefahren ist, dann kennt Guido den Entführer deines Bruders, Jana. Du musst
ihn unbedingt fragen, wer das ist und was ihn mit Ugo verbindet. Bei der
Polizei ist dieser Mann nicht bekannt, aber Guido hat sich mit ihm getroffen.«
    Jana sah ängstlich zu ihrer Mutter hinüber, der sie bisher ihre
Verbindung mit Guido verschwiegen hatte. Aber Octavia reagierte sehr ruhig und
zog ein Schreiben aus der Tasche ihrer Leinenjacke.
    »Wegen der ganzen Vorfälle der letzten Tage habe ich das hier
vergessen. Guido hat mir geschrieben. Er bittet mich um deine Hand!«
    Jana errötete. »Mama, ich hätte es dir sagen sollen, aber …«
    Antonia unterbrach

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