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Canale Mortale (German Edition)

Canale Mortale (German Edition)

Titel: Canale Mortale (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Schumacher
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werfen dürfe. »Vielleicht hat die Polizei dort etwas übersehen.
Vielleicht finden wir einen Hinweis auf den Entführer oder darauf, wohin Ugo
nach der Schule wollte oder mit wem er sich am Bahnhof getroffen hat.«
    Jana trottete mit hängendem Kopf hinter ihr her.
    »Ich glaube nicht, dass das viel Sinn hat. Die Polizei geht gerade
alle seine Facebook-Freunde durch. Jeder wird überprüft und gefragt, wann er
Ugo zuletzt gesehen hat.«
    In Ugos Zimmer herrschte pubertäres Chaos. Der Schreibtisch war
übersät mit Prospekten, Zeitschriften, Comics und Computerspielen. Aus den halb
offenen Schubladen quollen ebenfalls alle möglichen Papiere und Zeitschriften.
Antonia suchte nach einer Adresse oder Telefonnummer, die irgendwo notiert sein
könnte, aber Jana sagte, Ugo notiere sich keine Nummern, sondern speichere sie
nur in seinem Handy. Und das hatte Ugo offenbar bei sich.
    Antonia schaltete Ugos PC ein. »Lass
uns mal sehen, was er zuletzt gemacht hat.«
    Sie suchte in der Chronik nach dem Pfad, der ihr zeigte, welche Internetseite
Ugo zuletzt besucht hatte.
    Die letzten vier Einträge waren sämtlich dem Online-Spiel »World of
Warcraft« gewidmet. Davor hatte Ugo eine Datei für seinen Geschichtsunterricht
und eine weitere mit dem Titel »Sette« angelegt.
    »Wir wissen nicht, unter welchem Namen und mit welchem Passwort er
in W o W mitgespielt
hat. Das führt uns nicht weiter.«
    Antonia wollte schon aufgeben, als Jana sie bat, die Datei mit dem
Namen »Sette« zu öffnen. Antonia doppelklickte auf den File und zuckte zurück.
In dem Ordner befanden sich Informationen und Artikel zu den »Sette Martiri«,
den sieben Märtyrern.
    »Wie kann Ugo von den Sette Martiri wissen?«
    »Er hat natürlich davon gehört, wenn wir darüber gesprochen haben.
Ugo ist sehr gut in Geschichte. Er hat sich immer schon mit dem Faschismus in
Italien beschäftigt. Wahrscheinlich hat es ihn interessiert, oder er schreibt
eine Hausarbeit zur venezianischen Geschichte.«
    »Ja, so wird es sein.« Antonia wollte die Freundin nicht
beunruhigen.
    Zurück in der Gästewohnung versuchte sie klar zu denken. Steckte Ugo
mit den Erpressern unter einer Decke? Er konnte Informationen für sie besorgt
haben. Oder war womöglich er der Verfasser der Briefe? Sein Verhältnis zu
seinem Großvater war nicht allzu gut gewesen. In seiner Trauer um den verlorenen
Vater widersetzte er sich allen Anordnungen und Regeln, die der Conte
aufgestellt hatte. Octavia hatte neulich erst bemerkt, wie schwierig die
Erziehung des Jungen geworden war. Oder hatte er, wie Jana meinte, lediglich
Informationen gesammelt?
    War Ugo vielleicht freiwillig untergetaucht? Der Commissario hatte
Octavia gefragt, ob es zwischen Mutter und Sohn vor seinem Verschwinden einen
Streit gegeben habe, aber Octavia hatte nur kummervoll den Kopf geschüttelt.
Trotz aller Schwierigkeiten habe sie sich in der letzten Zeit gut mit Ugo
verstanden.
    Florian, der schon unmittelbar nach seinem Konzert damit begonnen
hatte, seinen Koffer zu packen, war gerade dabei, seine Reiseunterlagen zu
suchen. Er war trüber Stimmung. Die Sorge um Ugo war ihm anzusehen. Antonia
wollte ihn auf andere Gedanken bringen und schlug einen Spaziergang vor.
    Eine Viertelstunde später fuhren sie zum Lido hinüber, nahmen den
Bus zum Strand und machten einen langen Spaziergang entlang der müde auf den
Sand auslaufenden Adriawellen. Als Florian eine Plastikflasche wegkickte,
dachten beide an Ugo, mit dem sie noch vor Kurzem hier gewesen waren.
    »Hoffentlich geht es dem Jungen gut …«, sagte Florian bedrückt.
    »Das hoffe ich auch. Wir müssen diesen Kerlen geben, was sie wollen …«
    Antonia zog ihre Schuhe aus und ging barfuß weiter. Florian warf
einen flachen Stein in die ölig schimmernde Adria.
    »Warum war Nardo eigentlich so eingeschüchtert? Bei wem musste er
schwören, dass er mit keinem über das Bild sprechen würde?«
    Antonia blieb stehen und vergrub ihre Zehen im warmen Sand. »Bei der
Madonna dei Miracoli. Wie ihr Name sagt, gilt sie als wundertätig. Schon seit
dem 15. Jahrhundert haben Venezianer zu ihrem Bild gebetet. Man hat dann
eine Kirche extra für dieses Gemälde gebaut. Die an die Wunderkraft glauben,
vertrauen ihr ihre Wünsche an. Ziemlich clever von Mauros Vater, ihn auf die
Madonna schwören zu lassen.«
    »Was soll an diesem Hokuspokus clever sein?«
    Florians norddeutsche Skepsis rieb sich immer wieder am
»katholischen Aberglauben«, wie er es nannte, auf den er hier, wie er

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