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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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aller Freundschaft und danke schön und auf Wiedersehen: »Ich heiße Lanzidei, ihr Peruzzi«, und das war’s.
    Im Jahr darauf aber – am 5. August 1933 –, als der Duce und Cencelli den Grundstein zu Sabaudia legten, da war zwar August, aber an dem Tag war es bewölkt und es regnete. Zuerst tröpfelte es nur leicht, dann goss es in Strömen. Die Leute wussten nicht, wo sie Schutz suchen sollten, denn da war nichts, nur die Löcher und die Holzpflöcke am Boden, mit denen die Fundamente abgesteckt waren. Menschen waren aber jede Menge da. Man hatte uns alle zusammengetrommelt, denn – das werden Sie verstehen – es kommt der Duce, um eine neue Stadt zu gründen, und es ist niemand da? »Wehe«, hatte da die ONC gesagt, »wehe denen, die nicht dabei sind.« Und wir sind alle hingegangen. Dann aber – das wissen Sie ja, weil es in den Geschichtsbüchern steht – hörte es auf zu regnen, sobald der Wagen des Duce eintraf, und auch hier kam die Sonne heraus, in fünf Minuten war alles trocken, und die Leute kamen um vor Hitze. Es war ja August. Das hat aber damit nichts zu tun. Während es regnete, suchten meine Onkel nach einem Unterstand, und irgendwann hörten sie rufen: »Peruzzi!«
    Es war dieser Lanzidei, der – wieder zusammen mit seinem Freund – den Stand an der Straße aufgestellt hatte, um Unterhosen zu verkaufen, aber diesmal hatte der Stand ein Stoffdach. Eigentlich hatte er das für die Sonne mitgebracht: »Es ist August!«, dann war es aber auch gegen den Regen gut, und meine Onkel gingen dorthin, Tante Bissola war mit dabei, und sie machten sich bekannt: »Erfreut, Lanzidei«, »Ganz meinerseits, Peruzzi Bissolata.« Im Regen wechselten sie ein paar Worte. Ich weiß nicht, was sie sich gesagt haben. Jedenfalls war’s das, der Duce kam, Sabaudia wurde gegründet, jeder packte sein Zeug zusammen, und man ging wieder an die Arbeit.
    Ein paar Tage waren vergangen, da kommt dieser Lanzidei mit dem Fahrrad auf den Hof, um Unterhosen zu verkaufen – aber nicht tagsüber, nein, gegen Abend, fast in der Dämmerung. Zunächst dachte sich natürlich keiner was dabei, es war voll von fliegenden Händlern und Hausierern, sie zogen über alle Höfe und verkauften, die einen Fisch, die anderen Stoffe, wieder andere Töpfe oder weiß der Kuckuck was. Und alles ärmere Schlucker als wir. Nicht einer mit einem Pferdekarren. Alle mit dem Fahrrad – vorn und hinten hoch bepackt – oder mit dem Handwagen, Kilometer um Kilometer an den Griffstangen geschoben. Wenn die alle kamen, wieso sollte da dieser Lanzidei nicht kommen? Man begrüßt ihn also erfreut, schenkt ihm ein Gläschen Wein ein und kauft ihm eine Unterhose ab (diese weiten Wollunterhosen, vielleicht erinnern Sie sich ja noch).
    Doch er kommt einmal, er kommt noch einmal, und immer in der Dämmerung. Und Onkel Adelchi – der schlau und gerissen war wie ein Fuchs – roch schließlich den Braten, nahm Onkel Pericle beiseite und sagte zu ihm: »Was glaubt denn der eigentlich, wie viele Ärsche wir hier haben?«
    »Hä?«, fragte Onkel Pericle.
    »Der kommt wegen Bissa, verdammt noch mal!«
    »O nein, ach herrje«, sagte Onkel Pericle und wurde blass. »Den bring ich um«, und beide legten sich auf die Lauer. Kaum sahen sie ihn mit diesem quietschenden Fahrrad von ferne auf der Straße näher kommen – er tat so, als würde er bei den anderen Höfen halten und fragen »Wollt ihr Unterhosen?«, aber nur so zum Schein, denn kaum sagten die »Nein, aber …«, fuhr er schon weiter, ohne ihnen auch nur zuzuhören –, bezogen Onkel Adelchi und Onkel Pericle mit ihren Mistgabeln Stellung hinter dem Straßengraben, genau an der äußersten Grenze des Hofs von Onkel Temistocle, wo der Grund der Peruzzi anfing: Hic sunt leones .
    Als er dort ankam, traten sie vor. Aber nicht drohend, nur auf ihre Gabeln gestützt, so als hätten sie ihn während der Arbeit plötzlich kommen sehen und sich gesagt: »Sagen wir ihm doch guten Tag.«
    Der kam zwar aus Nettuno, war aber nicht auf den Kopf gefallen, und kaum sah er sie, stieg er vom Rad und fuhr mit der Hand in die Hosentasche, wo man annehmen darf, dass auch er sein tüchtiges Messer stecken hatte. »Wie geht’s, Peruzzi? Freut mich, euch zu sehen, braucht ihr ein Paar Unterhosen?«
    »Nicht lange gefackelt«, sagte Onkel Pericle. »Kuh und Kälbchen! Sonst Messerstiche.«
    »Hä?«, machte Lanzidei.
    »Bei uns sagt man so«, verdeutlichte Onkel Adelchi, »wer die Kuh nimmt, muss auch die Kälbchen nehmen. Sonst

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