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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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auch nach Süditalien.« Und wir zogen mit ihm hinunter bis zum Kirchenstaat und ins Königreich beider Sizilien, und der Papst wurde aus Rom verjagt. Napoleon schleppte ihn als Gefangenen mit sich nach Frankreich, um zu verhindern, dass er weiter intrigierte, wenn er hierblieb. So errichteten wir – zusammen mit den Franzosen – die Freiheit überall in Italien und brachten Gleichheit und Fortschritt auch für diese Leute hier, die auf den Bergen rings um die Pontinischen Sümpfe hausten.
    Nun, und wissen Sie, was die taten? Sie wollten die Freiheit nicht. Sie wehrten sich dagegen. Und erhoben sich gegen uns, ihre Befreier. Es waren die Pfaffen – sagten meine Onkel –, die das Feuer der Ignoranz in ihren Hirnen schürten: »Die Cispadanier verunglimpfen die Kirche und beschimpfen Christus. Ablass sämtlicher Sünden für jeden, der sie vernichtet.« Und die stürmten: »Los!«, um sich ihrer Ansicht nach das Paradies und die Dankbarkeit des Fürsten Caetani – oder auch des Borghese – zu verdienen, die bis tags zuvor ihre Existenz vernichtet hatten. Plötzlich hatten sie alles Unrecht vergessen, und dieser Blutsauger war nunmehr ihr allerliebster Fürst der Heiligen Römischen Kirche: Indem man ihn verteidigte, verteidigte man Christus. Und dann sage man mir noch etwas von Obskurantismus.
    Dieser Papst jedoch – Pius VI ., den Napoleon gefangen genommen hatte – war ein fortschrittlicher Papst. Er hatte sich in den Kopf gesetzt, die Pontinischen Sümpfe trockenzulegen, und beinah war ihm das auch gelungen. Freilich, er hat nicht den Canale Mussolini gebaut, aber er ließ Gräben und Kanäle ausheben, Militärstraßen anlegen, Tümpel austrocknen und machte die Via Appia wieder passierbar. Aber all diese Arbeiten musste er gegen den Willen des Fürsten Caetani durchführen lassen – der, wie nur gerecht, für die Kosten aufkommen sollte – und gegen den Willen der Gebirgsbewohner hier aus der Gegend, die das auch nicht wollten. Sie wollten ihren Sumpf behalten, so wie er war; der Fürst, um nur ja keine Lira lockermachen zu müssen, denn ihm war es gerade recht so. Was scherte ihn Trockenlegung? Er war der Herrscher über alles, er hatte ein Schloss in Sermoneta, den Fürstenpalast in Cisterna, lebte aber ständig in Rom, in einem noch schöneren Palazzo, den er in der Via delle Botteghe Oscure besaß. In Rom lebte er in Saus und Braus, hier aber hielt er sich seine Schergen, die Verwalter und Soldaten, die kontrollierten, dass die Leute auch noch den Pilz bezahlten, den sie im Wald fanden. Ganz zu schweigen von dem Bündel Reisig, das einer sich zusammenklaubte. Dann verpachtete er Grund an Händler – »Über den Daumen gepeilt, von hier bis nach Fogliano« –, und die plünderten alles: Holz, Wälder, Büffel, Wild, Pferde und die Fischbestände in sämtlichen Teichen und Seen. Und so konnte Papst Pius VI ., wenn er urbar machen wollte, ja gern tagsüber Kanäle graben lassen. Kaum war es dunkel, kamen die aus den Bergen, aufgehetzt vom Fürsten und seinen Schergen, und wetteiferten darin, Dämme einzureißen und wie die Dachse aus Ästen und Gestrüpp in den Kanälen Deiche zu bauen, damit das Wasser nicht fließen konnte und wieder alles überschwemmte: »Trockenlegung? Du bist wohl verrückt. Wenn der Boden trocken ist, wie sollen wir denn dann nachts in den Teichen des Fürsten noch Aale und Frösche fangen?«
    Sie waren es, die ihm das Leben vergällten, dem armen Papst Pius   VI ., von wegen Napoleon Bonaparte! Als er zum ersten Mal von ferne die Franzosen anrücken sah, muss er einen abgrundtiefen Stoßseufzer der Erleichterung ausgestoßen haben: »Verdammt noch mal, jetzt könnt ihr euch mit denen herumplagen«, und kurz drauf ist er ja auch gestorben. Um mit den Trockenlegungsarbeiten voranzukommen, musste er päpstliche Truppen einsetzen, die mit geschultertem Gewehr an den Kanälen patrouillierten, um auf diese Wilden zu schießen, die weiterhin nachts die Dämme einrissen und demolierten. Und als Napoleon zusammen mit uns Cispadaniern hierherkam, setzte er als Wachposten an den Uferdämmen, um auf die Lepiner Dachse zu schießen, anstelle der Schweizergarde französische und cispadanische Truppen ein. Er wollte weitermachen mit der Trockenlegung. »Das ist eine heilige Sache«, und ließ aus Frankreich und Oberitalien die besten Ingenieure und Techniker kommen, um sie zu einem guten Abschluss zu bringen. Aber diese Marokkaner fingen wieder an zu sabotieren – »Vorwärts, diesmal

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