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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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setzt’s was mit dem Messer.«
    »Die Messerstiche, das hatte ich verstanden, aber das mit den Kälbchen habe ich nicht recht verstanden.« Obwohl er aus Nettuno kam, war er, ich sage es noch einmal, nicht auf den Kopf gefallen und hatte auch schon begriffen, dass die Stute, sagen wir mal so, nicht mehr ganz unerfahren sein konnte – sie war schon fünfundzwanzig, und dann hatte er ja gesehen, was für einen Charakter sie hatte –, aber mit einer solchen Überraschung hatte er nicht gerechnet: eins, na gut, aber mehr nicht. Und nur so aus Neugier fragte er: »Und wie viele Kälbchen wären das?«
    »Drei«, Onkel Pericle.
    »Drei«, Onkel Adelchi.
    »Drei? Aber ihr könnt mich doch, kreuzweis könnt ihr mich«, und wendete prompt sein Fahrrad.
    »Aber zwei sind Zwillinge«, Pericle.
    »Zwei sind Zwillinge«, Adelchi.
    »Aber das macht immer noch drei, dass euch der Henker hol! Hab ich etwa Idiot auf der Stirn geschrieben? Lasst mich gehen, lasst mich gehen. Hier sieht mich niemand mehr!«, sagte Lanzidei und versuchte mit aller Gewalt in die Pedale seines Fahrrads zu treten, das unter der Last der Packen mit den Unterhosen hin und her schwankte, während Onkel Pericle und Onkel Adelchi ihn jeder an einem Arm zurückhielten und die Verhandlungen um jeden Preis wiederaufnehmen wollten. »Lasst mich los, lasst mich los, sonst zeig ich euch an«, schrie Lanzidei.
    »Geh doch zum Teufel«, sagte Onkel Adelchi irgendwann beschämt, und sie ließen ihn los. Aber während er immer mehr an Tempo gewann und schon etwa dreißig Meter weit weg war, hatte Onkel Pericle plötzlich eine Eingebung. »Aber bist du nicht auch Weltkriegskämpfer?«
    »Ja«, brüllte der, strampelte dabei aber weiter, schaute nur kurz zurück. »Ich war am Piave, 21. Regiment Infanterie.«
    »Dann geben wir dir einen Hof«, brüllte Onkel Pericle voller Freude.
    »Wir geben dir einen Hof, samt der Kuh und den Kälbchen«, verdeutlichte Onkel Adelchi.
    »Einen Hof?« Lanzidei hielt sein Fahrrad an und machte kehrt, während meine Onkel ihn einholten und ihn in die Mitte nahmen, einer rechts, einer links – sie hielten ihm die Packen fest, als würden sie ihn auf Händen tragen, ihn, seine Unterhosen und sein Fahrrad –, und auf dem Weg nach Hause erörterten und klärten sie Punkt für Punkt die Einzelheiten des Abkommens: »Aber ich hab noch nie als Bauer gearbeitet.«
    »Mach dir keine Sorgen, wir bringen dir’s bei, und dann wird sie’s dir beibringen.«
    »Aber der Vater, ist das bei allen dreien derselbe?«
    »Aber was zum Teufel schert dich, wer der Vater ist? Jetzt bist du der Vater, Herr über die Kuh, die Kälbchen und den Hof. Was zum Teufel willst du, wie soll ich denn wissen, wer der Vater ist? Nimm den Hof, wir sorgen beim Fascio dafür, dass du ihn bekommst.«
    »Ich bin aber kein Faschist, Peruzzi, damit das klar ist.«
    »Aber was zum Teufel schert es mich, was zum Teufel du bist? Nimm Kuh und Kälbchen und fahr zur Hölle.« So kam es, dass Lanzidei meine Tante Bissola heiratete und aufhörte, umherzuziehen und Unterhosen zu verkaufen.
    Beim Haus angekommen, war es Tante Modigliana, die sofort vor Freude in die Luft sprang – »Wie froh ich bin, wie froh ich bin«, und ihr um den Hals fiel –, Bissolas Zwillingsschwester, sie waren sehr eng miteinander, aber sie war um so vieles lieber als diese.
    Armida – Onkel Pericles Frau, die mit den Bienen – war auch froh und sagte abends im Bett immer wieder zu ihrem Mann: »Wie froh ich bin, wie froh ich bin, dass sie mir aus den Augen kommt.«
    »Langsam, langsam«, sagte er aber zu ihr, »das braucht seine Zeit, zuerst müssen wir die Dolfin und Mamas Verwandte unterbringen«, und tatsächlich blieben Tante Bissola und Lanzidei zwei oder drei Jahre bei uns auf dem Hof am Canale Mussolini – natürlich zusammen mit den neuen Kälbchen, die sie inzwischen fabrizierten –, und alle meine Onkel und Tanten haben den Lanzidei immer gerngehabt und haben ihm alle Arbeiten und alle Dinge ordentlich beigebracht, auch weil Tante Bissola sich geändert hatte, seitdem er da war. Nicht, dass sie ein anderer Mensch geworden wäre – eine Viper war sie nach wie vor –, aber manchmal ein bisschen sanfter, ein bisschen gutartiger. Und 1936 oder 1937 schließlich, als Aprilia gegründet wurde, gelang es Onkel Pericle, ihm einen Hof in der Gegend dort zuweisen zu lassen. »Gib ihr Prügel, gib ihr Prügel«, sagte er jedes Mal, wenn er sie besuchen ging. Und sie wurde zur Furie: »Versuch’s doch

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