Canale Mussolini
so dachte das gesamte italienische Volk.
Die da oben hingegen – vom König über den Duce bis zum letzten Bonzen oder General, vom Schwiegersohn des Duce Ciano, der Außenminister war, bis zu Badoglio und Cavallero –, die wussten alle, wie die Dinge lagen: »Aber wohin sollen wir denn gehen, wenn das Militär nicht bereit ist?«
»Adolf ist bereit, und wir ziehen mit ihm«, sagte der Duce. »Was sollen wir denn sonst machen, zuschauen?«
»Ist gut, Duce! Der Duce hat immer recht.«
Meine Onkel wurden nach Neapel geschickt und dort eingeschifft. Als der Duce dann am 10. Juni 1940 am Palazzo Venezia auftrat und verkündete: »Eine Schicksalsstunde schlägt unserem V a terland, die Stunde der unwiderruflichen Entscheidung. Den Bo t schaftern Großbritanniens und Frankreichs wurde die Kriegserkl ä rung schon überreicht. Wir ziehen ins Feld gegen die reaktionären und plutokratischen westlichen Demokratien, die zu jeder Zeit den Vormarsch des italienischen Volkes behindert, ja, sogar seine Existenz bedroht haben …« , frenetischer Applaus der Leute, die unten standen. So traten wir in den Krieg ein.
Meine Onkel waren schon eine Weile in Abessinien, und in der Zwischenzeit – das heißt von Januar, als sie aufbrachen, bis Juni – hatte unser Generalstab, obgleich unvorbereitet, zur Kenntnis genommen, dass Er in den Krieg eintreten wollte, und angefangen, Männer einzuziehen und die Truppenstärke zu erhöhen. Wir warteten auf die Rückkehr von Onkel Treves – er war nur einmal auf Urlaub gekommen, seitdem er aus Spanien zurück war –, hingegen hatte man auch Onkel Temistocle eingezogen und seinen Sohn Paride, das war der älteste der Vettern, der erste von den Vettern Peruzzi, geboren 1918, als sein Vater im Ersten Weltkrieg kämpfte. Jetzt zogen Vater und Sohn in den Zweiten Weltkrieg, aber nicht an denselben Ort und in derselben Einheit, sondern Tausende Kilometer voneinander entfernt. Dann wurde Onkel Turati eingezogen – und diesmal halfen die Tränen seiner Frau nichts –, und sogar Onkel Cesio, der Jüngste, der Vermessungswesen studierte, kam dran. Kein einziger Mann war mehr bei den Peruzzi. Auf unseren Höfen war nur noch Großvater, der schon ein bisschen alt war – er musste bereits auf die Siebzig zugehen –, die fünfzehn- oder sechzehnjährigen Jungs von Onkel Temistocle und Onkel Adrasto, der eben geheiratet hatte, ihn hatte man zu Hause gelassen, »denn wenigstens einen muss man auf den Höfen lassen, wer soll uns denn sonst alle miteinander ernähren?«, hatte man sich offenbar gesagt. Und dann natürlich Onkel Adelchi – denn ein paar Polizisten mussten schließlich in Littoria bleiben, man hatte sie drastisch reduziert, drei waren zum Militärdienst eingezogen worden, drei mussten aber bleiben –, jedoch war, wie Sie wissen, in puncto Feldarbeit nicht mit Onkel Adelchi zu rechnen: »Ich habe Dienst! Aufwachen, Mädels, an die Arbeit!«
Als sie sahen, welche Wendung die Dinge nahmen, schrieben Onkel Pericle und Onkel Iseo schon von Sues aus – noch bevor das Schiff in den Kanal einfuhr – an ihre Frauen, sie sollten allen Grund verpachten oder besser noch verkaufen, wenn sie jemanden fanden, der bereit war zu kaufen. Noch am 7. Juni 1940 – drei Tage, bevor Er den Krieg erklärte –, schrieb Onkel Pericle aus Addis Abeba:
Issa Beba 7. 6. Liebste Familie, Eltern und Armida! Wir sind g e sund, Armida, sag mir, wies dir geht imhin Blick auf unsere an Gel e genheiten. Wenn du dies bekommst, iss die Getreideernte vorbei und du weißt, wie groß die Ernte iss und wies geht mit Rüben, Mais und Baumwolle, wie stehts mit Futter für die Kühe, und sag mir unsere Kinder, wie geht’s denen, was sagt Adria. Was sagt Onesto, wie gehts Pisana mit der Gesundheit? Menego ist groß geworden? Was unsere an Gelegenheiten anget, versuch über die runden zu kommen und besprich alles immer mit meine Brüder. Und siezu, dass du die Ernte und die Pflanzen immer sauber helst. Wenn du kannst, gib ruhig was aus, fürs sauber halten. Liebe Brüder, die ihr jetzt zu Haus seid, tut, was ihr richtig findet, für mein kleines Hauswesen, und wenn man ales verkaufen müsste und meine Familie nach Podegora bringen, dann tut das, wen ihr dagegen set, dass ihr gut zurecht kommt, bin ich auch zufrieden; aber wen meine Familie nach Podegora zieht kann sie von der Rente leben. Macht das unter euch aus, Adrasto, wen du dich in meine an Gelegenheiten nicht zurecht findest, weil du dich nicht auskennst, geh zu
Weitere Kostenlose Bücher