Canale Mussolini
Rinaldi, der kann dir helfen, dein Bruder Pericle. Liebste Armida, ich bitte dich, wenn sie was für dich tun, versuch ihnen was zu geben, Adrasto und auch den anderen.
Im selben Umschlag hatte auf einem anderen Blatt Onkel Iseo geschrieben:
Addis Abeba, 7. 6. 1940 . Liebste Eltern und Familie, ich bin gesund, so hoffe ich auch von euch, von der ganzen Familie. Nach einer langen Reise sind wir hier in Addis Abeba an gekommen, die Kalips sind so, wie Adelchi gesagt hatt, aber wir bleiben nicht hier, wir wissen nicht, wohin wir kommen. Wen wir auf brechen, schreibe ich und sage euch über alles Bescheid. Zelinda, wen du dies bekomst, sag mir, ob du mit der Rente auskomst und ob du das Gras hast mähen lassen und ob ihr das Getreide schon geärndet habt und wie ist die Ärnde? Sag mir, ob du einen Knecht gefunden hast, wen du keinen gefunden hast, schau, dass du einen kriegst: So get es mir auch besser, weil ich weiß, dass du es so allein nicht schaffen kannst, vor allem mit dem Vieh, ich weiß, das macht Müe, sag mir alles über unsere Äcker, sieht nich gut aus damit, nich wahr? Nur Mut, Zelinda, alles get vorbei? wen du schreibst, sag mir alle Angelegenheiten die unsere Wirtschaft betre f fen, ob du noch die beiden Jungkühe hast, ob sie dich recht plagen; verkauf sie nur. Adrasto, schau auf mein Hauswesen, regel meine Angelegenheiten, so gut du kannst, wen du dich betrogen fühlst, schreib mir und sag mir, worum es geht. Nun höre ich auf zu schre i ben und grüße euch alle die ganze Familie. Peruzzi Iseo.
Drei, vier weitere Briefe kamen noch, dann nichts mehr. Und am 10. Juni 1940 traten wir in den Krieg ein, nur weil es so aussah, als hätte dieser andere da – der deutsche Freund vom Duce – überall abgeräumt. Norwegen besetzt, in Belgien, Holland und Luxemburg einmarschiert, dann hatte er die vereinten englischen und französischen Truppen geschlagen und stand vor Paris. Die übrig gebliebenen Engländer drängten sich am Strand von Dünkirchen, in Erwartung, dass man sie von zu Hause abholen und retten käme, und sei es auch mit Ruderbooten – wie es dann ja auch geschah. Eine totale Niederlage. Frankreich isoliert und in die Knie gezwungen. Da sagte unser Duce, der MANN : »Worauf warten wir noch? Treten auch wir in den Krieg ein, zwei- oder dreitausend Tote, und ich sitze auch mit am Siegertisch.« Und so griffen wir Frankreich an, das schon von sich aus verloren war und am Boden lag. Schurke Maramaldo. Wir griffen von Süden her an, von den Alpen, Onkel Treves war mit dabei, und er glaubte – ebenso wie der Duce –, dass das ein Klacks sein würde, weil das Land schon besiegt war. Wir würden es überrennen. Dagegen hätte wenig gefehlt, und sie hätten uns sämtliche Knochen gebrochen. Mit an diesem Tisch sitzen konnten wir nur, weil in der Zwischenzeit die Deutschen sie vollständig vernichtet hatten. »Aber wozu bist du denn hergekommen?«, hätte Adolf den Duce damals wohl gern gefragt. »Ja, schämst du dich denn nicht?«
Jedenfalls hatten wir Frankreich geschlagen, wir waren Sieger, jetzt ging es darum, England zu schlagen, und dann gehen alle nach Hause. Nun, wie Sie wissen, sind die ersten Kriegsjahre im Grunde nicht so schlecht gelaufen für uns. Der deutsche Verbündete war stark – eine Kriegsmaschinerie und eine Industriemacht, dass einem angst und bange werden konnte; sie spuckten Kanonen, Flugzeuge und Panzer aus wie unsere Äcker Zuckerrüben –, auch wenn wir alles daransetzten, ihn ins Unglück zu reiten. Als wir in Griechenland einmarschierten – obwohl er es ihm vorher in jeder Weise gesagt hatte: »Lass den Balkan in Ruhe, mach da keine neue Front auf, kümmer dich um Nordafrika, dann erobern wir Sues und Ägypten« –, traf den Adolf fast der Schlag: »Aber weshalb zum Teufel seid ihr nach Griechenland gegangen, ohne mir was davon zu sagen? Ja, kannst du mir nicht wenigstens Bescheid sagen?«
»Hast du mir etwa Bescheid gesagt, als du in Polen, der Tschechoslowakei und jetzt auch noch in Rumänien einmarschiert bist?«
Tatsächlich hatten die Deutschen auf dem Weg von Ungarn herunter eine »Militärische Mission« auch nach Bukarest geschickt, um zu verhindern, dass das Erdöl von Ploesti den Russen in die Hände fiel, die zu diesem Zeitpunkt noch keine Feinde waren, Hitler wusste aber schon, dass sie es bald werden würden: »Konnte ich dieses Öl denn ihnen überlassen?«, sagte er zum Duce in dem Versuch, sich dafür zu entschuldigen, dass er ihm nicht
Weitere Kostenlose Bücher