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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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Folgore in El Alamein steht tatsächlich und zutreffenderweise zu lesen: »An Glück hat es gefehlt, nicht an Tapferkeit.« Aber mehr als Glück fehlten Kanonen, Flugzeuge, Benzin und Panzer. Oder besser, es fehlte der gesunde Menschenverstand, denn wenn es an sich schon unsinnig ist, in den Krieg zu ziehen – wie Großmutter sagte –, dann ist es noch unsinniger, nicht mit ebenso viel Waffen und der Munition hineinzugehen, wie der Gegner hat. »Dann bleibt man eben zu Haus!«, sagte Großvater. »Was zum Teufel treibst du dich da herum, wenn du der Situation nicht gewachsen bist? Bleib zu Haus, verflucht du und die Zorzi Vila.«
    In Nordafrika, in Libyen, war für uns Peruzzi Onkel Cesio, wie gesagt, er landete als Kriegsgefangener in Indien. Gefangen genommen in Tobruk. Verwundet. Behandelt und mit dem Schiff dorthin gebracht. 1946 sahen wir ihn wieder. Als er aufbrach, war er ein achtzehnjähriger Bursche gewesen. Die Engländer haben ihm in Indien – in der Gefangenschaft – so viel Schläge verpasst, da machen Sie sich gar keine Vorstellung. Als er wiederkam, sah er aus wie ein alter Mann. Er konnte einem Schrecken einjagen. Wer hingegen nicht wiederkam, das war Onkel Pericle. Das Schwert der Peruzzi, der Löwe unseres Stamms.
    In Ostafrika liefen die Dinge auch nicht besser als in Nordafrika. Gleich nach unserer Offensive ließen die Engländer aus Indien und Südafrika Nachschub an Männern und Material kommen. Frische, gut ausgerüstete Truppen. Wir hatten dreihunderttausend Mann dort. Sie sechzigtausend. Aber das war kein Vergleich. Unsere Luftwaffe war veraltet, was Geschwindigkeit, Manövrierfähigkeit und Ausstattung der Maschinen anging, und auch rein zahlenmäßig unterlegen, denn viele der alten Flugzeuge von Balbo – durch Abnützung unbrauchbar geworden – waren nicht durch neue ersetzt worden. Die Bodentruppen ebenso. Wir waren die ersten gewesen, die in Afrika einen motorisierten Krieg führten, mit LKW s und Panzern, die waren aber auch die alten geblieben. Ja, wir hatten nicht einmal Ersatzreifen und -schläuche. Die Geschütze der Artillerie waren fast alle überholt, und die Munition stammte zum größten Teil noch von 1918. Viele Handgranaten explodierten nicht, wenn man sie zündete. Man warf sie, puff , und nichts passierte.
    Die Engländer hingegen rückten an, bis an die Zähne bewaffnet und alle Waffen und Ausrüstung vom neuesten Typ. Fehlten nur noch die Ray-Ban. Wir zu Fuß mit unseren Gewehren, und sie mit einem Schwarm von Flugzeugen, die ihnen von oben Deckung gaben, und am Boden Panzer, Panzerfahrzeuge und Geländewagen – Vorläufer der Landrover –, mit jeder Menge kleinen Kanonen und Maschinengewehren. »Gazelle Force« nannten sie die. Im Januar 1941 unternahmen sie einen Angriff von Norden und Süden gleichzeitig. Sie waren sechzigtausend, ich sage es noch einmal. Wir dreihunderttausend. Aber dreihunderttausend Pilger.
    In Ostafrika konnten wir die Deutschen nicht zu Hilfe rufen. Sie konnten nicht kommen. Der Sueskanal war auch für sie gesperrt. Sonst hätten wir unsere Agonie auch dort noch in die Länge gezogen. Es kam keine Hilfe und auch kein Nachschub mehr aus dem Vaterland. Wir hielten aus, so lang es ging, und schlugen uns auch tapfer. Der Herzog von Aosta verschanzte sich auf dem Amba Alagi und hielt durch bis zum 17. Mai 1941. Als wir uns ergaben, entwaffneten die Engländer uns nicht.
    Der Duce sagte: »Wir kommen wieder! Das Imperium ist dort, es ist unser, und keiner kann es uns nehmen. Jetzt gewinnen wir erst den Krieg in Europa, wir brechen ihnen für immer das Rückgrat, und dann gehen wir dorthin und holen es uns wieder.«
    Was soll ich Ihnen sagen? Wir glaubten ihm wirklich immer noch. Sicher, da war der Verdruss und vor allem die Sorgen und die Angst um diejenigen, die weit weg waren und von denen man keine Nachricht hatte. Es gab ja schließlich kein Internet damals – oder Satellitentelefone –, und die Luftpost kam auch nicht durch, das werden Sie einsehen, wenn die Lufthoheit der Engländer total war. Irgendwann war auch die Funkverbindung zu den Truppen zusammengebrochen. Monate und Monate ohne Nachricht. Nur die Kriegsbulletins und die Proklamationen des Duce: »Wir kommen wieder!« Aber was aus meinen Onkeln geworden war, das weiß Gott allein, sagte Großmutter.
    Heiligabend 1941 – Großmutter war frühmorgens aufgestanden, um die Cappelletti für den nächsten Tag zu machen – sie hatte zwei Hühner geschlachtet, um die Suppe und die

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