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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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seine Siedler zusammen und sagte: »Na gut, es ist schlecht gelaufen, die Ernte ist verloren. Krempeln wir die Ärmel hoch und versuchen wir, es im nächsten Jahr wettzumachen, ich komme euch entgegen, der Schuldendienst ist aufgehoben. Schaut aber zu, dass ihr wenigstens die Rate für den Pachtkauf zahlen könnt, denn das geht nicht mich an, sondern die Bank.« Also machten sich alle fluchend wieder an die Arbeit, halfen sich aber auch gegenseitig: »Hast du gesehen, Cispadanier?« – »Und ob, Marokkaner!«, und fingen noch einmal von vorne an.
    Onkel Pericle und Onkel Iseo hatten natürlich die volle Unterstützung der Peruzzi, und nicht nur in Form von Arbeitstagen, sondern auch mit Getreide und Mehl und auch etwas Geld von dem, was Onkel Treves aus der Kaserne schickte oder was Onkel Adelchi von seinem Polizistengehalt beisteuerte. Onkel Pericle nahm es an, aber es wurmte ihn, weil er auch ein bisschen ein schlechtes Gewissen hatte, wie alle Peruzzi übrigens; und es war sinnlos, dass die anderen zu ihm sagten: »Na, hast du gesehen? Konntest du nicht schön friedlich auf unserem Hof bleiben, dann wär dir das nicht passiert?« Nein, das fehlte gerade noch! Wer war denn so blöd, ihm so etwas zu sagen? Und nicht nur, weil er Pericle war, sondern weil man so etwas einfach nicht tut, das wissen selbst die Peruzzi, dass man den Finger niemals in die Wunde legen darf.
    Aber Onkel Pericle war nicht blöd. Er wusste, was sie dachten, und nur zu Onkel Iseo sagte er – weil er sich verantwortlich fühlte, ihn mit seiner Familie dorthin geholt zu haben –, nur zu Onkel Iseo sagte er: »Iseo …«
    »Pericle!«, unterbrach der ihn sofort. »Kein Wort will ich mehr hören. Ich bleib bei dir bis zum Tod. Und basta. Der Teufel soll dich holen«, und sie arbeiteten weiter zusammen wie Kastor und Pollux.
    Dann aber im November, gleich nach der Einweihung von Pomezia – wo man plötzlich die Sonne gesehen hatte –, fing es wieder an zu regnen, jeden Tag, den Gott werden ließ. Nicht aus Kübeln – nur so ein Nieselregen, hin und her über dem Agro Pontino; aber immer dunkler Himmel und ab und zu ein kräftigerer Schauer. Auf den Albaner Hügeln aber eine Sintflut. Ab dem 2. oder 3. November kam so viel Wasser herunter, dass der Fosso di Cisterna und vor allem der Teppia randvoll waren.
    Die Bienen waren schon am Abend vorher unruhig geworden: Wu, wu, wu . Aber alle hatten gesagt, nein, es bestünde keine Gefahr. Sowohl die Techniker von der ONC als auch die vom Konsortium wie der Agronom Pascale: »O nein, in Velletri kann es regnen, so viel es will, diesmal haben wir den Mussolini genau gemessen und berechnet, er fasst alles Wasser von hier bis ans Ende der Welt. Seid ganz beruhigt.«
    Als Armida jedoch das wu, wu, wu ihrer Bienen hörte, fackelte sie diesmal nicht lang. Sie warf einen Blick auf den Wasserstand im Canale Mussolini, der stieg, sagte zu Pascale »Bleib mir doch weg!«, rief die Schwägerin – »Zelinda!« –, sie nahmen die Bienenhäuser und die Kinder und kamen schleunigst zum Podere Peruzzi 517.
    Aber als sie dann bei uns waren, mochten sie ihre Männer doch nicht ganz allein lassen: »Eine Frau muss bei ihrem Mann sein.« Sie ließen die Kinder und die Bienen bei meiner Großmutter und gingen zurück zur Marchi-Brücke. Es war stockfinstere Nacht, als sie ankamen, und die Männer waren froh. Pascale war nicht mehr da. Ein tiefes Röhren von tosenden, strudelnden Wassermassen kam jedoch vom Kanal her – vvvrooff, vvvrooff –, das überhaupt nicht beruhigend war, aber meine Onkel sagten: »Nein, nein … der Kanal ist breit, jetzt hält er.« Dagegen ist der Canale Mussolini in der Nacht vom 4. auf den 5. November 1939 erneut über die Ufer getreten. Er ist jedoch nur bei Onkel Pericle übergetreten, sonst hielten die Uferdämme überall gut, genau wie die Techniker versichert hatten. Nur bei ihm brach er. Und es war auch noch seine Schuld. Und die Pascales.
    Nachdem der Hagel ihnen Anfang Juni die ganze Ernte vernichtet hatte, ließen meine Onkel sich von Pascale einreden, dass man mehr investieren müsse. »Das ist wie beim Lotto«, sagte er, denn er war Casertaner-Neapoletaner: »Wenn nicht die richtige Zahl kommt, muss man den Einsatz verdoppeln. Pflanzt Pfirsiche, Pfirsiche.« Und so legten sie einen Pfirsichgarten an. »Und zwischen die Pfirsiche pflanzt ihr meine Tomaten.« Und sie pflanzten Pfirsiche und Tomaten, das Geld für die Setzlinge borgten sie sich noch einmal bei den Grafen

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