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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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diesem Tag zufällig aufgedeckt war, sagte sie zu ihrer Mutter, meiner Großmutter: »Mama! Nicht dass die sich in den Brunnen stürzt?« »Wenn sie’s doch nur täte!«, sagte Großmutter. »Sie und ihr Bastard!« Und sie betete: »Herr, Herr, gib, dass mein Sohn nicht mehr wiederkommt, wer weiß, was sonst passiert.«
    Unterdessen passierte aber, dass am 22. Januar 1944 die Alliierten in Anzio landeten. Erinnern Sie sich an das Lied »Angelita«? »Angelita, Engelchen wollten wir dich nennen / wir landeten eines Nachts in Anzio / vier Muscheln gefüllt mit Sand / umschloss dein kleines Händchen. / Angelita hätten wir dich genannt.«
    Nun, die wollten uns ganz und gar nicht Angelita nennen. Nicht dazu waren sie gekommen. Ich will ja nichts sagen – das fehlte noch –, die hatten ihre guten Gründe, schließlich waren wir es gewesen, die zuerst bei ihnen zu Hause Zoff gemacht hatten, und wenn die Welt in Flammen stand, war das allein unsere Schuld; unsere und die unserer germanischen und nipponischen Verbündeten. Aber ich wiederhole es, die sind nicht in Anzio gelandet, um uns Angelita zu nennen, sondern um uns sämtliche Knochen zu brechen. Das ist eine historische Tatsache. Verbürgt.
    Am 12. Januar wurde die erste große Schlacht um Monte Cassino eröffnet. Einen Monat lang gingen die Gefechte erbittert weiter, aber da war nichts zu machen: Die Alliierten mussten bis zum 19. Mai 1944 unter der Klosteranlage ausharren. Vier Monate der Kämpfe – 32 000 Tote auf ihrer Seite und 11 000 auf deutscher Seite – waren erforderlich, um von Cassino aus vorrücken zu können.
    Cassino war Hauptstützpunkt in der Gustavlinie, der Verteidigungslinie der Deutschen, die von der Mündung des Garigliano im Tyrrhenischen Meer bis zum Sangro an der Adria verlief, Italien also einmal ganz quer durchschnitt und in zwei Hälften teilte. Auf der einen Seite, im Süden, das Königreich – mit der, sagen wir, legitimen Regierung des Königs –, mittlerweile eingenommen von den Angloamerikanern, unseren ehemaligen Feinden und nunmehr Verbündeten, die alles taten, um ihren Vormarsch fortzusetzen und das Land ganz zu erobern. Auf der anderen Seite die Deutschen – und die, sagen wir, Marionettenregierung der Repubblica Sociale Italiana, die faschistische Republik im Norden –, die alles taten, um sie zu behindern.
    Wenn Sie eine Landkarte anschauen, sehen Sie gleich, dass diese Gustavlinie ganz durch gebirgiges Gelände verlief. Dazu stellen Sie sich Bunker und Befestigungsanlagen vor. Der einzige Punkt, wo die Alliierten mit ihren Truppen und Panzerfahrzeugen durchkommen konnten, war tatsächlich das Tal unterhalb von Cassino, wo heute die Hochgeschwindigkeitstrasse der Bahn und die Autostrada del Sole verlaufen. Dieses Tal war aber beherrscht vom Monte Cassino, auf dem das Kloster liegt. Und da war kein Durchkommen. Kaum ließ man sich von ferne blicken, warfen einem die Deutschen auch schon Steine an den Kopf. »Strategischer Vorteil«, nennt man das, und in der Tat waren vier Monate und 43000 Tote nötig, um hier durchzukommen.
    Nicht dass die Angloamerikaner sich keine andere Lösung überlegt hätten. »Landen wir mit verstärkten Kräften in der Pontinischen Ebene«, sagten sie, »zwischen Circeo und Terracina, dann mit Panzern geradewegs hinauf bis Cori-Giulianello, und in Valmontone greifen wir die Deutschen in Cassino von hinten an.« Bloß, dass der Geheimdienst von Admiral Canaris das erfuhr – auch wenn es dazu nicht gerade eines Admirals bedurft hätte, auch Sie und ich sehen das mit einem Blick, wenn wir auf eine Landkarte schauen –, also ließen die Deutschen unsere Techniker von der ONC und vom Konsortium kommen: »Kameraden, wir müssen den Agro Pontino wieder ein bisschen unter Wasser setzen.«
    »Jawohl«, sagten wir, was sollten wir sonst sagen? Das ist oberste Regel in der Kriegstaktik – und das lehrt nicht nur von Clausewitz, sondern das hat auch Titus Livius schon gesagt: Der vorrückende Feind darf nur verbrannte Erde vorfinden, man darf nichts zurücklassen, was ihm nützlich sein könnte, sogar die Kühe muss man schlachten und vergraben, wenn man sie partout nicht mitnehmen kann, man kann sie schließlich nicht ihm überlassen. Stellen Sie sich dagegen einen Historiker vor, der sagt: »Aaah! Aber die haben die Felder wieder unter Wasser gesetzt!« Ja und? Hätten wir sie Ihrer Meinung nach einfach so landen lassen sollen, wie es ihnen passte?
    Wir legten sämtliche Pumpstationen lahm. Es

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