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Canard Saigon (German Edition)

Canard Saigon (German Edition)

Titel: Canard Saigon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Friesenhahn
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übergab er das Wort an Lieutenant Langlet, der für die erfolgreiche Operation Revanche verantwortlich war. Für den jungen Offizier war das eine große Ehre, denn er durfte dieses Jahr die Geschichte von Camerone verlesen.
    Mit pathetischer Stimme erzählte Lieutenant Langlet von der Schlacht von Camerone am 30. April 1863 in Mexiko: Die dritte Kompanie des Fremdenregiments wurde als Vorhut für einen französischen Militärkonvoi losgeschickt. Am 30. April brachen um ein Uhr morgens drei Offiziere und 62 Legionäre nach Palo Verde auf. Gegen sieben Uhr morgens wurden sie vom Feind angegriffen. Die Legionäre zogen sich auf Höhe der Herberge von Camerone zurück und verschanzten sich dort. Um zehn Uhr lehnte die Kompanie die Aufforderung der Mexikaner, sich zu ergeben, ab. Bis sechs Uhr abends trotzten diese 60 Legionäre dem Ansturm von 800 mexikanischen Kavalleristen und 1200 Infanteristen. Nach dem letzten Sturmangriff der Mexikaner waren nur noch sechs kampffähige Männer übrig. Jeder hatte noch eine Patrone. Sie pflanzten das Bajonett auf und stürzten sich den anstürmenden Feinden entgegen. Drei Legionäre sanken tödlich getroffen zu Boden, bevor ein mexikanischer Offizier seinen Soldaten Einhalt gebot. Die verbliebenen drei Legionäre ergaben sich nur unter der Bedingung, dass sie sich um ihre verwundeten Kameraden kümmern durften. Elf Stunden lang haben an diesem Tag 60 Legionäre 2000 Feinden standgehalten. Sie haben 300 getötet und genauso viele verwundet. Durch ihr Opfer konnte der Konvoi sicher an sein Ziel gelangen. Kaiser Napoleon III. ordnete an, dass der Name Camarone auf die Fahne des Fremdenregiments geschrieben wurde. Am Ort der Schlacht in Camerone wurde 1892 ein Denkmal errichtet.
    Nach der Ansprache räusperte sich Lieutenant Langlet kurz, dann nahm er mit stolzgeschwellter Brust wieder seinen Platz in der Kompanie ein. Die Offiziersanwärter waren in einer eigenen Gruppe angetreten. Chef de Bataillon Rossi nahm die fälligen Ernennungen vor. In einer feierlichen Zeremonie wurden die neuen Offiziere einzeln aufgerufen, und der Kommandant überreichte ihnen die Offizierspatente. Zwischen den verschiedenen Programmpunkten des offiziellen Teils des Camerone-Tages spielte die Musikkapelle die berühmten Melodien der Fremdenlegion. Um 11.30 Uhr war der Festakt beendet. Zu den Klängen der Musikkapelle marschierten wir vom Exerzierplatz zu unseren Unterkünften. Jetzt begann der lockere Teil. In der Kantine türmten sich die Leckereien, Alkohol stand im Überfluss zur Verfügung. Am Camerone-Tag war noch kein Legionär verhungert oder verdurstet. Von saftigen Bratenstücken über gegrillte Stelzen, Brathühner, Zwiebelrostbraten bis zu diversen Fischgerichten wurde serviert, was das Legionärsherz begehrte. Französische Käsespezialitäten und raffinierte Desserts rundeten das Festmahl ab. Dazu gab es kühles Bier, beste französische Weine und sogar Champagner in rauen Mengen. Ein herrliches Fest.
    Ich genoss den Camerone-Tag. Für mich war dieser Tag etwas Besonderes. Der Festakt, die Parade, das Festmahl – alles drehte sich um uns Legionäre. Das war unser Tag. Am Camerone-Tag hatte ich immer das Gefühl, ein wichtiger Teil einer außergewöhnlichen Elite zu sein. Ich fühlte mich stark, mächtig und unbesiegbar. Normale Feste der Fremdenlegion arteten meist in üble Gelage aus. Die Arrestzellen waren dann voll mit betrunkenen Legionären. Am Camerone-Tag war alles anders. Da wurde feierlich gegessen und gesoffen. Auch im Vollrausch versuchten die Legionäre, Würde und Etikette zu wahren. Wir saßen den ganzen Nachmittag zusammen, erzählten uns Geschichten, scherzten und sangen unsere Lieder. Am Abend bildeten sich immer mehr Kleingruppen. Die Stimmung war fröhlich und gelöst. Ich hatte zwar einiges getrunken, war aber nur beschwipst.
    Um etwa zehn Uhr abends stand ich auf und wollte mir noch einen kleinen Imbiss genehmigen. Ich machte mich auf den Weg zum Buffet. Horst Muler eilte mir nach und legte mir die Hand um die Schulter.
    „Hast du Hunger, Junge?“, fragte er mit seiner lärmenden Stimme.
    „Na ja, eine Kleinigkeit werde ich mir genehmigen. Eine Unterlage für den Alkohol schadet nie. Dann passt mehr hinein“, sagte ich und deutete mit einer Hand eine Trinkbewegung an.
    Horst lachte. „Dann weiß ich das Richtige für dich, Charles.“ Er drückte meine Schultern fest an sich und sprach mir leise ins Ohr. „Komm mit, Charles, wir holen uns einen echten

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