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Canard Saigon (German Edition)

Canard Saigon (German Edition)

Titel: Canard Saigon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Friesenhahn
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über das Bett, packte ihn, riss ihn aus dem Fauteuil und schleuderte ihn zu Boden. Sekundenbruchteile später war ein zweiter Mann bei ihm und fixierte den Arzt.
    „Gesichert“, rief der Mann und hob seine rechte Hand.
    „Zielobjekt gesichert“, rief Oberst Holmann in sein Headset, während zwei seiner Leute den Doktor auf die Beine stellten. Das Handtuch war ihm im Handgemenge von der Hüfte gerutscht. Da der Fußboden mit Glasscherben übersät war, hatte er sich bei dem Sturz zahlreiche leichte Schnittwunden zugezogen. Nackt, Augen und Mund vor Schreck weit aufgerissen, stand er am ganzen Leib zitternd inmitten des Sonderkommandos da. Ein erbarmungswürdiges Häufchen Elend, dachte Martin bei seinem Anblick.
    „Kümmert euch um die Frau“, befahl Oberst Holmann. „Sanitäter und Notarzt sofort an den Zielort“, rief er ins Mikrofon seines Headsets.

Wien, Dienstag, 27. April 2010, 00.40 Uhr
    „Du fährst mit mir, als ob du mich gestohlen hättest“, sagte Johannes zu Marc, der mit Blaulicht über die Simmeringer Hauptstraße jagte.
    „So bin ich schon lange nicht mehr gefahren“, sagte Marc vergnügt. „Kaum Verkehr, eine Einsatzfahrt durchs nächtliche Wien, das hat etwas. Da komme ich mir gleich wichtig vor.“
    „Sind wir doch, Chef, wir sind wichtig. Und wir bleiben es, wenn du etwas langsamer fährst.“
    Marc lachte und drosselte das Tempo. Aber nicht etwa, weil er sich die Worte von Johannes zu Herzen genommen hatte, sondern weil er nach rechts in die Baudißgasse abbog. Er schaltete das Blaulicht ab.
    „Gleich sind wir da“, sagte Marc.
    Als er in die Ailecgasse einbog, öffnete Johannes seinen Koffer.
    „Fahr bitte langsam, Marc. Ich möchte etwas überprüfen.“
    Marc drosselte das Tempo. Das Grundstück befand sich auf der linken Seite. Im Vorbeifahren sah Marc ein altes Gebäude, ungefähr 20 Meter von der Straße entfernt. Ein alter Maschendrahtzaun bildete die vordere Begrenzung. Anstatt eines Tores gab es eine breite, offene Einfahrt in einen betonierten Hof. Das Anwesen lag fast völlig im Dunkeln. Nur die Scheinwerfer des gut beleuchteten Nachbargrundstücks erhellten einen Teil des Rasens im hinteren Eck. Als er einige Meter vorbeigefahren war, piepste ein elektronisches Gerät im Koffer von Johannes.
    „Das Gebäude wird von zwei Überwachungskameras gesichert“, sagte Johannes. Er griff zum Handy und rief Fritz an.
    „Die Überwachungstechnik ist allerdings nicht besonders gut“, sagte er nach dem kurzen Gespräch. „Die Geräte entsprechen nicht dem neuesten Stand.“
    Marc wendete den Wagen und fuhr langsam zurück. Er überlegte. Was machen wir hier, fragte er sich. Plötzlich empfand er seine Entscheidung, hierher zu kommen, als Schnapsidee. Sollten sie auf einen vagen Verdacht hin in ein altes Gebäude eindringen? Und das ohne rechtliche Grundlage. Martin verhaftet eben den Hauptverdächtigen, und ich soll gleichzeitig in einen verwahrlosten Schuppen einbrechen, dachte er. Da mache ich mich zur Witzfigur der Republik. Genau in dem Moment, als er beschloss, zum War Room zurückzufahren, rief Sandra Kessler an. Marc fuhr an den rechten Straßenrand und schaltete die Freisprecheinrichtung ein.
    „Marc, wir haben den Arbeiter gefunden, der mit dem Kastenwagen nach Hause gefahren ist“, berichtete Sandra. „Die Durchsuchung des Malerbetriebs hat bisher keine Hinweise ergeben. Von Burek fehlt nach wie vor jede Spur.“
    „Gut, kommt zurück in den War Room“, sagte Marc. „Martin stürmt mit der Cobra in diesen Momenten das Vereinshaus. Vielleicht ist der Albtraum in wenigen Minuten vorbei.“ Sekunden später rief Fritz Stainer an.
    „Marc, ich hab etwas gefunden. Der Mädchenname der Mutter von Cornelia Braunrath war Doris Mustek. Und auf deren Mutter, einer gewissen Waltraud Mustek, ist ein Kastenwagen der Marke Ford Transit angemeldet.“
    „Wie bitte? Wie alt ist die Dame? Und wo wohnt sie?“
    „Das finde ich auch seltsam. Die Dame ist 86 und wohnt in einem Altersheim. Die Rechnungen für die Versicherung werden an ein Postfach zugestellt und per Erlagschein bezahlt.“
    „Danke, Fritz, wir kommen ohnehin gleich“, sagte Marc und beendete nachdenklich das Gespräch. Er lehnte sich zurück und schloss für einen Moment die Augen. Wie passt diese Information ins Gesamtbild, fragte er sich. Aber bevor er die Fakten gedanklich neu ordnen konnte, kündigte ein Klingelton den nächsten Anrufer an. Als er sah, dass es Martin war, erhöhte sich seine

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