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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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»Sie wollen, dass ich zurückkomme und bei ihnen wohne   … vielleicht aufs College gehe oder so   …«
    »Kannst du das?«
    »Was – aufs College gehen?«
    »Nein   … ich meine, könntest du weg von hier?«
    »Im Moment nicht. Ich bin unter Beobachtung. Das ist Teil der Kautionsbedingungen.«
    »Unter Beobachtung?«
    »Ja   …« Sie sah mich an. »Zur psychiatrischen Beurteilung   … es hat nicht viel zu bedeuten. Ist nur irgend so’n Kram, den ich machen muss, verstehst du   … Wird sich im Prozess wahrscheinlich positiv auswirken   … Sozialberatung, Wiedereingliederungsmaßnahme – solche Sachen.« Sie unterbrach sich kurz, starrte mit leerem Blick auf den Tisch und in dem Moment bemerkte ich ihre Fingernägel. Sie waren alle abgekaut, heruntergenagt bis aufs Fleisch, rot, hässlich und rau. So waren sie nie gewesen. »Angeblich hilft es jedenfalls«, sagte sie plötzlich.
    »Was?«
    »Wie?«
    »Was soll helfen?«
    »Hab ich dir doch gerade
erklärt
«, sagte sie ungeduldig, »die Beurteilung, die Sozialberatung   … der ganze Scheiß, den ich jeden Tag über mich ergehen lassen muss.« Sie warf einen Blick |408| durch den Garten, dann beugte sie sich über den Tisch und senkte die Stimme. »Sie werden mich sowieso freisprechen – Notwehr   … und wenn nicht, dann ist Totschlag das Höchste, wofür sie mich drankriegen können. In ein paar Monaten bin ich wahrscheinlich draußen.« Sie starrte mich an. »Hast du der Polizei was von Mason erzählt?«
    »Von wem?«
    »Von Mason – dem Fahrer   … dem Typen, den ich niedergeschossen hab   …«
    »Ich hab gesagt, ich hätte nichts gesehen.«
    »Gut   …« Sie runzelte die Stirn. »Was hab ich gerade gesagt?«
    »Äh   …?«
    »Ach ja, ich brauch das hier gar nicht   … es bringt sowieso nichts. Haben sie dir gesagt, was passiert ist?«
    »Öh   … nein«, sagte ich.
    »Es war nicht meine Schuld. Ich hab mich nicht gut gefühlt   … ich hab ein bisschen Stoff gekriegt   … ich musste einfach   … der Typ vom Ende des Flurs hat ihn am Wochenende mit reingebracht   …«
    Ich verstand absolut nicht, was jetzt auf einmal los war. Ihre Augen schossen hin und her und sie warf mir merkwürdige Blicke zu. Sie schien wütend. Verwirrt. Verstört wegen irgendwas. Und ich hatte keine Ahnung, wovon sie sprach – von welchem Stoff? Von welchem Typ? Von welchem Flur?
    »Es war der Song«, sagte sie. »Sie haben ihn im Radio gespielt.«
    »Welcher Song?«
    »
Mein
Song   … dein Song   …« Ihr Gesicht hatte sich beruhigt. »Du hättest es mir sagen sollen.«
    Jetzt wusste ich, wovon sie sprach – von meinem Song, ihrem |409| Song   …
Candy
– der ersten Single der
Katies
. Jason hatte mir vor ein paar Monaten davon erzählt. Sie hatten die Demo-CD ohne mich aufgenommen und der Plattenfirma hatte es so gut gefallen, dass sie die Band unter Vertrag nahm – mit einem neuen Bassisten – und den Song als Maxi-CD rausbrachten. Er war zwar kein Riesenerfolg, doch er hatte sich immerhin eine Weile am unteren Ende der Charts gehalten, ein paar lokale Radiosender waren drauf abgefahren und in der nationalen Musikpresse waren Artikel über die
Katies
erschienen   …
    Ich hätte wahrscheinlich stocksauer sein sollen – sie hatten meinen Song gestohlen, meinen Text, meine Musik   … wie
konnten
sie nur?   –, doch es kümmerte mich einfach nicht. Ich hatte versucht, wütend zu werden, als Jason es mir sagte, aber ich war nicht mit dem Herzen dabei. Jedenfalls sah ich nicht ein, was das bringen sollte. Ich konnte schließlich nicht beweisen, dass es mein Song war, oder? Und selbst wenn – na und? Es war nur ein Song   …
    »Tut mir Leid«, sagte ich zu Candy. »Ich hab nichts davon gewusst   … Ich hätte es dir ja gesagt, wenn ich gekonnt hätte.«
    »Das ist nicht fair«, sagte sie.
    »Ich weiß.«
    »Er handelt von
mir

    »Na ja, ich weiß, aber   –«
    »Du hast gesagt, er handelt von mir   … das hast du
gesagt
. Es ist mein Song   … er gehört nur mir   … du kannst ihn nicht für jemand anderen singen   …«
    »Ich bin nicht   … es hat nichts mit mir zu tun. Ich singe überhaupt nichts.«
    »Ich hab ihn im Radio gehört   …«
    |410| Sie fing an zu weinen.
    »Ich hab ihn
gehört
…«
    Ich fasste über den Tisch und hielt ihre Hand. Sie fühlte sich kalt, steif und unvertraut an. »Ist ja gut«, sagte ich, »du musst nicht weinen.«
    »Nein«, schluchzte sie, »es ist
nicht
gut. Es ist nicht   … ich

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