Candy
sagte ich. »Ist da Candy?«
»Ja … Moment mal.« Das Telefon klang jetzt gedämpft, von einer Hand zugedeckt, und im Hintergrund hörte ich tiefe Stimmen murmeln. Frauenstimmen … einen Schrei … ein Lachen … dann wurde die Leitung frei und Candy kam wieder dran. »Ja … hallo?«
»Candy?«, fragte ich. »Ich bin’s, Joe …«
»Wer?«
»Joe … Joe Beck.«
»
Bett?
«
»Nein, Beck …B-E-C-K. Joe Beck. Wir haben uns letzte Woche kennen gelernt … Donnerstag … ich hab dich am Bahnhof –«
»Wo?«
»King’s Cross.«
»Wann?«
»Donnerstag«, sagte ich und mein Herz plumpste nach unten. »Letzten Donnerstag …« Ich schaute auf das Guthaben-Display |77| am Telefon, starrte verwirrt auf die Ziffern und fragte mich, ob es sich lohnte, noch mehr Geld einzuwerfen. Offensichtlich erinnerte sie sich nicht mehr an mich. Wozu also das Ganze noch länger hinziehen? Am besten verabschiedete ich mich und legte auf.
Aber dann änderte sich ihr Tonfall – »Joe!« –, plötzlich klang sie frisch und aufgeregt. »Joe vom McDonald’s?«
»Ja …«
»Gott – warum hast du das nicht gleich gesagt? Beulen-Joe, stimmt’s? Der Junge, der sein ganzes Geld auf den Boden hat fallen lassen?«
»Ja …«
»Joe mit der Mütze.«
Ich lachte.
»Jesses«, sagte sie, »du hast dir ja echt Zeit genommen, was? Warum hast du mich nicht angerufen?«
»Mach ich doch gerade.«
»Es ist aber mehr als eine
Woche
her.«
»Ja, ich weiß … tut mir Leid … ich wusste nicht …«
»Ich wollte mit dir reden.«
Eine warme Glut blähte sich in meiner Brust. Sie wollte mit mir reden … sie wollte mit
mir
reden! Die Piepstöne gingen los und ich warf noch ein paar Münzen ein.
»Joe?«, sagte Candy. »Bist du noch da?«
»Ja … ich hab nur …«
»Ist alles in Ordnung mit dir?«
»Ja … super.«
»Was macht die Beule?«
»Die ist weg. Der Arzt hat sie ausgesaugt.«
»Er hat
was
?«
|78| »Mit einer Nadel … er hat das ganze Zeug mit einer Nadel ausgesaugt. Jetzt ist alles bestens.«
»Du hast keine Beule mehr?«
»Nein.«
»Na, das ist gut. Wie läuft’s mit der Band? Den
Katies
? Seid ihr schon groß rausgekommen?«
»Noch nicht ganz.«
Sie schniefte und ich hörte, wie sie sich eine Zigarette anzündete.
Ich sagte: »Wie geht’s dir? Ist alles okay?«
»Ja«, sagte sie locker-leicht, »weißt du … alles wie immer. Auf jeden Fall ist es schön, mit dir zu sprechen, Joe. Ich hab echt drauf gewartet, dass du anrufst.«
»Wirklich?«
»Ja, wirklich.« Sie räusperte sich. »Sieh mal, das, was passiert ist … das mit Iggy und so …«
Ich wartete, dass sie weitersprach.
»Joe?«
»Ja?«
»’tschuldigung, ich dachte, du wärst weg. Ich wollte nur sagen: Es tut mir Leid, weißt du? Wegen Iggy … er hat das nicht ernst gemeint. Ab und zu kriegt er bloß seinen Rappel. Dann kann er sich nicht mehr so richtig bremsen.«
»Aha«, sagte ich zögernd.
»Das Ganze, was er gesagt hat … Er hat nur so getan.«
»So getan?«
»Er hat einen komischen Humor.«
»Ja?«
»Ich weiß, dass das schwer zu glauben ist …«
|79| Da hatte sie allerdings Recht.
»Ich wollte mich nur entschuldigen«, sagte sie. »Ich fühl mich echt schäbig deswegen.«
»Ist schon okay«, hörte ich mich sagen. »Mach dir darum keine Sorgen.«
»Sicher?«
»Ja … solange er mir nicht die Kehle durchschneidet …«
Sie lachte, aber es war kein besonders beruhigendes Lachen, sondern klang eher ein bisschen gezwungen. »Wer ist er überhaupt?«, fragte ich.
»Wer – Iggy?«
»Ja.«
»Er ist bloß … ach, er ist niemand, ehrlich.« Ich hörte, wie sie den Rauch einsog. »Er ist nur der Freund von einem Freund … weißt du … bloß jemand, den ich so kenne. Egal, pass auf, es tut mir wirklich Leid, dass er dir Schwierigkeiten gemacht hat. Wenn ich das auf irgendeine Art wieder gutmachen kann …«
»Wie bitte?«
Sie lachte wieder, aber diesmal natürlicher. »So mein ich das nicht … ich dachte nur, wenn du irgendwo hingehen magst, weißt du, auf einen Drink oder so.«
»Oh, klar … ja … ja, das wär schön.«
»Du
musst
nicht –«
»Nein … würde ich wirklich gern.«
»Ich könnte dir einen Donut kaufen.«
»Ja …«
»Super … okay, wohin willst du?«
»Ich weiß nicht … wo wohnst du?«
»Alles in London geht für mich. Passt das für dich?«
|80| »Ja …
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