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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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was hältst du vom Zoo?«
    »Vom Zoo?«
    Ich hätte mir in den Hintern treten können. Es war so bescheuert, was ich da sagte, und ich hatte nicht mal eine Ahnung, warum ich es gesagt hatte. Ich meine – der Zoo?
Was ist los mit dir?
, fragte ich mich.
Sie lädt dich auf einen Drink ein   … und du sagst ihr, du willst in den
Zoo
?
    »Vom Londoner Zoo?«, fragte Candy.
    »Ja, aber   –«
    »Das wär super. Fänd ich echt
toll
, in den Zoo zu gehen. Da bin ich schon eine Ewigkeit nicht mehr gewesen.«
    »Ehrlich?«
    »Ja   … das einzige Problem ist   …«
    Jetzt kommt’s
, dachte ich.
    »…   ich bin zeitlich ziemlich beschränkt.«
    »Ach so   … na ja, das ist schon in Ordnung. Wir müssen ja nicht lange bleiben.«
    »Nein, ich meine terminmäßig. Zurzeit bin ich gerade ein bisschen ausgelastet   … der einzige Tag, an dem ich wegkann, ist Dienstag.«
    »Diesen Dienstag?«
    »Ja – geht das bei dir?«
    »Du meinst kommenden Dienstag   … jetzt nach dem Wochenende   … in ein paar Tagen?«
    »Ja, Joe   … den Dienstag, der auf den Montag nach dem Wochenende folgt.«
    »Okay, ja. Ich wollte nur sicher sein   …«
    »Bist du jetzt sicher?«
    »Ja.«
    |81| »Also?«
    »Was?«
    Sie lachte. »Schaffst du es am Dienstag oder nicht?«
    »Ja«, sagte ich, ohne überhaupt drüber nachzudenken. »Ja, Dienstag passt gut. Wo soll ich dich treffen?«
    »Vor dem Haupteingang?«
    »Okay – um wie viel Uhr?«
    »Nicht zu früh   …«
    »Um zwölf?«
    »Klingt gut.«
    »Zwölf Uhr. Dienstagmittag, vor dem Londoner Zoo.«
    »Am Haupteingang.«
    »Richtig – am Haupteingang. Soll ich dir meine Handynummer geben, nur für den Fall   –«
    »Warte.«
    Das Telefon klang wieder gedämpft. Diesmal konnte ich im Hintergrund Türen schlagen hören, laut werdende Stimmen, schwere Schritte   …
    »Candy?«, sagte ich. »Candy   –«
    »Joe«, flüsterte sie schnell. »Ich muss aufhören.«
    »Was ist los?«
    »Nichts   … erzähl ich dir später.« Ihre Stimme war jetzt kaum hörbar. »Bis Dienstag – okay? Sieh zu, dass du da bist.«
    »Ja, aber   –«
    Die Verbindung war unterbrochen.
     
    Ich stand eine Weile in der Telefonzelle und versuchte meine Gedanken zu entwirren   … das Gespräch noch einmal im Kopf abzuspulen, alles durchzugehen, was Candy gesagt hatte und was das |82| für mich hieß, welche Gefühle es in mir auslöste, wieder und wieder   …
    Der letzte Punkt war am schwersten für mich zu verstehen.
    Welche Gefühle hatte ich?
    Sie hatte mich angelogen – darüber war ich mir ziemlich sicher. Sie hatte mich angelogen. Sie verheimlichte mir Dinge. Und ich hatte keine Möglichkeit herauszufinden, wer sie war. War sie die schrill klingende Candy, die den Anruf entgegengenommen hatte, die mit der verschwommenen Aussprache? Oder war sie die mit dem sprudelnden Lachen, die, die mich Joe mit der Mütze genannt hatte?
Vielleicht ist sie beides?
, überlegte ich.
Vielleicht hat sie eine gespaltene Persönlichkeit? Vielleicht ist sie eine schizophrene Prostituierte mit ernsthaftem Drogenproblem und einem Psychopathen als Zuhälter   …?
    Ja
, sagte ich mir,
vielleicht ist sie das   … aber sie ist trotzdem unglaublich schön, stimmt’s? Sie hat trotzdem das strahlendste Lächeln und die dunkelsten Augen und diesen wunderbaren Duft frisch gewaschener Haut   … und alles an ihr stülpt trotzdem jedes Mal dein Innerstes nach außen   … und sie geht trotzdem am Dienstag mit dir in den Zoo   …
    DONG! DONG! DONG!
    Das plötzliche Klopfen an der Glasscheibe der Telefonzelle erschreckte mich zu Tode. Nachdem ich mich wieder eingekriegt hatte, starrte ich durch die Scheibe und sah eine etwas zusammengeschrumpfte alte Frau, die draußen auf einen Stock gestützt stand und mich anblinzelte.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«, krächzte sie. »Bist du krank oder was?«
    Ich öffnete die Tür. »Wie bitte?«
    |83| »Ich dachte, du willst da drin sterben«, sagte sie und klapperte mit ihren Zähnen. »Bist du jetzt fertig? Ich muss nämlich ein paar Anrufe erledigen.«
    Ich trat heraus und hielt ihr die Tür auf.
    Dann ging ich nach Hause.

|84| 5.   Kapitel
    M anchmal ist ein Tag genau richtig: das Wetter, die Welt, so wie alles auf dich wirkt – dein Körper, deine Kleidung, deine Geistesverfassung   … manchmal passt alles perfekt zusammen, genau so, wie es sein soll.
    Der Dienstag war so ein Tag.
    Er begann frostig kalt mit einem dunstigen weißen Schleier in der Luft, aber als es im

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