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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Lauf des Morgens aufklarte und die Sonne herauskam, verlor sich der Winternebel und der Himmel glänzte in der strahlend blauen Verheißung von Frühling. Es war noch zu früh im Jahr, um richtig warm zu sein, aber die Flut neuen Lichts reichte aus, um allem Leben einzuhauchen.
    Vögel sangen.
    Menschen lächelten.
    Die Luft wirkte frisch.
    Es war ein guter Tag, um in den Zoo zu gehen.
    Ich erreichte den Zug um 10.30   Uhr, der mich um kurz nach elf zur Liverpool Street brachte, dann nahm ich die U-Bahn nach Camden Town und ging von dort aus den Rest zu Fuß. Die Straßen waren belebt, aber nicht zu stark, und mein Herz raste, aber nicht zu sehr. Ausreichend schnell, um ein Lächeln in mein Gesicht |85| zu zaubern, doch nicht so schnell, dass ich mich unwohl fühlte. Diese Art von schnell.
    Angenehm
schnell.
    Aufregend.
    Überwältigend.
    Antreibend.
    Ein Teil der Erregung rührte vermutlich daher, dass ich eigentlich in der Schule hätte sein sollen. Es war eine kindische Erregung, ein verbotener Kick, und während ich die Straßen von Camden entlangging, dann durch den Parkway und hinein in die Pracht des Regent’s Parks, wusste ich im Hinterkopf, dass ich wahrscheinlich später dafür bezahlen würde. Es war mir nicht viel Zeit geblieben, alles genau zu durchdenken, also hatte ich nur darauf gewartet, dass mein Vater zur Arbeit aufbrach, und dann Gina gebeten, mich zu decken. Ich sagte ihr natürlich nicht die Wahrheit. Ich meine, wir sind ziemlich vertraut miteinander und sie ist sehr verständnisvoll, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie verstanden hätte, warum ich mit Candy in den Zoo ging. Also erfand ich eine Geschichte über Probleme mit unserer Anlage für den Auftritt am Freitag in London.
    »Es ist wirklich wichtig«, erklärte ich ihr. »Wenn wir das nicht hinkriegen, wird die ganze Sache abgeblasen.«
    »Ich kann dich nicht nach London fahren, wenn du das meinst«, sagte sie. »Ich muss gleich los zur Arbeit. Bin jetzt schon spät dran.«
    »Nein, darum geht es nicht. Du sollst nur für mich in der Schule anrufen und ihnen sagen, dass ich krank bin.«
    Sie sah mich an. »Du willst, dass ich für dich
lüge

    »Ja – wenn es dir nichts ausmacht.«
    |86| Sie lachte. »Und was ist, wenn Dad es rausfindet?«
    »Das wird er nicht.«
    »Wird er wohl – er findet immer alles raus. Der ist doch wie Inspektor Columbo.«
    »Wie – du meinst, er schielt und ist altmodisch?«
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Okay«, sagte ich. »Wenn er es rausfindet, sag ich ihm einfach, ich hab dich angelogen. Ich sage, ich hab nur so getan, als ob ich krank wäre, und dich auf diese Weise dazu gebracht, in der Schule anzurufen   –«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin gelernte
Krankenschwester
, Joe. Ich sollte
wissen
, ob jemand krank ist oder nicht. Und wenn jemand wirklich krank ist, sollte ich mich um ihn kümmern.«
    »Du
würdest
dich ja um mich kümmern.«
    »Nein, würde ich nicht. Ich hab dir doch gerade gesagt, dass ich zur Arbeit muss. Ich kann nicht den ganzen Tag zu Hause bleiben und mich um dich kümmern.«
    »Ja, aber das ist genau der Punkt. Du
musst
nicht zu Hause bleiben und dich um mich kümmern.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil ich nicht krank bin, oder? Und ich werde sowieso nicht hier sein. Ich bin in London.«
    Gina starrte mich einen Moment an, versuchte zu begreifen, was ich gerade gesagt hatte, und fragte sich, ob es Zweck hatte, darüber zu diskutieren. Dann schaute sie auf die Uhr und stieß einen Seufzer aus. »Also gut«, sagte sie und griff nach dem Telefon. »Aber dafür schuldest du mir echt was, klar? Und sobald Dad es rauskriegt   …«
    Sobald Dad es rauskriegt   …
    |87| Ja, sie hatte ja Recht   … er
würde
es rauskriegen. Er kriegte immer alles raus. Dann hätte ich ein Problem und Gina müsste noch mal für mich lügen, Dad wäre die nächsten Wochen total beleidigt und sauer und würde mir dauernd Vorträge halten über Karriere, Verantwortung, Vertrauen und weiß der Himmel was noch.
    Aber das betraf einen anderen Tag.
    Es betraf nicht jetzt.
    Jetzt war nur jetzt. Einfach durch die sonnendurchfluteten Straßen gehen, die königlich weißen Häuser anschauen, die saftig grüne Weite des Parks und das wohltuende Wasser des Kanals, die kleinen Steinbrücken, die Boote, die Enten, zu lauschen auf die fernen Geräusche des Zoos, die in der Luft lagen, die leisen Schreie der Vögel, der Affen, der Seelöwen   …
    Tiergeräusche.
    Wie sie sich auf gespenstische Weise mit den

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