Candy
spielte, und dass
das
genau der Sound sei, nach dem sie suchten, erwähnte ich so nebenbei, ich hätte einen Bass und wahrscheinlich könnte ich auch so spielen … und von da aus entwickelte sich die Sache dann weiter.
Wir übten eine Menge, schrieben ein paar akzeptable Songs, bekamen die ersten Auftritte, machten Demotapes und jetzt gerade fing es an, richtig zu laufen – bessere Auftritte, mehr Geld, hier und da ein bisschen Interesse von einer Plattenfirma. Ich wusste nicht so ganz, wie ich das finden sollte, aber die andern waren echt heiß.
Als ich an diesem Abend zum Proben kam, redeten alle über den Auftritt in London, von dem ich Gina erzählt hatte. Sie diskutierten, was wir anziehen, was wir spielen und was wir tun sollten, wenn uns ein Vertrag angeboten würde. Ich hörte eine Weile zu, ohne mich richtig reinzuhängen, dann wanderte ich umher und fing an, auf der Gitarre rumzuklimpern.
Es wird auf Dauer ein bisschen langweilig, wenn man die ganze Zeit nur Bass spielt, und es macht Spaß, sich ab und zu eine Gitarre umzuhängen, vor allem wenn du sie
richtig
laut spielen kannst – das Knistern der Pick-ups, wenn du den Verstärker einschaltest, das erwartungsvolle Summen, wenn du ihn voll aufdrehst, das kraftvolle Dröhnen, wenn du die Akkorde raushaust …
»Hey!«, schrie Jason, der Sänger. »Hey!
HEY!
«
Ich hörte auf zu spielen und sah sie an. »Was ist?«
»Wir versuchen hier zu
reden
.«
»Entschuldigung … ich dreh ja schon leiser.«
Chris, auf dessen Gitarre ich spielte, warf mir einen bösen Blick zu, dann wandte er sich wieder Jason und Ronny – dem Drummer |72| – zu und alle drei laberten weiter über bevorstehende große Zeiten. Die ganze Sache kam mir ein bisschen lächerlich vor – mir zu sagen, ich soll den Verstärker runterdrehen, als wären sie meine verdammten Eltern oder so. Ich meine, wozu mieteten sie ein Lagerhaus, wenn sie nur reden wollten? Wieso bestellten sie da nicht lieber einen ruhigen Tisch in einem netten Restaurant?
Ich drehte die Lautstärke runter, dann ging ich rüber an den Verstärker, setzte mich mit gekreuzten Beinen davor und spielte weiter. Zu Hause hatte ich noch an dem Song gearbeitet, der mir in der Nacht, nachdem ich Candy traf, eingefallen war. Jetzt fing ich an ihn zu spielen. Auf der E-Gitarre klang er bedeutend besser als auf meiner alten akustischen, und als ich noch ein bisschen Hall draufgab und durch den Verzerrer ein leichtes Feedback hinkriegte, klang er
richtig
gut. Er war langsamer als die anderen Sachen, die wir so spielten, langsamer und melodischer, aber trotzdem hatte er noch genügend Biss. Während ich spielte, hörte ich den Gesang im Kopf, und zwar richtig schön kraftvoll, und ließ im Hintergrund eine Offbeatgitarre jaulen, dazu das schnörkellose Stampfen von Schlagzeug und Bass …
»Was ist das?«, fragte jemand.
Ich hörte auf zu spielen, schaute auf und sah Jason vor mir stehen. Er sah aus wie der klassische Loser – ausgebeulte Jeans, ausgebeulte Jacke, ausgebeult wirkende Haare –, aber ich wusste genau, dass ihn allein die Jacke um 300 Pfund ärmer gemacht hatte. So war das eben bei uns – wir waren Skateboard-Rebellen, und zwar die Sorte, die genug Geld hatte, um
richtig
scheiße auszusehen.
»Ist das einer von deinen?«, fragte Jason.
»Was – der Song?«
|73| »Ja – der
Song
. Wie heißt er?«
»Weiß nicht … hat keinen richtigen Titel …
Candy
vielleicht …«
»Spiel’s noch mal«, sagte er und deutete auf die Gitarre in meinen Händen. »Dreh den Verstärker ein bisschen auf. Hat sich ziemlich gut angehört. Vielleicht lässt sich daraus was machen.«
Danach verbrachten wir den Rest des Abends damit, an meinem Song zu arbeiten. Es war seltsam zu hören, wie er langsam zu etwas
wurde
. Ich hatte schon vorher viele Songs geschrieben, doch sämtliche Sachen für die
Katies
stammten von Jason und Chris. Die beiden waren immer ein bisschen eigenartig, wenn es um die Songs von jemand anderem ging, deshalb behielt ich meine lieber für mich. Ab und zu hatte ich schon mal Ideen für neue Nummern geliefert und meine Basslines schrieb ich meistens selbst, aber noch nie hatte ich mit der Band an einem Song gearbeitet, der vorher
meiner
gewesen war. Anfangs fand ich das ungemein befriedigend – es war
mein
Song, ich hatte ihn geschrieben und jetzt wurde er sozusagen real. Er wuchs, entwickelte sich und – was das Beste war – er fing an, fantastisch zu klingen. Aber als
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