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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Sie checkte den Namen des Anrufers, fluchte wieder und trat danach einen Schritt zur Seite.
    »Tut mir Leid«, sagte sie zu mir. »Es dauert nicht lange.«
    Sie hob das Telefon ans Ohr und ging noch weiter weg. Ich |118| hörte sie sagen: »Nein – ich hab dir doch gesagt   …«, dann: »Ich
weiß
, aber du hast gesagt   …« Schließlich war sie zu weit weg, ich konnte nichts mehr verstehen. Aber ich sah sie noch, und obwohl sie mit dem Rücken zu mir stand, wusste ich, dass sie nicht glücklich war. Ihr ganzer Körper war auf einmal angespannt, ihre Gestalt wirkte merkwürdig zurückgenommen. Die Art, wie sie sich bewegte – mit dem Kopf nickte und ihre Fäuste zusammenballte   –, erinnerte mich an die gekrümmten und vertrockneten Gebärden einer alten Frau.
    Es war nicht schön anzusehen.
    Ich wandte mich ab.
    Und steckte meinen Kopf in den Sand.
     
    Als sie zurückkam, sagte sie mir nicht, worum es bei dem Anruf gegangen war, und ich fragte auch nicht. Das Einzige, was sie sagte, war: »Tut mir Leid, Joe, ich muss gehen.«
    Ich nickte bloß.
    Sie lächelte und sagte: »Nächstes Mal   …«
    Wir küssten uns wieder und sie flüsterte mir Dinge ins Ohr, die mich lächeln ließen, dann gingen wir durch den Abend auf das Ende unseres Tages zu.
     
    Und das war er, der Tag im Zoo. Einer der besten – und merkwürdigsten – Tage meines Lebens. Ich durchlebe ihn immer noch, jeden Tag, in meinen Gedanken mache ich ihn lebendig – folge den Höhen und Tiefen, gehe die Wege, erlebe die Augenblicke unserer Mondscheinwelt wieder   …
     
    Es ist ein unsterblicher Tag.

|120| 7.   Kapitel
    D u vergeudest dein Leben, Joe«, sagte Dad streng. »Das weißt du, nicht wahr? Du vergeudest dein Leben. Wenn du so weitermachst   –«
    »Wenn ich wie weitermache?«
    »Du weißt genau, was ich meine – diese ganze Popmusik und alles   … du und deine Skaties   –«
    »Katies.«
    »Was ist?«
    »Es heißt
Katies
– nicht
Skaties

    »Es ist mir egal, wie es heißt. Du hast in diesem Jahr Prüfungen. Du solltest lernen.«
    »Ich lerne ja.«
    »Wann?«
    »Die ganze Zeit.«
    »Heute hast du nicht gelernt, oder? Du bist nicht mal in der Schule gewesen.«
    »Ja, aber   –«
    »Du hast deine Lehrer angelogen, du hast mein Vertrauen missbraucht   …«
    Es war halb neun Uhr abends. Ich war schon die letzte halbe |121| Stunde in seinem Arbeitszimmer. Ich hatte nicht vorgehabt, so spät aus dem Zoo zurückzukommen, aber irgendwie hatte ich die Zeit aus den Augen verloren   … und dann hatten die Züge Verspätung gehabt und ich konnte Dad nicht anrufen und ihm das sagen, denn ich durfte ja gar nicht im Zug sein. Deshalb vermutete ich sofort, als ich zurückkam und er mich in sein Arbeitszimmer rief, dass Gina ihm die Wahrheit erzählt hatte – und ich wusste auch, dass mir ein ernstes Gespräch bevorstand. Und wenn Dad ernst wird, dann aber richtig.
    »Ich weiß, die letzten paar Jahre sind hart gewesen«, sagte er, »doch das ist keine Entschuldigung dafür, dass du deine Zeit mit Dingen vergeudest, die nicht zählen.«
    »Tu ich ja nicht«, warf ich ein.
    »Ach nein? Sieht aber ganz so aus. Wie willst du die Noten schaffen, die du für später brauchst, wenn du deine Zeit damit vertust, den Popstar zu mimen?«
    »Ich mime überhaupt nichts. Es macht einfach nur Spaß. Und außerdem ist es nur ein Abend pro Woche.«
    »Und die Wochenenden.«
    »Nicht jedes Wochenende.«
    »Dazu noch Tage in London, an denen du in der Schule sein solltest.«
    »Das hab ich doch schon erklärt«, seufzte ich. »Es war nur eine Ausnahme. Es kommt nicht wieder vor.«
    »Nein, ganz sicher nicht«, sagte er kalt. »Du musst nicht   –«
    »Was?«
    »Nichts.« Ich senkte den Kopf und starrte reumütig zu Boden. Nicht dass ich erwartete, mein Vater würde darauf reinfallen, aber |122| zumindest verschaffte es mir eine Pause von seinem wütenden Blick.
    »Warum tust du das?«, fragte er.
    »Was?«
    »Warum musst du immer alles so kompliziert machen?«
    Ich hob den Kopf und sah ihn an. »Kompliziert?«
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Mann«, sagte ich, »es tut mir Leid – okay? Ich weiß, es war dumm von mir, das zu tun, und ich weiß, ich hätte es nicht tun sollen   … Aber es hat überhaupt nichts zu bedeuten, Dad – wirklich. Es bedeutet nicht, dass ich mein Leben vergeude.«
    »Es bedeutet, dass du Hausarrest hast, Joe.«
    »Du kannst doch nicht   –«
    »Ich kann und ich werde.«
    »Nein, aber hör doch mal zu  

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