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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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»Candy«, flüsterte ich. »Ich glaube, wir sollten lieber   …«
    »Schhh…«, sagte sie, drehte sich um und legte ihren Finger auf meine Lippen. Ich sah in neugierigem Schweigen zu, wie sie vom Bett glitt und dann vor mir stand. Einen Moment glaubte ich, sie würde wieder ins Bad gehen, aber dann kniete sie sich, die schläfrigen Augen zu mir gerichtet, aufs Bett und hielt meine Hände.
    »Nein«, begann ich gerade zu sagen. »Ich glaube nicht   –«
    RUMS!
    Und Candys Augen waren plötzlich hellwach. »Scheiße!«, zischte sie. »Das war die Haustür.« Ihr Gesicht war bleich vor Angst. »Hör zu   …« Schwere Schritte stampften die Treppe hinauf. »Verdammt, Joe«, hauchte sie. »Das ist Iggy. Er ist zurück   … er kommt rauf.«

|224| 13.   Kapitel
    S chnell«, keuchte Candy und sprang aus dem Bett. »Verzieh dich ins Bad.«
    »Vielleicht ist es ja gar nicht Iggy?«, sagte ich.
    »Es ist Iggy. Ich weiß, wie er klingt.«
    »Aber ich dachte, du hättest gesagt   –«
    »Jetzt mach schon«, sagte sie drängend. »Er ist jeden Moment hier.« Sie nahm mich am Arm, zog mich vom Bett und schob mich zum Bad. »Bleib da drin und sei leise«, flüsterte sie. »Und egal was passiert, komm nicht raus. Um meinetwillen.
Egal
was passiert   … okay? Jetzt geh.« Sie gab mir noch einen Schubs in Richtung Bad.
    Meine Beine fühlten sich taub an, als ich durchs Zimmer ging, wie Holzbohlen mit Schuhen dran. Ich war mir nicht im Klaren, was ich da tat. Mein Kopf war leer – zu geschockt, um irgendwas zu empfinden. Keine Angst, noch nicht. Nur eine mörderische Taubheit.
    Am Durchgang mit den Perlenschnüren blieb ich noch einmal stehen und horchte auf die näher kommenden Schritte –
bum, bum, bum
… am Ende der Treppe   …
bum, bum, bum
… den Flur entlang   …
    |225| »Joe!«, zischte Candy.
    Ich sah sie an – die Augen aufgerissen, das Gesicht erstarrt, die Zähne bloßgelegt, mit den Händen fuchtelnd, mich anflehend weiterzugehen   … Was blieb mir anderes übrig? Ich drehte mich um und trat durch die Perlen ins Bad.
    Es war ein kleiner Raum – gebrochen weiß, feucht, dunkel. Ein schwacher Schimmer der Straßenbeleuchtung drang durch die Scheibe eines gardinenlosen Fensters, das weit oben in die Wand eingelassen war. Der Schein lichtete das Dunkel gerade so weit, dass ich die Umgebung erkennen konnte. Es gab nicht viel zu sehen: gebrochene Fliesen an den Wänden, ein fleckiges Waschbecken, ein Klo, eine Badewanne, einen Wasserboiler mit rostigen Kanten.
    Ich drückte mich an die Seite und stellte mich mit dem Rücken zur Wand   … immer noch taub   … aber langsam kehrten die Gefühle zurück. Die Angst. Das schlagende Herz, die enger werdende Kehle, der kurze Atem   … außer Kontrolle   … zu schnell, zu erstickt, zu laut. Ich hörte Candy draußen herumkramen und leise vor sich hin fluchen   … Ich wusste nicht, was sie tat, aber ich nahm an, sie guckte im Zimmer herum, um sicherzugehen, dass ich keine verräterischen Zeichen zurückgelassen hatte. Ich hörte, wie sie einen Moment innehielt, dann hörte ich, wie sie hinüberlief und ins Bett sprang – und eine halbe Sekunde später hörte ich, wie die Tür aufging und Iggys Stimme durch das Zimmer dröhnte.
    »Was machst du?«
    »Nichts«, antwortete Candy mit bemerkenswert ruhiger Stimme. »Ich dachte, du wärst zu Karl gegangen?«
    Kurze Stille – das geräuschlose Geräusch, mit dem Iggys Augen |226| das Zimmer absuchten   –, dann fiel die Tür zu und ich hörte seine Schritte über den Fußboden kommen.
    »Tja   …«, sagte er. »Hast du die Nummer?«
    »Welche Nummer?«
    »Von dem Typ   … Was guckst du so? Was ist los mit dir?«
    »Nichts ist.«
    »Zugedröhnt?«
    »Nur ein bisschen   … es tat so weh.«
    »Zieh dir nicht alles rein – brauchst später noch was. Und mehr gibt’s nicht, hab’s dir gesagt.«
    »Ich weiß.«
    »Na also.«
    Ich hörte ihn wieder durchs Zimmer gehen   … dann herumwühlende Geräusche, Sachen, die auf den Boden flogen. Anscheinend stand er an Candys Frisiertisch.
    »Scheiße«, sagte er, »guck dir diese Unordnung an   … Wann räumst du endlich mal auf, Mädchen? Du hast hier echt einen Saustall. Wo ist sie, verdammt noch mal?«
    »Wer?«, fragte ihn Candy. »Was suchst du?«
    »Hab ich doch gesagt – die Handynummer von dem Typen   … von dem Typ, der das Zeug hat.«
    »Was für Zeug?«
    Er antwortete nicht, sondern suchte nur weiter in dem Krempel auf dem Frisiertisch herum.

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