Cantz schoen clever

ganz wichtig: Vergessen Sie nicht, darauf zu achten, dass Sie es sind, der auf dem Stöpsel sitzt!

A n meinem achtzehnten Geburtstag dachte ich, mit vierzig sei alles vorbei. Vierzigjährige kamen mir vor wie graue, scheintote Schnarchsäcke, die kurz vor der Zwangseinlieferung ins Altenheim standen und nur noch auf eine einzige Party eingeladen wurden: ihre eigene Beerdigung. Vor Kurzem bin ich selbst vierzig Jahre alt geworden. Seitdem weiß ich: Was ich früher glaubte, ist totaler Quatsch. Ich stehe voll im Leben. Das sagen mir zumindest mein Orthopäde, mein Rheumatologe, mein Augenarzt, mein Urologe, mein Internist, mein Kardiologe und mein Hörgeräte-Akustiker, die ich der Reihe nach alle zwei Tage aufsuche. Und den Termin beim Bestattungsunternehmer habe ich aus reiner Neugier gemacht.
    Im Ernst: Ich fühle mich überhaupt nicht alt. Im Gegensatz zu der Vorstellung, die ich als Jugendlicher hatte, nehme ich mit Anfang vierzig in vollem Umfang am großen Abenteuer namens Leben teil. Allerdings, das muss ich zugeben, normalerweise nur bis 23 Uhr 30. Dann muss ich mich hinlegen. Ich bin halt keine zwanzig mehr. Halb zwölf ist Schicht. Dann liege ich meistens noch stundenlang wach und mache mir Gedanken über den weiteren Verlauf meines Lebens. Wie lange mir noch bleibt, weiß ich natürlich nicht. Aber ich hoffe, dass ich noch gut die Hälfte vor mir habe. Bei der Bundeswehr würde man »Bergfest« sagen. Das heißt, ich zähle zu den Menschen, für die sich ein mehrjähriges Kicker -Abo aller Wahrscheinlichkeit nach noch lohnt.
    Wenn ich über mein weiteres Leben nachdenke, fühle ich mich oft wie in der Halbzeit des Viertelfinales zwischen Deutschland und Portugal bei der Europameisterschaft 2008: Der erste Abschnitt war klasse, mal sehen, was die zweite Hälfte bringt. Damals in Basel brachte die zweiteHälfte jede Menge Spannung und am Ende den verdienten Sieg für Deutschland. Ich weiß das noch so genau, weil ich live im Stadion dabei war. Portugal war in der 87. Minute noch mal auf 2 : 3 herangekommen. Es war der Wahnsinn. Addiert man zu meinem biologischen Alter die zehn Jahre dazu, die sich die letzten drei Spielminuten für mich hingezogen haben, dann bin ich eigentlich schon Anfang 50, und dafür habe ich mich prima gehalten, oder?
    Ich freue mich also auf die zweite Lebenshälfte und hoffe sehr, dass ich nicht vorzeitig vom Platz gestellt werde. Die Statistik spricht für mich: Von Jahr zu Jahr steigt die Lebenserwartung. Zumindest bei uns in Europa. Während in einigen Staaten Afrikas die durchschnittliche Lebenserwartung teilweise deutlich unter vierzig Jahren liegt, wird unsere westliche Gesellschaft immer älter. 2060 wird jeder dritte Deutsche mindestens 65 Jahre alt sein.
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    GUT ZU WISSEN
    Die Lebenserwartung in Deutschland ist in den vergangenen einhundert Jahren deutlich gestiegen. Wer 1910 geboren wurde, hatte durchschnittlich 47,4 Jahre (Männer) beziehungsweise 50,7 Jahre (Frauen) vor sich.
    Heute sind es über 30 Jahre mehr: Jungen, die 2010 geboren wurden, haben eine Lebenserwartung von 77,3 Jahren, Mädchen werden im Schnitt sogar 82,5 Jahre alt. Frauen haben also gut fünf Jahre mehr zur Verfügung. Die brauchen sie auch, schließlich verbringen sie jeden Tag deutlich mehr Zeit im Bad als wir Männer.
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    Letztendlich aber wird die Dauer unserer irdischen Existenz sehr relativ empfunden: Für die einen sind vierzig Jahre eine Ewigkeit (zum Beispiel für Häftlinge oder 18-Jährige), für die anderen sind vierzig Jahre ein Wimpernschlag (zum Beispiel für Historiker oder Menschen mit sehr, sehr langsamem Wimpernschlag). Ob eine Lebensspanne als angemessen lang oder viel zu kurz empfunden wird, hängt überdies ganz davon ab, welcher Spezies man angehört. Einigen Arten der Eintagsfliege zum Beispiel bleiben zur Begattung und Eiablage nur wenige Minuten Zeit. Dann sterben sie. Aber sie sterben fröhlich. Schließlich hatten sie ihr ganzes Leben lang wilden Sex. Andere Lebensformen hingegen werden steinalt, obwohl sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr der Arterhaltung dienen – Stichwort »Jacob Sisters«.
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    GUT ZU WISSEN
    Lebewesen und ihre Lebenserwartungen:
    Bauchhärling: 3 Tage
    Stubenfliege: 16–24 Tage
    Goldhamster: 2 bis 3 Jahre
    Huhn: 5 bis 7 Jahre
    Kuh: 20 Jahre
    Elefant: ca. 60 Jahre
    Papagei: bis 100 Jahre
    holländischer Sänger und Schauspieler: 108 Jahre
    Galapagos-Riesenschildkröte: ca. 150–180 Jahre
    Grönlandwal: bis 200 Jahre
    Scolymastra Joubini