Capitol
Irgendwann müssen sie aufhören. Zahlen Sie ihnen ihren Preis. Sie müssen doch einen Preis haben.«
Grey nickte unsicher. Herman wandte sich ab und hörte Grey über den Teppich schlurfen, als er ging. Herman schaltete den Schirm an, und ihm drehte sich der Magen um. Daß Italien wertvoll war, konnte man nur Herman Nuber zuschreiben. Nur ein Genie konnte sich dieses zweitrangigen Landes annehmen und es in eine Weltmacht verwandeln. Nur Herman Nuber, verdammt, der größte Spieler in der Geschichte der Internationalen Spiele. Sie versuchen nur, mich zu berauben, schloß Herman. Nun, sollen sie doch.
Und dann, obwohl er wußte, daß es eine Tortur für ihn sein würde, stellte er auf dem Schirm Nahaufnahmen gerade stattfindender militärischer Operationen des Italienischen Reiches ein. Es gab Grenzgefechte in Korea. Indien nahm eine feindselige Haltung ein. Die italienischen Agenten verzeichneten Fortschritte bei ihren Bemühungen, die japanische Herrschaft in Asien zu stürzen.
Alles steht bestens, sagte Herman leise. In drei Tagen habe ich dieses Spiel erst richtig in Gang gesetzt. In drei Tagen, wenn ich erst einmal Italien habe.
Grey kam den ganzen Tag nicht, und er rief auch nicht an. Am Abend war Herman ein Nervenbündel. Er war schon Zeuge gewesen, wie drei perfekte Gelegenheiten zu schnellem, entschlossenem Handeln von dem Idioten, der Italien spielte, verpaßt wurden. Natürlich passierten solche Dinge ständig, wenn Herman unter Somec stand – aber dann schlief er und brauchte nicht zuzuschauen. Und immer noch war Grey nicht da.
Der Summer. Es war nicht Grey, da er die Tür selbst aufbekam. Es mußte die Frau sein. Herman berührte leicht die Öffnungsautomatik, und die Tür ging auf. Sie war jung und lächelte strahlend. Genau was der Doktor verschrieben hatte.
Anfangs vergaß Herman das Spiel, denn sie war schön und freundlich und machte ihre Sache gut. Jedenfalls konnte er sich auf nichts anderes konzentrieren. Aber dann, obwohl sie versuchte, ihn wieder in Erregung zu versetzen, überfielen ihn all seine aufgestauten Sorgen, und er richtete sich im Bett auf.
»Was ist denn los?«
Herman schüttelte den Kopf.
»Zu müde?«
Der Grund war so gut wie jeder andere. Und er sah keinen Anlaß, einer Nutte gegenüber sein Herz auszuschütten.
»Ja, ich bin müde.«
Sie seufzte und lehnte sich in die Kissen zurück. »Wem sagen Sie das? Ich werde auch manchmal müde. Sie geben mir Spritzen, damit ich stundenlang weitermachen kann, aber ich bin doch froh über eine Atempause.«
Eine verdammte Schwätzerin. »Willst du was essen?«
»Das dürfen wir nicht.«
»Diät oder so was?«
»Nein. Aber manche versuchen, uns Drogen zu geben.«
»Ich nicht.«
»Vorschriften sind Vorschriften«, beharrte die Frau. Oder vielmehr das Mädchen.
»Du bist noch recht jung.«
»Ich verdiene mir das Geld fürs College. Ich bin älter, als ich aussehe. Aber sie können mich auch als Jugendliche vermieten. Das bringt uns mehr Geld ein.«
Geld, Geld, Geld. Man bezahlt für Sex, und man muß sich dann einen Vortrag über die wirtschaftliche Lage anhören. »Hör zu, Mädchen, warum haust du jetzt nicht ab?«
»Sie haben für die ganze Nacht bezahlt«, sagte sie überrascht.
»In Ordnung. Du warst großartig. Aber ich bin müde.«
»Sie zahlen nicht gern etwas zurück.«
»Ich will nichts zurückgezahlt haben.«
Sie sah ihn zweifelnd an, aber, als er anfing, sich anzuziehen, folgte sie seinem Beispiel. »Sie haben teure Angewohnheiten«, sagte sie.
»Wieso?«
»Sie zahlen für Liebe und nehmen sie nicht in Anspruch.«
»Nun, schon richtig«, sagte Herman gezwungen, »aber wir wollen doch keine ungenutzte Liebe herumliegen lassen, oder?«
»Jeder ist Komiker auf seine Art«, sagte sie, aber sie behielt die Gewohnheiten ihres Gewerbes bei. Ihr Lächeln, die Stimme, alles war sexy, und er überlegte sich, ob er sie wirklich loswerden wollte. Aber dann dachte er an Italien und beschloß, allein zu bleiben.
Sie gab ihm einen Abschiedskuß – geschäftsüblich – und ging. Er blieb die ganze Nacht auf und beobachtete die Entwicklung in Italien. Der Schwachsinnige hatte die Dinge nicht im Griff. Gegen drei Uhr morgens hätte er Arabien haben können. Statt dessen schloß er einen lächerlichen Friedensvertrag ab, durch den er in Ägypten Land verlor. Zu dumm! Gegen Morgen schlief Herman ein, wachte mit Kopfschmerzen auf und rief Grey an.
»Verdammt, was ist denn los?« fragte Herman.
»Bitte, Herman«, sagte
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