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Carambole: Ein Roman in zwölf Runden (German Edition)

Carambole: Ein Roman in zwölf Runden (German Edition)

Titel: Carambole: Ein Roman in zwölf Runden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Steiner
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schmalen, fast ganz überwachsenen Pfad. Wo das Dorf geblieben war, wusste ich nicht mehr. Ich sah nur diesen komischen Rauchpilz in der Ferne und dachte mir nichts dabei. Nach dem schmalen Pfad gelangte ich auf einen größeren Pfad, dann auf die Straße. Wo ich fast überfahren wurde.
    Ich konnte keinen Schritt tun, als ich das Auto sah. Die Reifen quietschten, das Auto kippte zur Seite und rauschte knapp an mir vorbei. Ich blickte ihm nach, wie gelähmt. Hatte ich es schon mal gesehen? Und winkte der Fahrer nun oder schüttelte er wütend die Faust? Heute frage ich mich, ob es diesen verpassten Zusammenprall wirklich gegeben hat oder ob ich im Wald eingeschlafen war und alles geträumt hatte.
    Ich kam schließlich von einer ganz anderen Seite als sonst in das Dorf. Hier gab es nur große Einfamilienhäuser mit riesigen Gärten und Swimmingpool. Kein Mensch weit und breit, kein Geräusch, nur ein Bellen in der Ferne. Ich wandelte still zwischen Hecken und Mauern. Bis ich das Schilf sah.
    Wie ein Hund an der Leine, der das Reißen seines Herrchens an der Kehle spürt, blieb ich stehen. Ein ganzer Wald von dem Schilf türmte sich hinter einem Buchsbaumgestrüpp. Ich schaute hinter mich. Sah keine Menschenseele. Ich drehte mich zurück. Im Gestrüpp vor mir klaffte ein Loch. Langsam ging ich darauf zu.
    Der Teich beim Schilf war viel größer, als ich gedacht hatte. Ich drang langsam bis zum Ufer vor, ein paar größere Steine halfen mir. Ich zog meinen Kescher aus und ließ ihn über der Wasseroberfläche schweben. Dieser magische Moment, wie so oft. Ich horchte auf das dünne Plitschen, das Tiere in und auf dem Wasser verursachen. Mein Kescher flog lautlos durch die Luft. Er nickte und wedelte, wie ein Drache am Strand.
    Hat es mit meinem Komischsein zu tun, dass es so kam, wie es kam? Fred und Igor hätten den Schilfwald ohne Zögern links liegen gelassen. Wie auch immer: Ich selber bin schuld, dass es so kam, niemand anders.
    Im Wasser bewegte sich etwas, ich hielt den Atem an. Kurz tauchte das Tier an der Oberfläche auf, schwarz und geriffelt, und flitzte gleich wieder weg. Es erinnerte mich an eine Amphibie, die ich in einem Buch gesehen hatte. Konnte das wahr sein? Ich musste näher heran. Schnell zog ich mich bis auf die Unterhose aus. Obwohl ich wusste, dass es schwierig werden würde, aus dem schlammigen Boden wieder herauszukommen, stieg ich ins Wasser. Denn ich war mir plötzlich sicher, dass das, was sich da im Wasser bewegte, ein Kammmolch war.
    Schon beim ersten Schritt breitete sich im Wasser eine rostbraune Wolke aus und mein Fuß sank in pelzigen Grund. Der Molch war verschwunden, der Fuß sank weiter. Ich ließ den Kescher fallen und zog gleichzeitig den anderen Fuß nach, der ebenfalls im Schlamm versank. Als ich mich zum Ufer umdrehte, strauchelte ich und wollte mich am Schilf festhalten, aber ich wusste, dass die Blätter mir die Hände aufreißen würden, also langte ich ins Wasser und fand den Kescher wieder, doch nichts, woran ich mich festhalten konnte. Meine Füße sanken weiter ab. Als ich die Stimme hörte, war das Wasser schon auf Bauchhöhe angelangt.
    »He! Wer ist das? Was machen Sie hier?«
    Ein Mann kam zwischen Bäumen und Rosensträuchern näher. Der Boden unter mir ließ weiter nach, das Wasser stand mir am Brustkorb.
    »Rotzbengel! Was hast du hier zu suchen!«
    Der Mann kam durch das Schilf heran. Ich brachte nichts heraus. Patschte nur blödsinnig mit den Händen auf dem Wasser herum.
    »Was randalierst du in meinem Teich, du Satansbraten!«
    Er begann, mich aus dem Schlamm zu ziehen. Ich wollte mein Gesicht unter dem Arm verstecken, aber der Mann schlenzte ihn weg.
    »Dich kenne ich doch! Was machst du hier? Ruinierst meinen schönen Teich. Und das in der Unterhose! Wer ist dein Lehrer?«
    Sein Atem roch nach Zwiebeln. Ich schniefte wie ein Erstklässler.
    »Das wird Folgen haben. Wie heißt du, Lotterkind?«
    Ich sagte nichts. Er drehte sich um und rief nach jemandem, wahrscheinlich seiner Frau.
    »Luise!«
    In diesem Moment lockerte sich der Griff seiner Hand. Ich riss mich los.
    »He! Bleib gefälligst hier!«
    Ich fand das Loch im Buchsbaumgestrüpp. Kurz bücken, und dann schleunigst.
    »Saubub! Luiiise!«
    Ich rannte auf dem schmalen Weg. Links und rechts Mauern und dichte Hecken. Ich sah einen Bach, sprang hinunter, landete im seichten Wasser und rannte auf den glitschigen Steinen weiter. Auf einmal klaffte dieses schwarze Loch vor mir. Ich kroch hinein, hinter mir die

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