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Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
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Unterholz.
    „Du weißt“, erscholl Lurians melodische Stimme hinter mir, „ich könnte dich ohne Anstrengung an jeden Ort bringen, den du wünschst.“
    Ich fuhr zu ihm herum. „Erstens“, zischte ich, „gibt es nichts, das ich mir von dir wünsche. Und zweitens.“ Ich taxierte ihn über eine Entfernung von drei Schritt und versuchte mich nicht von dem leicht belustigten Ausdruck in seinen Augen oder dem Blinken und Glitzern des Mondlichtes auf seinen Flügeln ablenken zu lassen. „Zweitens“, wiederholte ich so unfreundlich ich konnte, „wirst du mich nicht einmal mit deinem kleinen Finger berühren. Ist das klar?“
    Lurian schaute mich einen Moment überrascht an, bis ihm bewusst wurde, dass ich tatsächlich eine Art Versprechen von ihm erwartete. Ich stand ein wenig verdreht ihm Schnee, deshalb schlief mir der rechte Fuß ein, bevor der Engel sich bequemte zu nicken.
    „Gut.“ Noch immer missmutig, aber ein wenig erleichtert, stapfte ich weiter. Es erschreckte mich, dass ich ihm dieses Versprechen hatte abringen müssen, doch egal wie sehr ich versuchte den Gedanken zurückzudrängen, wusste ich doch, dass ich vielleicht nicht die Kraft besaß, Lurian zurückzuweisen, wenn er mich berührte.
    Als ich an eine Gruppe Tannen kam, hielt ich an, drehte mich zu Lurian um und kreuzte die Arme vor der Brust. Hier zwischen ihren mächtigen Zweigen fühlte ich mich sicher. Ich sah Lurian herausfordernd an. „Also dann, was hast du mir zu sagen?“
    Doch der Engel beachtete mich überhaupt nicht. Seine Aufmerksamkeit galt gänzlich dem Himmel, genauer gesagt, dem Mond. In Lurians Gesicht stand eine Mischung aus Sehnsucht und Schmerz geschrieben, die gegen meinen Willen durch all meine Verteidigungen schnitt. Ich sah mich selbst, wie ich am Fenster meines Zimmers stand und in die Nacht starrte. Wartend, hoffend auf etwas, das ich nicht benennen wollte, von dem ich jedoch wusste, dass es da war, weil es an meinem Herzen zerrte und riss wie ein verzweifelter Ruf.
    Lurian senkte den Kopf, dann sah er mich an. „Weißt du, Cara“, sagte er leise. „Im Licht des Mondes zu wandeln ist eine ganz besondere Art der Qual für mich.“
    Zweifelnd betrachtete ich ihn. „Ich dachte, die Dämonen haben dir besondere Kräfte bei Nacht gewährt. Wie kannst du da Schmerzen haben?“
    Der Engel lächelte und schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht sicher, ob ich es in Worte fassen kann.“
    Ich blinzelte. „Aha. Dann lass es.“
    Lurian fuhr zu mir herum. Aus seinem Blick war alle Milde gewichen. Zu spät erinnerte ich mich an die gnadenlose Brutalität, mit der er seine Brüder in der brennenden Stadt zerrissen hatte.
    Wie ein Tier auf der Jagd näherte er sich mir, tauchte zwischen den tiefhängenden Zweigen der Tanne durch und kam kurz vor mir zum Stehen. Sein Atem erzeugte kleine Wölkchen in der Luft. „Ich habe deinen Hohn nicht verdient, Cara.“
    Beschämt sah ich zur Seite. „Du hast Recht“, gab ich kleinlaut zu. „Es tut mir leid.“
    Lurian nickte. „Das Mondlicht ist in Wahrheit das wiedergespiegelte Licht der Sonne. Ich spüre es, in jeder Nacht.“
    Ich lachte laut auf. „Das ist doch Unsinn.“
    Doch Lurian sah mich so ernst an, dass ich beinahe bereit war, ihm zu glauben. Einzig, weil er so überzeugt war. Er betrachtete mein Gesicht mit einer Intensität, die mich verunsicherte. Ich versuchte seine Absichten in seinen Augen zu lesen, doch nichts als Sehnsucht und Trauer lagen darin. Vermutlich war das der Grund, aus dem ich nichts unternahm, als er eine Hand hob und sie nach mir ausstreckte. Seine Finger schwebten Millimeter vor meinem Gesicht.
    „Es ist, als würden die köstlichsten Speisen vor einem ausgebreitet, doch wenn man von ihnen kosten will, lösen sie sich in Luft auf.“
    Ich spürte seinen Atem auf meiner Haut und wich zurück, nur um mit dem Rücken gegen den Stamm einer Tanne zu stoßen.
    „Es ist“, fuhr Lurian erbarmungslos fort, „als würde mir der schönste aller Anblicke beschrieben, doch ich darf meine Augen nicht öffnen. Es ist …“ Er seufzte und senkte den Kopf.
    Ich presste mich gegen den Stamm und breitete meine Hände über die raue Rinde aus, nur um mich von dem betörenden Duft abzulenken, den der Engel verströmte. Es war mir vorher nie aufgefallen, doch er roch wie wilder Honig.
    „Cara, ich –“
    Ohne Vorwarnung stieß ich ihm mit aller Kraft meine Hände vor die Brust. Der Engel wurde zurückgeschleudert, flog quer durch die Bäume, bis er mit einem

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