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Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
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krachenden Geräusch gegen den Stamm einer uralten Eiche prallte und darunter zum Liegen kam. Die Schneelast des Baumes ergoss sich auf den Engel und begrub ihn unter sich.
    Verblüfft starrte ich auf meine Hände und dann auf das Schwert an meiner Seite. Mir war, als würde Sowanje mir zuzwinkern. Kleine Schneelawinen fielen von den Tannenzweigen und purzelten auf den Boden. Gebückt tauchte ich unter ihnen hindurch.
    Es war schon beachtlich, wie sehr Lurian sich die ganze Zeit beherrscht hatte, doch im letzten Moment hatte er sich verraten. Er hatte es nicht verhindern können, auf das gläserne Schwert an meiner Seite zu schielen, gierig darauf zu schielen. Und das, obwohl er es die ganze Zeit nicht im Geringsten beachtet hatte, was für mich wiederum irritierend gewesen war.
    Der Schneeberg zu Füßen der Eiche regte sich, dann explodierte er. Lurian stand mit wildem Blick und weit gespreizten Flügeln da. Er sah beeindruckend aus in seinem Zorn.
    „Spar dir die Lügen“, rief ich, noch ehe er den Mund öffnen konnte. „Ich gebe dir eine Chance, nur diese eine Chance, auf ebenbürtigem Grund mit mir zu sprechen. Lüg mich an, versuch mich zu täuschen und die Möglichkeit ist vertan. Ich werde dich hier und jetzt als meinen Feind betrachten, wenn du mir nur noch einen einzigen Grund gibst. Das schwöre ich bei dem Leben meiner Mutter.“
    Einen ausgedehnten Moment regte Lurian sich überhaupt nicht, doch dann warf er seine Masken ab. Endlich schien die Grausamkeit, die mich an den anderen Lichtträgern stets so abgestoßen hatte, auch bei ihm durch. Und erst jetzt begriff ich die Tragweite von Lurians Fähigkeit, sich zu verstellen. Der sanfte, bernsteinfarbene Glanz seiner Augen wurde hart, seine beruhigende Aura verwandelte sich in eine sirrende Bedrohung, die körperlich spürbar war, und auch seine Haltung veränderte sich.
    Es war mir vorher nicht aufgefallen, dass der Engel leicht gebückt gegangen war. Zu seiner vollen Größe aufgerichtet war er ehrfurchtgebietend, überragte selbst Arun um mehr als eine Haupteslänge. Die Spitzen seiner Flügel blitzen tödlich wie Stahlschwerter.
    „Nun gut“, sagte er mit klirrender kratzender Stimme und schritt auf mich zu. „Doch vergib mir, wenn ich einen Moment brauche, um mich daran zu gewöhnen.“ Er reckte die Flügel, als sei er aus einem langen Schlaf erwacht. „Es ist seltsam ungewohnt und … angenehm, sich nicht verstellen zu müssen.“
    Ich starrte ihm entgegen, als hätte er sich vor meinen Augen von einem Lamm in einen Wolf verwandelt. Die Bewegungen seiner Schwingen kreischten in meinen Ohren.
    „Niemand zwingt dich dazu“, bemerkte ich abwesend.
    Lurian lächelte freudlos. „Du lebst noch nicht lange genug, um zu wissen, dass niemand dich so will, wie du bist.“
    Ich legte eine Hand auf das Schwert, was mich endgültig aus meiner Starre befreite. „Lass das überlegene Gerede von langem Leben“, rief ich aufgebracht. „Und sag mir endlich, was du willst.“
    Lurian spreizte die Flügel und nahm eine Kampfposition ein. „Ich bin hier“, sagte er feierlich, „um dich zu testen. Denn wenn du nicht stark genug bist, das Schwert zu tragen, werde ich es dir abnehmen. Ich werde es dir entreißen und selbst damit gegen Marmon kämpfen.“
    Ich blinzelte ihn vollkommen überrascht an. Der Engel stürzte sich auf mich.
    Im letzten Moment warf ich mich zur Seite und entging nur um Haaresbreite den messerscharfen Schwingen. Mit einer Rolle kam ich wieder auf die Beine und zog das Schwert in der gleichen Bewegung, doch Lurian gab mir keine Zeit mich vorzubereiten.
    Mit einem Zornesschrei sprang er vor und wirbelte herum. Ich konnte nichts anderes tun als seine Flügel abzuwehren und zurückzuweichen. Aruns Lektionen waren wie weggeblasen. Mir war klar, dass ich das Schwert zu fest gepackt hielt, doch ich konnte nicht anders.
    Glas scharrte über Glas, als Flügel und Schwert aufeinandertrafen. Beinahe erwartete ich Funken sprühen zu sehen, doch was ich nicht erwartet hatte, war, dass mir der Kontakt die Waffe aus der Hand schleuderte. Wie benommen starrte ich dem eleganten Flug der Klinge hinterher. Sie segelte durch die Luft, kam mit einem dumpfen Schlag auf und versank im Schnee.
    Reflexartig riss ich die Hände hoch. Sofort breitete sich ein silberner Schild zwischen mir und dem Engel aus. Vor Erleichterung fiel ich auf die Knie.
    Lurian hingegen reagierte ähnlich wie der Schrecken. Sein Zorn flammte ob meiner ungewöhnlichen

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