Caras Gabe
nur dass ich nun gegen gesichtslose Hassgestalten focht. Es gab keinen Grund, sich zurückzuhalten oder zu zögern. Im Gegenteil.
Neben mir wütete das Biest. Mit seinen mächtigen Kiefern hielt es einen Lichtträger gepackt. Es grub die Vorderläufe in den Boden, seine Nackenmuskeln spannten und wölbten sich. Ich zog gerade rechtzeitig den Kopf ein, als das Biest den Lichtträger von sich schleuderte.
Der glänzende Körper flog mit einem pfeifenden Geräusch über mich hinweg, schlug gegen den Felsen neben mir und zerbarst. Ich duckte mich, doch der Schauer aus Glassplittern erfasste mich. Mein Rücken und die Beine wurden von beißenden Stichen überzogen, als die Scherben durch meine Kleidung und in die Haut drangen. Ich verschwendete keine Zeit auf die möglichen Verletzungen.
Mit einem kreischenden Geräusch fuhr ein gläserner Flügel auf mich hinab. Ich warf mich zur Seite, rollte über den harten Boden ab und kam in einer fließenden Bewegung wieder auf die Beine. Der bluthaarige Lichtträger setzte mir lachend nach. In seinem verbliebenen Auge leuchtete pure Abscheu.
Doch das war nichts, womit ich nicht umgehen konnte. Ich erwiderte sein Lächeln und endlich erinnerte ich mich an seinen Namen. Er war es gewesen, der Arun gefoltert hatte.
„Carmej“, rief ich begeistert aus, als habe ich einen lang vermissten Freund wiedergefunden.
Irritiert hielt der Lichtträger inne.
„Dies wird die Nacht meiner Rache“, erklärte ich freudestrahlend, „und mit dir werde ich sie beginnen.“
Ich lachte, doch dieses Lachen schlug schneller in einen Wutschrei um, als Carmej blinzeln konnte. Ich griff an. Meine Kraft wuchs mit jedem Schlag, den ich nach ihm führte. Ich treib ihn vor mir her, meine Hiebe prasselten wie Blitzschläge auf seine Flügel ein, doch es war nicht genug. Ich wollte, dass sie brachen, in tausend Stücke splitterten, und dann wollte ich ihn damit aufspießen, bis die Spiegel aus seinen Augen verschwanden und nichts als geschundenes Rot zurückblieb. Carmej sollte um Gnade winseln und dann würde ich ihm die Kehle durchschneiden.
Doch ich hatte nicht mit seiner entschiedenen und kühlen Gegenwehr gerechnet. Er kämpfte so mechanisch, dass es mich rasend machte. Mein nächster Schlag raubte mir die Balance. Ich stolperte, schaffte es im letzten Moment, mich herumzuwerfen, und landete auf dem Rücken.
Carmej war sofort über mir. Sein Fuß blockierte meine linke Hand, eine seiner Schwingen presste meine Schwerthand zu Boden, die anderen hob er, zum Schlag bereit.
Wie in Zeitlupe sah ich den Flügel auf mich niederkrachen und erkannte mit Schrecken, dass es nichts gab, was ich tun konnte.
Ein rötlicher Schemen sauste über mich hinweg, prallte gegen den Lichtträger und pinnte ihn an die gegenüberliegende Wand. Ein Flügel durchstieß die Schulter des Biestes. Es brüllte vor Wut und Schmerz und riss Carmej die Kehle auf.
Mit klopfendem Herzen taumelte ich auf die Beine und riss den Schild hoch. „Arun!“
Das Biest ließ von seinem Opfer ab, schüttelte sich. Öliges, schwarzes Blut tropfte von seinem Rücken und es hinkte, doch als ich zu ihm eilen wollte, stieß es ein tiefes Grollen aus. Seine Augen richteten sich auf das Seeufer.
Ich wandte den Kopf. Mehr und mehr Lichtträger landeten dort. Mittlerweile so viele, dass sie sich selbst den Weg versperrten, und für einen Augenblick war alles, was ich sah, gläserne Flügeln, in denen die Flammen zuckten, und kalte, silberne Augenpaare, die mich hasserfüllt anstarrten. Sie schienen auf mich zu warten.
Das Schwert in meiner Hand glühte. Dies ist deine Bestimmung, flüsterte Sowanje, ich führe dich ihr entgegen. Kämpfe!
Es gab nichts zu überlegen und von einem Herzschlag auf den anderen vergaß ich alles um mich herum. Ohne einen weiteren Blick auf Arun senkte ich den Schild, packte das Schwert und stürmte in die Mitte der Lichtträger.
Glas splitterte zu allen Seiten. Ich schlug und hackte nach ihren Flügeln, als seien sie nichts als lästige Fliegen im Wind. Das Schwert in meinen Händen sang. Mein Zorn erfüllte mich voll und ganz, brauste durch mich hindurch und umgab mich mit einem undurchdringlichen Schutzwall.
Über mir wütete Lurian unter seinen Brüdern, ebenso grausam und rücksichtslos wie ich. Er zerriss und zerfetzte Gliedmaßen wie Schmetterlingsflügel. Es gab kein Gewissen in diesem Moment, keine Zweifel und keine Fragen. Es gab bloß schimmernde Körper aus Glas und Fleisch, die zerschlagen werden
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